Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
unbedingt dasselbe wie ein Karoanzug – aber für meine Zwecke wird es genügen.
Auf meiner To-do-Liste warten immer noch jede Menge gesundheitsförderlicher Dinge darauf, von mir abgehakt zu werden. Bisher bin ich noch nicht einem Chor beigetreten (wodurch sich offenbar das Risiko einer Herzerkrankung verringern lässt). Ich habe weder japanischen Daikon-Rettich noch Geranienextrakt probiert, obwohl insbesondere Letzterer entzündungshemmend, virenhemmend, keimhemmend und alles-Mögliche-andere-Schlimme-hemmend sein soll. Ich bin noch nicht wieder im Schlaflabor gewesen.
Und dann sind da die ganzen Körperpartien, zu denen ich noch gar nicht gekommen bin. Was ist mit der Milz? Mit der Leber? Mit der Speiseröhre? Auch sie haben eigentlich das Recht auf vier Wochen volle Aufmerksamkeit.
Doch zum Wohle meines Geisteszustands muss ich dem Vollzeit-Nonstop-Gesundleben jetzt ein Ende setzen. Ich hab’s meinen Söhnen versprochen. Zwei Jahre lang haben sie geduldig darauf gewartet, auf Kindergeburtstagen wieder Cupcakes mit mir essen zu können.
Und bin ich denn jetzt der gesündeste Mensch auf Erden? – Mit Sicherheit bin ich eine ganze Ecke gesünder als vor zwei Jahren. Die Abschlussuntersuchung des EHE -Diagnosezentrums ergab, dass ich weitere 200 Gramm abgenommen habe und nun 71 Kilo wiege (Gewichtsverlust insgesamt: gut sieben Kilo). Meine Gürtelgröße ist um zwei Nummern geschrumpft. Dr. Harry Fisch teilte mir mit, meine Lipidprofilwerte seien »so gut, wenn Sie das hören, kriegen Sie vor Freude einen Herzinfarkt« ( HDL : 48, LDL : 62). Mein Körperfettanteil ist um über 50 Prozent gesunken. Ich schaffe die Meile in sieben Minuten, wo ich früher gar nicht erst losgelaufen wäre. Meine Brustmuskulatur ist wohldefiniert.
Und hoffentlich habe ich trotz meiner hartnäckigen Weigerung, nach Okinawa oder Sardinien zu ziehen, meine Lebenserwartung ganz gewaltig steigern können. In ein paar Jahrzehnten sage ich Ihnen dann Bescheid, ob das geklappt hat.
Aber der gesündeste Mensch auf Erden? Wer weiß. Wahrscheinlich eher nicht. Und zwar unter anderem auch deshalb, weil ich so sehr mit Gesundkost und Fitnesstraining beschäftigt war, dass mein Leben an anderer Stelle aus dem Gleichgewicht geraten ist. Ich habe Filmabende mit Julie sausen lassen und Kindergartenaufführungen meiner Söhne verpasst.
Und Dr. Bratman würde bei mir wahrscheinlich Anzeichen von Orthorexie diagnostizieren. In letzter Zeit esse ich mit Ausnahme der bittersten – Pampelmusen – so gut wie keine Früchte mehr, weil sie meines Erachtens allesamt einen zu hohen glykämischen Index aufweisen.
Auf alle Fälle war’s das jetzt. Die Volle-Pulle-Gesundnummer ist vorbei. Stattdessen werde ich mich dem Thema Gesundheit auf etwas gesündere Weise nähern.
Vieles von dem, was ich gelernt habe, werde ich in mein Alltagsleben übernehmen.
Ich werde intensiver kauen, mehr laufen, mehr summen und mehr Hunde streicheln. Ich werde auch in Zukunft meinen Lärmschutzkopfhörer tragen. Ich werde zur Beruhigung weiterhin an meinem Mandelöl schnuppern. Ich werde meine E-Mails am Laufbandschreibtisch schreiben und Besorgungsläufe machen. Ich werde schreckliche Situationen nach Kräften umdeuten und meine Sorgen extern vergeben.
Ich werde meine Zähne flossen und mit dem Bauch atmen. Ich werde auch weiterhin Mangold und Quinoa essen. Ich werde Eiswasser trinken, meditieren und immer, immer wieder aufs Neue für alle und alles in meinem Leben dankbar sein.
Ich werde versuchen, verheiratet zu bleiben und nicht allzu selten erotisch aktiv zu werden. Ich werde auch in Zukunft nach der HIIT -Methode trainieren und im Minutentakt wechseln zwischen Sprinten und Gehen. Und vor dem Schlafengehen werde ich das blaue Licht von Fernsehern und Bildschirmen so weit wie möglich meiden.
Alles in allem werde ich den Rat des Fitnessexperten Oscar Wilde beherzigen: Alles in Maßen, einschließlich der Mäßigung. Ich werde mir auch gelegentlich kleine Maßlosigkeiten erlauben. Festefeiern kann schließlich durchaus gesund sein, und der eine oder andere Triathlon auch.
Und ich werde versuchen, mehr Tage wie den 19. Juni zu erleben: An diesem letzten Tag von Project Health schleifen Julie und ich unsere Söhne zu Fuß quer durch Brooklyn zu einem Baseballspiel der Minor League »unserer« Mannschaft, den Brooklyn Cyclones. Als wir vor Ort eintreffen, verzeichnet mein Pedometer 8304 Schritte, die meisten davon sind dem Fußmarsch zum Stadion zu verdanken. Ich bin
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