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Saugfest

Saugfest

Titel: Saugfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi Wolff
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Wenigstens kann ich noch Osterbasare und Morgenandachten
organisieren für die Senioren. Und Birte strickt jetzt schon wieder Strümpfe für die kleinen Negerkinder im Sudan. Ich aber muss in einer Taxizentrale vor mich hin vegetieren, tagein, tagaus den Strahlungen ausgesetzt. Sicherlich bin ich schon radioaktiv. Manchmal halte ich zum Test einen Magneten an mich, ich bin mir gewiss, dass es schon eine Anziehungskraft gibt. Ich bin ein einziges magnetisches Feld.«
    Es reicht. »Malte, ich mache übrigens auf unbestimmte Zeit Urlaub.« Gut eigentlich, dass er angerufen hat, dann kann ich ihm das mit dem Urlaub gleich unterjubeln. Sonst hätte ich es wahrscheinlich in der ganzen Aufregung vergessen.
    »Was willst du mir damit sagen? Erst lässt du deine gute Freundin in eine Schlucht stürzen, und jetzt willst du Urlaub?«
    »Es geht nicht anders, es ist wichtig.«
    »Urlaub muss eingereicht werden«, erklärt mir Malte zornig. »Wo kommen wir denn hin, wenn wir immer nur das täten, was wir gerade tun wollen?«
    »Auf den richtigen Weg, Malte«, antworte ich einfühlsam und fromm. »Ich glaube, ich werde sogar frohlocken, wenn ich diesen Weg eingeschlagen habe.«
    »Du frohlockst nie«, sagt Malte resigniert. »Jetzt muss ich alles umorganisieren, einen Ersatzfahrer finden und, und, und. Hoffentlich dankt mir wenigstens Gott. Du bedankst dich ja nie. Und was soll ich denn nun deiner Freundin sagen?«
    »Sag ihr einfach, dass ich nichts mehr mit ihr zu tun haben will.« Das finde ich gut, weil Annkathrin vor Aufregung eine Darmverschlingung bekommen und sich dann tatsächlich in eine Schlucht stürzen wird. Vielleicht sogar mit Bernie zusammen.
    Maltes »Aber was hat sie dir denn getan?« höre ich noch, während ich auflege. Keine Ahnung, welcher Teufel mich reitet, seitdem ich Hubertus zum ersten Mal gesehen habe, aber ich habe vor, dieses Ding hier – was immer es auch bedeuten mag – jetzt durchzuziehen, ohne mich von niederen Chargen daran hindern zu lassen.
    »Wir können anfangen, ich lasse mich jetzt nicht mehr stören«, lasse ich Hubertus wissen, der mittlerweile schon das eine oder andere Schlückchen Met zu sich genommen hat. Die übrigen Höhlenbewohner haben eine neue DVD in den Laptop gesteckt und schauen nun im versehentlich eingestellten Schnellvorlauf
Zwei Münchner in Hamburg
. Die abgehackten Bewegungen von Uschi Glas, die gerade Kreditverhandlungen mit guten Kunden in einer alteingesessenen Bankfiliale führt, scheint die Meute zu irritieren. Oder sie tun nur so, die Systemadministratoren.
    »Eins will ich aber vorher wissen«, gespannt beuge ich mich zu ihm, und es ist mir auch schon wieder egal, ob er mich für einen PC -Profi hält. »Was bedeutet denn jetzt eigentlich Updmenaem? Ist das ein Begriff für eine Software oder eine Abkürzung für das, was ihr hier seid? Nennt ihr euch Updmenaem? Weil ihr ja gesagt habt, dass ich auch eine bin.«
    Hubertus sieht mich ernst an. »Nein, nein, wir sind das nicht. Wir wissen ja Bescheid. Und du wirst auch gleich Bescheid wissen. Aber noch bist du eine Updmenaem: eine
unwissende Person, der man erst noch alles erklären muss

    »Was?«
    »Genauso ist es.« Sein Blick wird noch ernster.
    Er will mich auf den Arm nehmen und kann sich ganz offensichtlich sehr gut beherrschen. Andere hätten schon laut losgelacht. Nicht aber Hubertus. Nein, er verzieht keine Miene. Nun gut. Er ist nicht der Erste, der versucht, mich nichtlächelnd auf den Arm zu nehmen. Ich lasse das erst mal so stehen. Sein Spiel gefällt mir irgendwie. Es fordert mich heraus. Und ich werde mir erst einmal nichts anmerken lassen. Zu gegebener Zeit allerdings werde ich das Passende entgegnen. Und Zeit habe ich ja jetzt.
    Mein neues Leben beginnt, mir zu gefallen.
    »Am längsten von uns ist William dabei«, sagt Hubertus. »Er kennt Dracula persönlich. Ist das nicht der schiere Wahnsinn?«
    »Irre«, sage ich. Wie auf Befehl gesellt sich William zu uns. »Mich machen die Leute da in dem Gerät ganz nervös«, klagt er.
    Ich schaue kurz zum Laptop. Die Münchner in Hamburg agieren nicht mehr auf dem Monitor, jetzt sind die
Kleinen Strolche
am Zug. Der Schnelldurchlauf ist weiterhin eingeschaltet, und da die Strolche ja an sich schon wegen der Stummfilmqualität hektische Zuckungen vollführen, kann ich William verstehen. Da wird man ja wahnsinnig.
    »Dracula heißt gar nicht Dracula, sondern Vlad.« William schaut mich an, als müsste ich ihn auf der Stelle noch einmal in den

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