Saugfest
auch, ich auch, ich auch.
Warum mir die Augen auf einmal so weit geöffnet sind, das weiß ich nicht, aber es ist wie damals mit dem Fahrradfahren: Erst lernt man es nicht, und auf einmal klappt es und man kann’s für immer. So soll das ab jetzt auch sein!
Ich bin immer noch verwirrt, versuche, mich an Bäumen zu orientieren oder an kleinen Orten, durch die wir fahren, aber irgendwie sieht alles gleich aus. Ich finde das verdammte Haus einfach nicht, in dem sich der Keller befindet.
Passanten können mir nicht helfen. Herr Richter weiß es auch nicht. Er findet es nur sehr schön hier. Dann sagt er, ich sei doch so jung, ich müsse mich doch orientieren können, und macht mich damit ganz nervös. Herr Richter behauptet, wenn er einmal eine Strecke gefahren sei, würde er die auch im Dunklen wiederfinden, was mich noch nervöser macht.
Ich möchte sehr gern zu Hubertus’ nach Hause fahren, aber ich weiß ja gar nicht, wo er wohnt. Ich weiß gar nichts von ihm.
Nachdem ich erneut in der Taxizentrale angeklopft habe und man mir dort bezüglich Malte auch nicht weiterhelfen kann, bin ich ratlos. Er hat drei Tage frei, und natürlich muss er niemandem darüber Rechenschaft ablegen, ob er in dieser Zeit wegfährt und wenn ja, wohin. Es ist ein Kreuz. Ich fahre sogar zu dem Altersheim, in dem Malte ehrenamtlich hilft, aber die Bewohner wissen auch nichts, schauen mich aber abfällig und feindselig an. Wer weiß, was Malte denen so alles über mich erzählt hat.
Irgendwann finde ich doch den Weg, eher durch Zufall, und weil ich mich an einen Baum erinnern kann, in den der Blitz oder ein Yeti eingeschlagen hat. Von dort aus muss ich nur noch rechts, rechts, links, rechts, links, geradeaus, halb links, geradeaus, scharf rechts und halb links, dann stehen wir tatsächlich vor dem Acker. Und das Haus ist auch noch da!
Glücklich steige ich aus. Der Heuler folgt mir. Herr Richter meint, er würde noch im Auto sitzen bleiben, ich solle erst mal alleine schauen, Erich sei sowieso schon total durcheinander.
Ich nicke, renne zum Eingang und bleibe stehen.
Was ist hier los?
24
Den Mauerdurchbruch, durch den ich gegangen bin, den gibt es nicht mehr. Alles ist mit Brettern vernagelt, und da steht ein Schild: ZUTRITT VERBOTEN ! EINSTURZGEFAHR ! ELTERN HAFTEN FÜR IHRE KINDER ! Ich laufe um das Haus herum, aber auch die Fenster sind zugenagelt. Da kann niemand im Haus oder im Keller sein, denn es wurde alles von außen abgedichtet, keiner könnte das Gebäude verlassen. Auf mein »Hallo! Hallo!« reagiert auch keiner. Überhaupt sieht es so aus, als sei hier sehr, sehr lange niemand gewesen.
Ratlos gehe ich zurück zum Wagen und berichte Herrn Richter von den grauenhaften Neuigkeiten. Sicher gibt es grauenhaftere Dinge, aber für mich ist das alles gerade sehr, sehr schlimm.
Herr Richter ist genauso ratlos wie ich. Er ärgert sich auch. »Da beschließt man, etwas zu tun, und einem sind die Hände gebunden, weil die, um die es geht, nicht aufzutreiben sind«, sagt er und wirft Körner in Erichs Voliere. »Wir müssen irgendwo eine Blumenspritze kaufen. Erich kann ja hier nicht baden, ich muss ihn wenigstens mit Wasser besprühen, damit er sich ein wenig plustern kann.«
Wir fahren dann los, und ich suche im nächsten Ort nach einem Kaufhaus. Herr Richter geht eine Blumenspritze kaufen, und während ich im Taxi auf ihn warte, fällt mir etwas ein. Ich bin sehr stolz auf mich!
»Sicher erinnere ich mich. Ein sehr netter Herr war das. Und was hat er nicht alles gekauft. Sogar eine
Wathose
.« Der freundliche
Verkäufer im Angelladen in Buxtehude schwelgt in der Erinnerung. »Er scheint sich wirklich mit dem Angeln auszukennen, und er war an allem so interessiert.«
»Er hat doch mit EC -Karte bezahlt«, sage ich zu dem Verkäufer, und er nickt. »Ja, das war ein recht hoher Betrag. Ich hoffe, das Konto ist gedeckt. Wir haben nämlich hier noch nicht das System mit den PIN -Codes, sondern lassen unsere Kunden lediglich unterschreiben. Das heißt, wir haben keine direkte Online-Verbindung zu den Banken. Das ist teurer. Ich habe schon ein paar Mal zu meinem Chef gesagt, dass … «
»Kann man anhand dieser Karte den Namen sehen?«
»Bestimmt. Und wenn nicht, dann gibt es aber auf alle Fälle den Beleg mit der Unterschrift. Würden wir am PIN -Code-Verfahren teilnehmen … «
»Das ist ja großartig«, freue ich mich. »Zeigen Sie mir den Beleg.«
Der Verkäufer hebt erschrocken seine Hände. »Nein, das darf
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