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Saugfest

Saugfest

Titel: Saugfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi Wolff
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eine Schockreaktion sein«, sagt er.
    »Dann sollten wir es ihr jetzt trotzdem sagen, oder? Oder?« Das wiederum ist Zottel.
    Ali singt: »Jetzt geht’s los, jetzt geht’s los.«
    Sigrun macht: »O je«, schaut William auffordernd an und nickt ihm zu, so nach dem Motto: ›Jetzt bring es doch endlich hinter dich, herrje!‹
    Hubertus sagt gar nichts. Wie auch?
    Ich sage: »Was denn, um Himmels willen?«
    Keiner antwortet, aber dann reden alle durcheinander. Ich verstehe lediglich die Worte »Chance« und »Demut« und »Kritik vertragen«, verstehe also nichts. Der Heuler, der eines seiner Jungen im Fang hat, kommt zu mir gerobbt und legt mir den Kleinen auf den Schoß. Eine gefühlte Stunde später räuspern sich alle und stehen dann da wie auf einer Trauerfeier.
    »Ich teile es ihr jetzt mit«, sagt William und starrt verzweifelt auf den regungslosen Hubertus, hofft, dass er aufwacht und ihm diese grauenhafte Bürde abnimmt, mir
es
zu sagen.
    Die anderen murmeln etwas vor sich hin, das wie Zustimmung klingt.
    Und dann sieht William so aus, als ob er mir nun endlich sagen wird, was er mir sagen will.

20

     
    »Ja, äh.« William stiert mich an. »Gut, ich mach es kurz und schmerzlos: Er … also Hubertus … er da … wird erst wieder er selbst sein, also wenn er aufwacht, ist er anders, also … äh … es ändert sich nur was, wenn du dich änderst, verstehst du, äh, wenn du ein guter Mensch bist. Du musst dich um hundertachtzig Grad drehen und es beweisen, damit man weiß, dass es keine Eintagsfliege ist. So, jetzt ist es raus.« William wischt sich den Schweiß von der Stirn. Diese Informationsübermittlung nimmt ihn ohne Ende mit.
    »Was soll das heißen?«, frage ich erschöpft. Es reicht langsam wirklich. Das ist doch hier kein drittklassiger Film mit einem dämlichen Happy End! Soll ich mir jetzt vielleicht gegen die Stirn schlagen und rufen: »O danke, William! Jetzt erkenne ich den wahren Sinn des Lebens. Ihr alle habt so recht, so recht. Da hätte ich auch mal selbst draufkommen können! Seht her, ich, Helene, bin ein guter Mensch!!!« Und dann drehe ich mich um hundertachtzig Grad und zwar zweimal, damit nicht der Eindruck erweckt wird, ich nähme irgendetwas davon ernst. Ich weiß ja, dass Systemadministratoren hin und wieder dazu neigen, die Welt mit anderen Augen zu sehen als Normalsterbliche, aber auch diese Berufsgruppe muss wissen, wann man einen Schlussstrich ziehen muss. »William.« Ich bemühe mich, leise zu sprechen, obwohl es Beherrschung kostet. »Kannst du bitte endlich mit diesem Mist aufhören und mir sagen, was wirklich los ist. Ich habe die verdammten Spielchen satt.«
    »Das ist kein Spiel«, sagt Zottel.
    »Wenn’s doch bloß ein Spiel wäre«, sagt William.
    »Wir könnten Fische versenken spielen«, sagt Ali.
    William sagt mit zitternder Stimme: »Auch, wenn du es nicht glaubst, Helene, wir hier unten sind tatsächlich Vampire. Wer zu uns kommt, hat eine Bestimmung, und deine ist die folgende: Du musst beweisen, dass du ein guter Mensch bist, und du musst verzeihen können, und du musst gute Laune zeigen, echte gute Laune, nur dann … ich wiederhole, nur dann wird Hubertus wieder der sein, der er mal war.«
    » WAS ?«
    »Ansonsten wird er wie die da enden«, William deutet auf die tumben Weißhemden, die sich inzwischen wieder gruppenformatiert und in eine Ecke gestellt haben. »Für immer. Das ist leider so bei uns.«
    »Hubertus wird zum Weißhemd, wenn ich kein guter Mensch werde?«
    »
Weißhemd?
«
    »Ich nenne sie so. Also die da.«
    »Ja, so einer wird er werden.«
    »Kann es sein, dass ihr alle wahnsinnig seid?«
    »Äh, nein.« William fühlt sich sichtlich unwohl. Dann sagt er: »Jetzt tu mir doch den Gefallen und reagiere mal so, wie jeder normale Mensch reagieren würde.«
    »Inwiefern?«
    »Na, insofern, als dass du uns beweist, ein guter Mensch zu sein.« »Ich
bin
ein guter Mensch.« Das muss auch mal gesagt werden.
    »Eben nicht.« Jetzt kommt der gesetzestreue Kilian wieder in Fahrt. »Ihr Leben ist durchzogen von Missgelauntheit und schlechtem Handeln. Eine gute Kinderstube war das nicht, wenn man mich fragt.«
    »Ich sag’s ja, unter jedem Dach ein Ach«, bemerkt Sigrun weise. »Mit dem Bruno, also dem Sohn meiner Schwester, war es auch ein Kreuz. Seitdem er zwölf war, hatte sie ihn nicht mehr im Griff. Er sollte Reinzeichner werden, und was hat er gemacht? Kunstgeschichte hat er studiert, einfach so.«
    Das wusste ich nun noch nicht, dass man vor

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