Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
vorgenommen. Neulich stand im Time Magazine etwas über Lachclubs, auch Lachyoga genannt: Das Ganze scheint eine relativ schmerzlose, wenn auch leicht beknackte Stressbekämpfungstechnik zu sein.
Der Lachclub, den ich mir ausgesucht habe, wird von einem Chiropraktiker namens Alex Eingorn geleitet und findet in dessen Praxis in Midtown Manhattan statt. Auf der Website zu seinem Club schreibt Eingorn: »Der Eintritt ist grundsätzlich frei, aber Spenden bis zu einer Höhe von zwei Millionen Dollar werden schnell und unbürokratisch entgegengenommen.«
Eingorn, so stellt sich heraus, sieht ein bisschen so aus wie Mikhail Baryshnikov. Er spricht mit leichtem russischen Akzent und ist genauso heiter und herzlich, wie man sich das von einem Lachclub-Leiter erhofft. Er trägt blaue Nike-Shorts und ein Sweatshirt.
An diesem Abend sind 15 Teilnehmer gekommen. Zwischen Anfang 20 und 80 ist jedes Alter vertreten. Wir stellen uns im Kreis auf.
»Seid ihr so weit?«, fragt Alex. »Okay! Auf den Boden mit euch und erst mal 20 Liegestütze!«
Alle kichern.
»Irgendwelche Neulinge?«, fragt Alex.
Ich hebe die Hand.
»Wie bist du auf uns gekommen?«
»Durchs Internet«, sage ich.
Schallendes Gelächter allerorten. Ich mag dieses Publikum. Es ist wirklich nicht schwer zu erobern. Wahrscheinlich ist es das amüsierfreudigste Publikum von ganz New York. Allerdings habe ich offengestanden keine Ahnung, warum »durchs Internet« so ein rauschender Lacherfolg war. Irgendeine Assoziation mit Pornos vielleicht? Oder mit Nerds? Egal. Ich bin einfach nur glücklich, dass »durchs Internet« als Bonmot von Ustinovscher Güte erachtet wurde.
Eingorn fordert uns auf, im Kreis herumzugehen und Namen und Beruf zu nennen. Und außerdem sollen wir, fügt er hinzu, auf alles Gesagte grundsätzlich mit Gelächter reagieren. Das soll die Spannung lösen.
Erster Teilnehmer: »Ich heiße Tom und bin Buchhalter.«
Es wird ein bisschen gelacht.
Zweiter Teilnehmer: »Ich heiße Steve und bin Sachbearbeiter.«
Stärkeres Gelächter.
Dritter Teilnehmer: »Ich heiße auch Steve.«
Lachsalven. Ist ja fast schon ein Running Gag.
Dann stellt sich ein Psychoanalytiker vor (guter Lachlevel) und anschließend ein Klempner (fantastischer Lachlevel). Und danach bin ich an der Reihe.
»Ich heiße A. J. und bin Autor«, sage ich.
Schallendes Gelächter, fast steche ich den Klempner aus. Doch diesmal weiß ich nicht so recht, was ich davon halten soll. Was soll an einem Autor so lustig sein? Ist ein Autor wirklich witziger als ein Klempner, wo der doch immerhin mit so witzigen Dingen wie verstopften Toiletten und unterhalb Ritzenniveau sitzenden Arbeitshosen assoziiert wird?
Ich weiß zwar, dass die Gruppe nur ihre Pflicht tut. Trotzdem meldet sich irgendwo tief in mir drin das Gefühl, alle würden sich über mich lustig machen. Ein Autor? Heutzutage? Höchste Zeit für eine Umschulung, Junge!
Für die Neueinsteiger hält Eingorn einen kleinen Einführungsvortrag über die Lachclub-Bewegung. Sie wurde Mitte der neunziger Jahre von dem indischen Arzt Madan Kataria gegründet und fand schnell weltweit Verbreitung. Heute gibt es nach offiziellen Angaben 6000 Lachclubs in 60 Ländern. (Auf einem Poster an der Wand sind rekordverdächtige 10 000 Menschen zu sehen, wie sie am Weltlachtag, dem ersten Sonntag im Mai, auf einem Platz in Kopenhagen stehen und lachen.)
Wir erzählen keine Witze, erklärt Eingorn, weil Humor subjektiv ist. Wir lachen einfach.
»Wir sagen immer ›Tu so, bis du wirklich lachst‹: Am Anfang muss man sich zwingen, so tun als ob, aber irgendwann muss man dann tatsächlich lachen.«
Der gesundheitliche Nutzen ist beträchtlich, sagt er. Lachen verringert die Produktion des Stresshormons Cortisol. Es stärkt das Immunsystem und wirkt schmerzlindernd. Eine klinische Studie der University of Maryland ergab, dass Menschen, die viel lachen, um ca. 40 Prozent seltener an Herzleiden erkranken als ernstere Zeitgenossen. Und Lachen ist sogar eine gute körperliche Übung. Ein Forscher der Vanderbilt University fand heraus, dass bei 15-minütigem Lachen 40 Kalorien verbrannt werden.
Ich will Eingorn nicht vor allen anderen widersprechen, aber seine Darstellung ist leicht übertrieben. Einige Studien belegen zwar tatsächlich, dass Lachen den Stresspegel reduziert. Aber gilt das auch für gekünsteltes Lachen? Bisher hat sich keine einzige wissenschaftliche Untersuchung mit dieser Frage beschäftigt.
Das Warm-up ist jetzt jedenfalls
Weitere Kostenlose Bücher