Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
auf den Sondermüll!). Mit Dummheit oder finsteren Verschwörungen hat das nicht unbedingt zu tun. Eher damit, dass das Thema so verdammt kompliziert ist.
Und es geht mir schlechter, weil ich mich offenbar damit abfinden muss, dass es zumindest momentan keinerlei Gewissheiten gibt.
Die Schlacht um die Vorherrschaft auf dem Teller
Trotzdem kann ich jetzt nicht einfach das Handtuch werfen. Ich hoffe immer noch, dass sich gesunde Ernährung in ein paar simplen Grundregeln zusammenfassen lässt.
Hier zunächst eine These, über die weitgehende Einigkeit herrscht, von Dr. Bratman mal abgesehen. Eine Studie nach der anderen legt uns nahe, mehr Vollwertkost und weniger industriell verarbeitete Nahrungsmittel zu uns zu nehmen. Also mehr Broccoli und weniger Pommes. Unser Essen enthält viel zu viel Zucker und – wenn auch in vergleichsweise geringerem Umfang – zu viel Salz. Und überhaupt, wie schon gesagt: Wir essen einfach zu viel .
Anders ausgedrückt sind sich fast alle Experten einig, dass unsere typisch amerikanischen, extrem fett- und zuckerlastigen Essgewohnheiten die reinste Katastrophe sind. Meine Tante Marti hat sich dafür eigens eine Abkürzung einfallen lassen: S. A. D. – Standard American Diet. Sad – kein schlechter Name. Das Ganze ist wirklich ein Trauerspiel.
In vielen Bereichen herrscht also weitgehendes Einvernehmen; in anderen hingegen wird weiter gestritten. Und zwar erbittert. Die Ernährungswissenschaft gleicht dem amerikanischen Kongress: Es gibt zwei verfeindete Lager, und fast jeder Abgeordnete ist mehr oder weniger eindeutig einer der beiden Gruppierungen zuzuordnen. Der linke Rand des Spektrums besteht mehrheitlich aus Befürwortern einer überwiegend pflanzlichen Ernährung; am rechten Rand sind militante Vertreter einer kohlenhydratarmen, proteinreichen Kost zu finden.
Derzeit haben die Befürworter der überwiegend pflanzlichen Ernährung die Mehrheit. Die Bibel aller radikalen Pflanzenköstler ist der Bestseller China Study – Die wissenschaftliche Begründung für eine vegane Lebensweise von T. Colin Campbell, Professor für Biochemie und Ernährung an der Cornell University. Das beeindruckende, 2004 erstmals veröffentlichte Buch basiert auf einer gewaltigen Studie, die über einen Zeitraum von 20 Jahren ernährungsrelevante Daten von 880 Millionen Einwohnern Chinas erfasste. Fazit? Tierische Nahrungsmittel verursachen zahlreiche Erkrankungen, unter anderem Herzleiden, Diabetes, Brustkrebs, Makuladegeneration, Darmkrebs und Osteoporose. Die gesündeste Ernährung besteht demnach in rein pflanzlicher Kost. Kein Rind, kein Huhn, keine Eier, kein Fisch, keine Milch. Campbell vermeidet in dem Zusammenhang den Begriff »vegan«, weil er ihn für ideologisch überfrachtet hält. Doch im Grunde genommen meint er vegane Ernährung, weshalb dieser Begriff auch im Untertitel der deutschen Übersetzung steht. Das ist die eine Seite des Meinungsspektrums.
Die andere Seite vertritt am eindrucksvollsten der bereits erwähnte Gary Taubes, ein brillanter Journalist, der die Bücher Good Calories, Bad Calories und Why We Get Fat geschrieben hat. Eine seiner Hauptthesen lautet, das Dogma einer möglichst fettarmen Ernährung beruhe auf fehlerhaften wissenschaftlichen Annahmen und sei daher nichts anderes als ein gewaltiger Irrtum. In den USA wurde eine konsequent fettarme Ernährung 1970 erstmals flächendeckend propagiert – und genau seitdem, so Taubes, habe die Fettsucht epidemische Ausmaße angenommen. Seiner Ansicht nach ist das Prinzip fettarmer Ernährung ein Schuss, der nach hinten losging.
Der eigentliche Übeltäter ist nämlich nicht das Fett, sagt er, sondern es sind die Kohlenhydrate. Insbesondere raffinierte, also industriell verarbeitete Kohlenhydrate. In dem Zusammenhang schreibt Taubes: »Insulin packt das Fett in die Zellen, deshalb nennt man es auch Fettspeicherhormon. Der Insulinspiegel wiederum hängt im Wesentlichen vom Kohlenhydratanteil der Ernährung ab – und zwar sowohl von der Quantität als auch von der Qualität der aufgenommenen Kohlenhydrate.« Je höher die Zuckerkonzentration, desto gefährlicher sind sie.
Taubes und seine Mitstreiter empfehlen, möglichst wenige Kohlenhydrate zu verzehren und insbesondere auf industriell verarbeitete Kohlenhydrate, auf solche mit hohem glykämischen Index (z. B. Bananen) und auf stärkereiche Kohlenhydrate (z. B. Kartoffeln) weitgehend zu verzichten. Stattdessen propagieren sie eine Ernährung, die reich an Proteinen und
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