Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
gestorben. Ende.«
Ich glaube nicht, dass ihnen ein gruseliges Ende besonderen Spaß macht. Sie versuchen nur, verwickelte Geschichten ordentlich zu Ende zu bringen. Und ihre Methode funktioniert ja auch, obwohl ein solches Ende immer einen Hauch von Patentlösung an sich hat.
Gleichzeitig fangen sie an, sich ernsthaft Gedanken über den Tod zu machen.
Vor ein paar Tagen sagte mein Sohn Lucas zu mir: »Wenn ich groß bin, möchte ich ein Mann in einer Geschichte in einem Buch sein, dann muss ich nie sterben.« Das rührte mich zu Tränen. Am liebsten hätte ich ihm gesagt, dass er sich dann davor in Acht nehmen sollte, in seinen eigenen Geschichten vorzukommen.
Etwa zur gleichen Zeit wollte Zane unbedingt auf meinen Schultern sitzen, um in jedem Zimmer unserer Wohnung die Decke zu berühren. Ich sagte ihm, ich hätte gerade keine Zeit, aber am Abend, nach meiner Rückkehr nach Hause, könnten wir das gerne machen. »Aber wenn du nun stirbst, bevor du nach Hause kommst?«, fragte er. Ich setzte ihn auf meine Schultern. Er ist ein cleverer Verhandlungsführer. Und ich falle wirklich auf alles rein.
Heute, wir sitzen gerade beim Abendessen (wie jeden Sonntag Takeaway vom Chinesen, worauf ich natürlich verzichte), stellt Zane die Frage, vor der mir immer gegraut hat: nämlich, was eigentlich nach dem Tod passiert.
Was soll ich jetzt sagen? Ich will meinen Kindern nicht aus reinem Beschützerdrang erzählen, dass wir alle in den Himmel kommen. Zumal ich selbst hinsichtlich der Aussicht auf ein Leben nach dem Tode trotz meines Bibeljahrs eher skeptisch bin. Ich will jedoch auch nicht allzu ausführlich erklären, dass uns vielleicht nur die gähnende Leere des endlosen Nichts erwartet. Das würden sie womöglich nicht verkraften. Freunde von uns haben einen sechsjährigen Sohn, der derzeit angesichts seines drohenden Verschwindens im Nichts eine Art Pre-Midlife-Crisis durchmacht und Sachen sagt wie: »Ich weiß, dass es Gott nicht gibt, denn sonst würde er ja mit mir reden. Also werde ich zum Nichts, wenn ich sterbe. Ich will aber kein Nichts werden.« Gefolgt von heftigem Geschluchze.
Unter diesen Umständen ist es das Beste, wenn ich zugebe, dass ich auch keine Antwort auf diese Frage weiß.
»Niemand weiß genau, was dann passiert. Ein paar Leute glauben, dass es so ist, als würde man ganz lange schlafen, nur ohne Träume.«
Das scheinen sie erst mal zu verarbeiten.
»Und ein paar andere Leute glauben, dass wir alle an einen Ort kommen, der ›Himmel‹ heißt und ganz wunderschön ist.«
»Hoffentlich stimmt das mit dem Himmel«, sagt Julie.
»Und wieder andere Leute glauben, dass wir gar nicht sterben.«
Julie wirft mir einen warnenden Blick zu.
»Es gibt einen Mann, der heißt Aubrey de Grey und hat einen ganz laaaangen Bart«, sage ich und lasse die Hand vom Kinn zum Bauch gleiten. »Er ist Wissenschaftler. Und er sagt, dass wir unsere Zellen schon bald am Älterwerden hindern können. Die Zellen, das sind die winzigen Teilchen, aus denen wir zusammengesetzt sind. Manchmal machen diese Zellen Dreck. Den müssen wir wegmachen. Wenn wir das schaffen, können wir vielleicht immer weiterleben.«
»Unendlich viele Jahre?«, fragt Jasper.
»Genau«, sage ich. »Und ein anderer Wissenschaftler – er heißt Ray Kurzweil – glaubt, dass wir eines Tages unser Gehirn einfach in einen Computer hochladen können. So könnten wir auch immer weiterleben.«
»Aber darüber müssen wir uns noch ganz lange überhaupt keine Gedanken machen«, sagt Julie.
Sie findet, dass ich ziemlich dumm daherrede, und sagt mir das später auch: »Du machst ihnen falsche Hoffnungen. Du bestärkst sie in dem Glauben, dass man wirklich unsterblich werden kann.« Vielleicht hat sie ja recht. Aber ich habe mich in letzter Zeit ziemlich intensiv mit Veröffentlichungen über die Life-Extension- Bewegung beschäftigt. Ich habe viel über Telomere und Sirtuine gelesen, das sind die sagenhaften Enzyme, die offenbar den Alterungsprozess hinauszögern können. Und ich habe gelesen, dass einige Forscher vermuten, der gemeine Hummer könne den Schlüssel zur Unsterblichkeit in sich tragen – weil der natürliche Alterungsprozess Hummerzellen offenbar nichts anhaben kann. Sofern er nicht einer Krankheit erliegt oder aber Raubfischen und Feinschmeckern zum Opfer fällt, kann der ganz normale Durchschnittshummer offenbar jahrhundertelang über den Meeresboden krabbeln.
Die wissenschaftliche Erforschung von Möglichkeiten der unbegrenzten
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