Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
beendet. Zeit fürs Lachyoga. Wobei der Anteil an Yogaübungen gar nicht so hoch ist, wir machen nur ein paar Dehnübungen.
Genau genommen erinnert mich das Ganze stark an eine Cocktailparty: Man schlendert umher und führt geistreich-launige Unterhaltungen mit anderen Gästen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass es keine Cocktails gibt. Und keine geistreich-humorigen Unterhaltungen. Nur das dazugehörige Gelächter.
Damit keine Langeweile aufkommt, üben wir diverse Lachstile. Im Laufe der Yogastunde bringen wir es auf zehn verschiedene Varianten. Hier eine ungeordnete Liste:
Das »Oh-je-ich-hab-eine-Vase-fallen-lassen«-Lachen. Bei der Übung tun wir so, als hantierten wir ungeschickt mit einer Vase, dann zucken wir mit den Schultern und lachen.
Das »Ich-bin-zu-spät-ich-weiß«-Lachen, bei dem wir auf unsichtbare Armbanduhren zeigen, mit den Schultern zucken und unbekümmert losprusten.
Das explosive Lachen.
Das schnaubende Lachen.
Das »Na-na-na-na«-Lachen. Bei dieser Variante recken wir mit gespieltem Zorn den Zeigefinger in die Höhe und tadeln einen Mitlacher für eine imaginäre Verfehlung.
Das »Ausgleichende-Gerechtigkeit«-Lachen. »Es gibt Situationen im Leben, da fühlt man sich erhaben wie eine antike Heldenstatue. Und andere, da wäre man am liebsten eine von den Tauben, die antiken Heldenstatuen aufs Haupt kacken. Heute sind wir alle mal eine Taube.« Also tun wir so, als würden wir mit den Flügeln schlagen, rufen »Ruckediku«, gehen kurz in die Hocke und lachen.
Ich tu’ nur so, ich lache nicht wirklich. Ich zwinge mich dazu, Lachlaute von mir zu geben, damit die anderen Kursteilnehmer mich nicht für eine Spaßbremse halten. In mir wallen widersprüchliche Gefühle auf: Einerseits finde ich es faszinierend, dass diese Form des kehligen Ausatmens im Laufe der Evolution zum Zeichen für Lebensfreude geworden ist. Andererseits ist es mir ausgesprochen peinlich, mich derart zum Affen zu machen, selbst wenn alle anderen sich auch zum Affen machen. Und zwischendurch steigt immer wieder Neid auf anderer Leute Lachtalent in mir auf. Ein Kursteilnehmer – der Psychoanalytiker mit dem gestärkten Hemd – hat ein wunderbares Basso-profondo-Lachen. Und einer der beiden Steves – der mit den Chinos – ist ein Ganzkörperlacher.
»Super Lachen«, kriegen die beiden von allen Seiten zu hören.
Bei den meisten Teilnehmern verebbt das Lachen am Ende der zweiminütigen Übungen allmählich, doch die Rothaarige mit der Strumpfhose kann es einfach auf einen Schlag abstellen, als hätte ihr jemand den Stecker herausgezogen. Die Disziplin, mit der sie bei der Sache ist, macht mich ganz nervös.
»Hi hi hi, ha ha ha«, erklingt es zum Abschluss jeder Übung im Chor.
Bei der nächsten Übung sollen wir lachen, während wir so tun, als füllten wir Wasser in ein Glas. Mir gegenüber lacht eine Frau um die 60 in lila Jogginghosen. Plötzlich beugt sie sich zu mir hinüber und sagt: »Was Sie da machen, sieht eher nach Gähnen aus als nach Lachen.« Oder jedenfalls vermute ich, dass sie das gesagt hat – der Geräuschpegel ist ziemlich hoch. Aber ich bin mir recht sicher, dass sie mein Lachen kritisiert hat. Was ja wohl kaum mit der Lachyoga-Philosophie vereinbar ist.
Ich schürze verärgert die Lippen. Offen gestanden finde ich ihre Lachtechnik auch nicht so toll. Für meinen Geschmack völlig überkandidelt. Viel zu viel Gefuchtel und Grimassieren.
»Hi hi hi, ha ha ha.«
»Woody Allen hat mal gesagt, er würde sich über jeden Lacher freuen, außer wenn ihm gerade Milch aus der Nase läuft«, sagt Eingorn.
Niemand lacht, obwohl wir doch hier im Lachclub sind. Ich habe Mitleid mit Eingorn, also bringe ich ein Gackern zustande.
Eingorn weist noch einmal darauf hin, wie wichtig positive Emotionen sind: »Wir wissen alle, dass negative Emotionen krank machen. Kann man alles bei Norman Cousins nachlesen. Depressionen können einen Herzinfarkt zur Folge haben. Man kann sogar an gebrochenem Herzen sterben.« Eingorn tut so, als springe ihm das Herz aus der Brust und zerschelle am Boden. Wir lachen.
Und nun zum Sumo-Lachen. Wir legen die Hände auf die Oberschenkel und stapfen kichernd im Raum herum. Da kommt mir plötzlich ein Gedanke: Wie wäre es eigentlich, wenn jetzt wirklich ein 200-Kilo-Sumoringer hereinkäme, ordnungsgemäß geölt und gewindelt, und uns einen nach dem anderen an die Wand werfen würde?
Rückblickend betrachtet kein besonders witziger Gedanke. Sogar eher ein bisschen zu
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