Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
»guten«, also pflanzlichen bzw. ungesättigten Fetten ist. Auf dem Speiseplan der Kohlenhydratgegner stehen Eier, Fisch, viel mageres Rind und Gemüse querbeet (z. B. Broccoli und Spinat) – aber kaum Getreideprodukte.
Und jetzt verrate ich Ihnen, welchem der beiden Lager ich mich seit etwa zehn Jahren zugehörig fühle: Ich tendiere mehr zur China- Study-Seite des Spektrums. Ich bin zwar kein Veganer und esse immer noch Eier und Lachs. Allerdings kommen mir weder Rind noch Schwein oder Lamm auf den Teller. Früher habe ich mich als »Quasi-Vegetarier« bezeichnet; heute ziehe ich den hipperen Ausdruck »Flexitarier« vor.
Warum ich mehr zum China-Study-Lager tendiere? Aus zwei Gründen.
Erstens bin ich schon immer einseitig beeinflusst gewesen. Meine liebenswerte, exzentrische Tante Marti trichtert mir bereits seit meiner frühesten Kindheit systematisch Antifleischfakten ein. Sie zeigte mir Videos vom Horror in den Schlachthöfen. Sie informiert mich bis heute grundsätzlich über jeden mutmaßlich krebserregenden Stoff, den Forscher in Fleisch finden. Sie hat schon immer versucht, mir den Appetit auf Tierprodukte so gründlich wie möglich zu verderben. Wenn ich ein Eis esse, fragt sie: »Und? Ist der Schleim lecker? Eis ist nämlich genau genommen nichts anderes. Gefrorener Schleim.« Und wenn ich Honig esse, fragt sie: »Wie schmeckt dir die Bienenkotze?«
Der heilige Ernst, mit dem Tante Marti für ihre Überzeugungen eintritt, hat sich mir ins Gedächtnis gegraben. Ich erinnere mich noch gut an ein Abendessen bei meinen Großeltern. Die gesamte Großfamilie war da. Damals weigerte Marti sich, an einem Tisch mit Fleischessern zu sitzen. Die eine Hälfte der Familie fand das okay. Aber die andere wollte Hühnchen. Die Lösung? Wir stellten zwei Tische ins Esszimmer – einen Fleischtisch und einen Fleischlos-Tisch. Meine Großeltern in ihrer diplomatischen Art wollten sich nicht für ein Lager entscheiden, also setzten sie sich an einen dritten Tisch in der Mitte, eine Art kulinarische entmilitarisierte Zone.
Mein zweiter Beweggrund für eine überwiegend pflanzliche Ernährung liegt darin, dass ich von Haus aus dazu tendiere, der Wissenschaft Glauben zu schenken, sobald die Materie kompliziert wird.
Dieses halbblinde Vertrauen ist die verhängnisvolle Folge des zunehmend geheimbündlerischen Charakters moderner Wissenschaft. Lebte ich im 19. Jahrhundert, so könnte ich die Erbsenstudien zur Erbfolge meines Zeitgenossen Johann Mendel ganz einfach selbst einer kritischen Überprüfung unterziehen. Aber wie kann ich beurteilen, ob C-reaktives Protein ein besserer Frühindikator für Herzerkrankungen ist als ein hoher LDL -Spiegel? Ich müsste Monate meines Lebens opfern, nur um mir zu dieser einen Frage eine eigene Meinung bilden zu können.
Genau aus diesem Grund bin ich ein Anhänger der Theorie der globalen Erderwärmung. Wenn einer Studie der National Academy of Sciences zufolge 97 Prozent der Klimawissenschaftler der Überzeugung sind, der Klimawandel werde vom Menschen verursacht – dann ist es meines Erachtens nur klug, sich dieser Ansicht anzuschließen.
Diese Vertrauensseligkeit hat natürlich auch ein paar Nachteile. Die Wissenschaft ist schließlich nicht unfehlbar, und Forschungsergebnisse können durch Voreingenommenheit, kurzlebige Trends und Manipulation verzerrt werden. Doch im Großen und Ganzen überwiegen die Vorteile.
Und derzeit plädieren die Wissenschaftler nun mal mehrheitlich für eine überwiegend pflanzliche Ernährung mit nur wenigen tierischen Fetten und Proteinen. Selbst die Ernährungsrichtlinien des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums USDA bewegten sich 2011 allmählich in diese Richtung. Zuvor war die offiziell propagierte Lebensmittelpyramide des USDA von einigen Ernährungswissenschaftlern jahrelang heftig kritisiert worden. Sie warfen der Behörde vor, sich massiv von der Fleischlobby beeinflussen zu lassen. Die neueste Version der Lebensmittelpyramide empfiehlt nun endlich einen möglichst geringen Anteil tierischer Proteine in der Nahrung. Sehr hübsch sichtbar ist das in der Illustration zu Michelle Obamas Ernährungsinitiative MyPlate aus dem Jahr 2011. Die ideale Mahlzeit auf dem titelgebenden Teller besteht nur zu 20 Prozent aus tierischen Proteinen, stattdessen werden dem Betrachter wärmstens Bohnen empfohlen.
Trotzdem schlage ich Taubers Rat nicht in den Wind. Was er gegen Kohlenhydrate vorzubringen hat, ist so einleuchtend, dass es konkrete
Weitere Kostenlose Bücher