Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sauberer Abgang

Sauberer Abgang

Titel: Sauberer Abgang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
Vom Netzwerk:
dann die Toiletten, oder …«
    »Lieben Sie nicht auch die Abwechslung in Ihrem Beruf, lieber Herr Deitmer?« Sie versuchte, ihn anzulächeln. Aber sie wußte, wie dünn das Eis war, auf dem sie sich bewegte. Natürlich kamen die Toiletten auch bei ihr immer als letztes dran. Schon aus Hygienegründen. Aber sollte sie ihm das vielleicht sagen?
    Deitmer nickte, als ob er verstünde. Gieseking kritzelte irgend etwas in sein Notizheft.
    »Sind Sie sicher, daß Sie das Zimmer von Herrn Czernowitz nicht betreten haben, bevor Herr Bastian und Ihre Kollegin den Toten gefunden haben?« fragte er.
    »Ganz sicher«, sagte sie und spürte ihr Herz klopfen. Will, dachte sie. Verdammt.
    »Und Sie haben wirklich nicht im ›Gattopardo‹ geputzt?«
    »Wirklich nicht.« Aber der Name kam ihr plötzlich bekannt vor. Die Maurer mußte ihn erwähnt haben.
    Deitmer seufzte und erhob sich, was Wotan veranlaßte, noch vernehmlicher zu knurren.
    »Warum sollten Sie uns auch verschweigen, wenn Sie wieder eine Leiche gefunden hätten, Frau Sonnenschein? Oder haben Sie etwa angenommen, wir würden Sie für einen Todesengel halten, nur weil es in Ihrem Leben ja schon öfter Tote gegeben hat? Männliche Tote?« Er schüttelte den Kopf, als hätte er ihr etwas zu verzeihen. Dann streckte er ihr die Hand hin, die sie zögernd ergriff, und ging mit der Bemerkung »Ich finde schon allein raus« über den Flur zur Wohnungstür. Gieseking lächelte und nickte und folgte.
    Dalia horchte dem Klicken des Schlosses nach. Wotan hatte sich mit gesträubtem Nackenhaar aufgerichtet und dann wieder sinken lassen.
    Seltsamerweise fragte sie sich, ob der Hund auf Will Bastian anders reagieren würde.
    Bestimmt. Aber nicht, wenn er sie verraten hätte.

6
    Sein Vater ging ihm aus dem Weg. Will war das recht, so hatte er beim Frühstück die Zeitung für sich allein. Als er das Gefühl hatte, sie auswendig zu kennen, stand er auf, räumte das Geschirr in die Spülmaschine und wischte die Krümel vom Tisch. Er hatte keine Lust auf seinen Schreibtisch – und keine Lust auf die fruchtlosen Telefonate mit Redakteuren, die ihn in endlose Gespräche über zusammengeschmolzene Budgets verwickelten, um ihm nicht sagen zu müssen, daß sie für ihn keine Arbeit hatten. Und er hatte Angst vor den Fragen der Polizei, die kommen würde. Unter Garantie.
    Außerdem ging ihm Dalia nicht aus dem Kopf. Vielleicht putzte sie heute abend wieder bei den Staatsanwälten? Vielleicht sollte er die Firma anrufen, bei der sie arbeitete, und nach ihrer Adresse fragen? Der Name der Firma erinnerte ihn seltsamerweise an seinen Griechischlehrer, aber er fiel ihm nicht ein.
    Im Flur stand Karl, in einem graugewaschenen T-Shirt und der alten blauen Trainingshose, in denen er Hausarbeit erledigte, ratlos über den Staubsauger gebeugt. »Er zieht nicht richtig«, sagte er anstelle einer Begrüßung. Der Alte sah nicht auf. Will wäre am liebsten an ihm vorbeigegangen, um die Tür zu seinem Zimmer geräuschvoll hinter sich zuzuwerfen – aber eine deutlichere Versöhnungsgeste konnte er von seinem Vater nicht erwarten, der es früher ums Verrecken nicht über sich gebracht hätte, ausgerechnet seinen Sohn, den Versager, um Hilfe zu bitten.
    Will beugte sich neben ihm über das würdige Modell, das schon seine Mutter durch die Wohnung geschoben hatte, und fuhr sich fast im gleichen Moment mit den Fingern durchs Haar, in dem sich Karl die weißen Haare hinters Ohr strich. Die Geste tat weh.
    »Hast du mal den Staubsaugerbeutel gewechselt?«
    Endlich blickte Karl auf. Sein gepeinigter Blick sagte alles.
    Will hockte sich neben Vater und Staubsauger und forschte nach dem Zugang zu dessen Eingeweiden. Als die Klappe hochschnappte, stöhnte er auf, obwohl der Anblick eigentlich zum Lachen war. Der ganze Innenraum des alten Teils war vollgestaubt, der prall gefüllte Beutel darunter kaum noch zu erkennen.
    »Wie lange saugst du damit schon die Wohnung?«
    Sein Vater hatte den Anstand, verlegen zu gucken.
    Seit Margas Tod, wahrscheinlich. Dafür hatte sich das alte Teil erstaunlich gut gehalten. An der Hygiene der Wohnung durfte man allerdings ab sofort seine Zweifel haben. Erstaunlich, daß es hier nicht schlimmer aussah.
    »Hast du irgendwo Ersatzbeutel?«
    Will wußte, daß die Frage müßig war, kaum hatte er sie gestellt. Er hob den Beutel vorsichtig aus seiner Verankerung, trug ihn hinüber in die Küche und leerte den Inhalt in den Mülleimer. Die Vorstellung, daß dieser Staub noch von Margas

Weitere Kostenlose Bücher