Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
Seit Monaten beschäftige ich mich geradezu zwanghaft mit der Frage nach der richtigen Ernährung – doch mit der körpereigenen Abfallentsorgung habe ich mich bisher noch keine einzige Minute befasst. Ein deutliches Ungleichgewicht. Das kann nicht gesund sein.
Allerdings bringe ich Begriffen aus der Verdauungssprache eher wenig Begeisterung entgegen – im Gegensatz zu meinen Söhnen, die sich ganze Nachmittage lang mit Wörtern wie »Krokodilfurz« amüsieren können. Insofern werde ich Ihnen in diesem Kapitel eine allzu detaillierte Darstellung ersparen. Sie wird eher etwas Weichzeichnerartiges haben, wie die Kamerabilder von Barbra Streisand, wenn sie ein Fernsehinterview gibt.
Ich bin auf Dr. Gottesman gestoßen, weil er seit acht Jahren zu den Top-Ärzten auf der Liste zählt, die das New York Magazine regelmäßig veröffentlicht. Außerdem hat er – um es in seinen eigenen Worten auszudrücken – einen »gewaltigen Haufen« Beiträge für wissenschaftliche Publikationen geschrieben.
In seiner Praxis muss ich zunächst den ganzen Papierkram ausfüllen. Das erledige ich im Wartezimmer, wo mir das Schild »Essen nicht gestattet« ins Auge fällt. Ein unnötiger Hinweis, wie mir scheint. Allein das Wort »kolorektal« auf dem Patientenfragebogen dürfte den Appetit der hier Wartenden auf ein Schinkensandwich ganz erheblich dämpfen.
Kurz darauf ruft Dr. Gottesman mich in sein Behandlungszimmer. Er redet so sanft und leise, dass ich mich unwillkürlich vorbeuge, um ihn überhaupt zu verstehen. Seine Haarfarbe geht ins Orangene, seine Frisur in Richtung Out-of-bed-Style.
»Lassen Sie die Hose herunter und gehen Sie in die Knie. Anschließend legen Sie sich bitte auf den Bauch.«
Ich komme seiner Aufforderung nach.
»Können Sie mir ungefähr sagen, wie weh es tun wird?«, frage ich über die Schulter.
»Normalerweise nicht sehr. Es sei denn, Sie wollen, dass es wehtut.«
Ich gebe einen Laut von mir, der irgendwo zwischen Schnauben und Lachen angesiedelt ist. Proktologen müssen wahrscheinlich zehn Antworten auf meine Frage auswendig lernen, um ihre Zulassung zu bekommen. Genau wie der Talmud die Mohels vermutlich dazu anhält, Beschneidungswitze zu erzählen.
Nach der Untersuchung – die viel schmerzhafter war, als ich »gewollt hätte« – gehen wir für die Nachbesprechung in sein Büro.
Ich nehme auf dem Besucherstuhl an seinem Schreibtisch Platz. Er wirkt besorgt.
»Lesen Sie während des Toilettengangs?«
»Na klar«, sage ich. »Das machen doch alle.«
»Das habe ich gleich gesehen. Sie haben beachtliche Hämorrhoiden. Nicht riesig, aber auch nicht klein.«
Eine unglaublich gemeine Diagnose, finde ich. Und eine der unerfreulichsten Nachrichten seit Beginn von Project Health . Man kann mir meine Nachos verbieten. Man kann mir meine Diet-Cokes verbieten. Aber jetzt auch noch die Toilettenlektüre? Die gehört doch quasi zu den Menschenrechten!
Dr. Gottesman schaut streng.
»Lesen Sie keine Romane, wenn Sie auf der Toilette sind«, sagt er. »Schreiben Sie keine Romane, wenn Sie auf der Toilette sind. Wenn Sie nicht damit aufhören, werden Sie sich operieren lassen müssen. Und eine Hämorrhoiden- OP ist kein Spaß.«
Lesen ist kurzweilig – also sitzt man länger auf der Toilette als nötig. Dieses lange Sitzen lässt die Blutgefäße im Analkanal anschwellen. Die Schwellung wiederum führt langfristig zu den krankhaften Vergrößerungen der Blutgefäße, den Hämorrhoiden. Ein Leiden, mit dem es früher oder später rund 70 Prozent der Amerikaner zu tun bekommen.
Ich schwöre, Zeitschriften und dergleichen aus dem Badezimmer zu entfernen. Dann stelle ich Dr. Gottesman ein paar Verdauungs- und Darmfragen allgemeinerer Natur.
Wie oft pro Tag sollte man Stuhlgang haben?
Unter den einschlägigen Experten gibt es einige Eiferer, die häufigen Stuhlgang in möglichst großer Menge empfehlen. Bei meinem Lieblings-Fernseharzt Dr. Oz war einmal ein Gastroenterologe zu Gast, der völlig aus dem Häuschen war vor Begeisterung über Afrikaner aus der Subsahara, die es auf drei Stuhlgänge täglich bringen, »jeder so groß wie mein Kopf«. Andere Mediziner empfehlen, der Haufen solle möglichst S-förmig sein.
Dr. Gottesman äußert sich weniger konkret. Seine Ausführungen entsprechen den Empfehlungen der American Society of Colon and Rectal Surgeons, der Amerikanischen Gesellschaft für Darm- und Rektalchirurgie. Alles zwischen ein und drei Mal pro Tag ist normal, sagt er. Eine S-Kurve ist
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