Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)
herausfinden, was es mit dir und diesem hässlichen Wildschwein auf sich hat. Das schwöre ich dir!«
Einen Moment später ging er mit schlurfenden Schritten davon.
Kim fiel auf, dass sie die ganze Zeit den Atem angehalten hatte.
Hässliches Wildschwein? Man konnte viel über Lunke sagen, aber nicht, dass er hässlich war, trotz der Narben und des kaputten Eckzahns.
10
»Ich bin zu einem Entschluss gekommen!«, verkündete Che. »Wir sollten es doch wagen.« Er hatte sich vor der offenen Tür aufgebaut, durch die das helle Licht der Morgensonne fiel. »Den Ausbruch – die Revolution – den Sprung in die Freiheit. Wir verlassen unser Gefängnis! Die Sklaverei durch den Menschen ist beendet!«
Kim rollte herum. Offenbar hatte sie den Beginn der flammenden Rede verschlafen. Die anderen hatten sich vor Che aufgereiht und blickten ihn ehrfurchtsvoll an. Selbst Doktor Pik machte bei dem Spiel mit. Auf Kims Anwesenheit hatte Che jedoch augenscheinlich keinen Wert gelegt. Er hielt den Kopf vorgereckt und bedachte sie mit einem strengen Blick, dann wandte er sich gleich wieder den anderen mit wichtiger Miene zu.
»Wir brechen aus und machen den wilden Schwarzen ein Angebot. Wir sagen ihnen, dass wir bereit sind, sie zu führen – gegen die Menschen, für die Freiheit aller Schweine, egal ob weiß oder schwarz. Damit schlagen wir heute ein neues Kapitel auf. Das Kapitel der Freiheit.« Er betonte jedes einzelne Wort, so dass seine kurze Rede ziemlich abgehackt und unverständlich klang.
»Habt ihr nachgeguckt, ob der Polizist gestern den Zaun repariert hat?«, rief Kim, während sie sich mühsam aufrichtete. Sie fühlte sich immer noch erschöpft, als hätte sie längst nicht genug Schlaf bekommen.
»Was?«, fragte Che mit schriller Stimme. »Was soll das heißen – den Zaun repariert? Die ganze Nacht habe ich über unseren Ausbruch und unsere Vereinigung mit den Schwarzen nachgedacht!«
Kim versuchte sich an einem Lächeln. »Der eine Polizist hat gestern dem anderen den Auftrag gegeben, nach dem Zaun zu sehen.«
Cecile quiekte entsetzt auf. »Heißt das, dass wir nun keine Revolution machen können?«
Brunst schritt an Che vorbei und grummelte: »Die Revolution muss sowieso warten. – Ich habe Hunger.«
Doktor Pik schaute Kim an. »Geht es dir besser?«, erkundigte er sich sanft, an der Revolution, die Che ausgerufen hatte, denkbar uninteressiert.
Sie nickte.
»Was ist heute Nacht geschehen?«, fragte er weiter. Anscheinend hatte er im Gegensatz zu den drei anderen doch etwas mitbekommen.
Kim erzählte rasch von Dörthe und dem Einbrecher, während sie auf die Wiese liefen. Che folgte ihnen mit mürrischer Miene, ohne jedoch ein Wort zu sagen. Schon von weitem konnte man sehen, dass jemand den Zaun wieder aufgerichtet hatte, notdürftig zwar, aber der Durchschlupf war verschwunden. Stumm verteilten sie sich auf der Wiese. Solange niemand kam und ihnen Brot, Kartoffelschalen oder was auch immer brachte, mussten sie sich mit den wenigen Grashalmen begnügen, die hier noch wuchsen. Sehnsüchtig schaute Kim zu dem Gemüsegarten hinüber. Nun bedauerte sie, sich nicht den Bauch vollgeschlagen zu haben, als sie Gelegenheit dazu gehabt hatte. Überhaupt spürte sie eine große Niedergeschlagenheit. Wahrscheinlich hatte sie in den letzten Tagen viel zu viel nachgedacht. Nachdenken machte doch nicht so viel Spaß, wie sie immer geglaubt hatte, besonders dann nicht, wenn man hungrig und durstig über eine karge Wiese trabte.
Endlich, als die Sonne schon hoch am Himmel stand, kam Dörthe. Sie sah angestrengt aus, aber immerhin füllte sie die Blechwannen mit Wasser auf und warf ihnen Salat und Brot hin, auf das sich alle sogleich stürzten. Wie immer sicherte Brunst sich die besten und größten Bissen.
Später sah Kim, wie Dörthe durch das Haus lief und unentwegt in den kleinen silbernen Apparat sprach. Ihre Stimmung wurde immer düsterer. Wieso hatte Dörthe sie gar nicht beachtet? Lunke und sie hatten sie doch gestern Nacht aus höchster Gefahr gerettet!
Überhaupt Lunke! Würde er am Abend wiederkommen?
Kim spürte einen leichten Stich, als sie an den wilden Schwarzen dachte.
Und dann stand er plötzlich am Zaun, am helllichten Tag.
»He, Babe!«, brüllte er. »Wie wäre es mit einem kleinen Ausflug?«
Kim spürte, wie ihr Herz einen Moment aussetzte. Was fiel ihm ein, so zu schreien? Die anderen schauten sich erst nach ihm, dann nach ihr um. Che blickte noch grimmiger, und Cecile quiekte
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