Sauhaxn: Kriminalroman (German Edition)
wusste, wo er wohnte. Traurig spülte Amalie ihre Teetasse. Sie musste
fliehen und würde Harald nie wieder sehen. Es würde keine große Liebesgeschichte
geben, kein Happy End.
*
Johann bezweifelte stark, dass es
für ihn und Elena ein Happy End geben würde. Nein, die Polizei würde ihn festnehmen,
ins Gefängnis stecken und Elena bei ihrem Mann bleiben oder sich scheiden lassen
und einen anderen heiraten. Sein rechtes Bein wippte auf und ab, ab und auf, immer
schneller. Er saß im Flur des Kommissariats und versuchte, sich vor Aufregung nicht
die Fingernägel abzukauen. Diese Warterei war Folter. Johann hatte von den Psychotricks
der Polizei gehört. Erst wollten sie ihn mürbe machen, dann in Verwirrung stürzen.
Wahrscheinlich würden sie ihm sagen, dass es außer Harald Moschik noch einen Zeugen
gab. Marko oder Karotte. Dann würden sie ihm sagen, dass sich ein Geständnis strafmildernd
auswirken könnte. Und dann hatten sie ihn.
Johanns
linkes Bein begann ebenfalls zu wippen. Seit einer Viertelstunde saß er in dem schmalen
Polizeiflur. Es gab nur zwei unbequeme Stühle, was Johann ebenfalls unter Folter
einstufte. Wann wurde er endlich befragt? Diese Warterei machte ihn ganz fertig.
Nur gut,
dass Elena ihn hier nicht sah. Sie wäre sicher nicht beeindruckt von seinen wippenden
Beinen und den verkrampften Kiefern. Ein echter Mann blieb auch im Angesicht einer
Vernehmung eiskalt und abgebrüht. Johann flehte innerlich Bruce herbei. Wie würde
er sich verhalten? Johann zog die Augenbrauen zusammen. Erst einmal gerade hinsetzen.
Und die Muskeln demonstrieren. Johann spannte seinen Bizeps an. Ein Geräusch ließ
ihn aufschrecken. Hatte ihn jemand gesehen? Nicht, dass die Polizei ihn für gewalttätig
hielt, wenn er hier die Fäuste ballte! Also doch besser keine Muskeln. Gerade sitzen
und überlegen lächeln. So wie es Bruce an seiner Stelle machen würde. Er dachte
an Elena und sein Lächeln wurde breiter. Elena, du süßeste aller Frauen, dachte
er und träumte sich mit ihr auf eine einsame Insel.
»Herr Mühlbauer«,
rief ihn der Kommissar. Johann stand auf und folgte dem Polizisten. Er lächelte
immer noch. Er würde einfach alle Fragen weglächeln. Die Psychotricks würden ihn
nicht aus der Fassung bringen.
Johann wurde
in ein karges Dienstzimmer geführt. Ein Schreibtisch, zwei Stühle, ein Telefon und
ein kleiner Schrank, das war die ganze Einrichtung. Der Kommissar nahm hinter seinem
Schreibtisch Platz und sah Johann streng an. Er fand das Lächeln wohl nicht so passend.
Johann wurde ernst und setzte sich auf den freien Stuhl.
»Was können
Sie mir über abgelaufenes Fleisch in der Küche des Schlosshotels erzählen?«, eröffnete
der Kommissar das Gespräch.
»Abgelaufenes
Fleisch?«
Misstrauisch
blickte Johann sich um. Er hatte es doch geahnt, Psychotricks. Der Kommissar fing
mit etwas ganz anderem an, er wollte ihn aus der Reserve locken. Später würde er
ihn mit den Leichen überraschen, um in einem Moment der Unachtsamkeit ein Geständnis
zu bekommen. Dieser Reichel war offenbar ein ganz Gerissener. Johann musste auf
der Hut sein. Sein Bein begann wieder zu wippen. Wenn er nur nicht so nervös wäre.
Das Polizeirevier, das Befragungszimmer und der Kommissar ihm gegenüber raubten
ihm seine Konzentration. Er konnte nicht klar denken.
»Gammelfleisch,
Herr Mühlbauer. Im Tiefkühlraum des Schlosshotels. Und da Sie dort arbeiten, kann
ich nur annehmen, dass Sie etwas mit der Sache zu tun haben. Also?«
»Äh …« Johann
hatte sich auf jede Frage vorbereitet. Auf: Haben Sie Karl Bachmaier ermordet? Auf:
Haben Sie Martin Ammerschmidt ermordet? Auf: Haben Sie Alibis? Mit einer Frage nach
Gammelfleisch hätte er nie und nimmer gerechnet. Johann fuhr sich mit der Zunge
über die Lippen und lächelte gezwungen. Diese Psychotricks taten ihre Wirkung, das
merkte er bereits. Sein Magen krampfte sich zusammen.
»Keine Ahnung«,
sagte er schließlich.
Der Kommissar
seufzte und rieb sich mit der Hand über die Schläfen. »Okay, versuchen wir es anders«,
begann er. »Ist Ihnen am Fleisch etwas aufgefallen? Sie sind doch Koch. Hatte das
Fleisch vielleicht eine ungewöhnliche Farbe? Eine ungesunde? Einen anderen Geruch?
Was weiß ich, Sie müssen das doch in der Berufsschule gelernt haben. Wie erkennen
Sie Fleisch, das über das Verfallsdatum hinaus ist?«
Johann zuckte
mit den Schultern. Er versuchte es wieder mit: »Keine Ahnung.«
»Wie lange
arbeiten Sie schon im
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