Sauhaxn: Kriminalroman (German Edition)
ebenfalls zum Rauchen draußen
aufhielt, in Sicherheit und sprang dann selbst in die Büsche. Amalie schätzte die
Nähe des Hydranten vor dem Krankenhaus falsch ein und ihre Fahrt wurde abrupt gestoppt.
Der Wagen knautschte sich vorn, der Airbag öffnete sich und Amalies Kreislauf gab
nach. Sie konnte gerade noch: »Hallo, schöner Mann« hauchen, dann fiel sie in Ohnmacht
und dem Pfleger, der die Fahrertür öffnete, entgegen.
Freitag
Es war Freitagmorgen, 11.15 Uhr,
und Johann Mühlbauer stellte sein Fahrrad vor der kleinen Drogerie in der Innenstadt
ab. Er hatte den unteren Teil seines Gesichts mit einem Schal, den oberen mit einer
Sonnenbrille und einer Wollmütze bedeckt und schwitzte dermaßen, dass er einen Kreislaufkollaps
befürchtete. Er schloss sein Fahrrad an, betrat den Laden und zog die Liste hervor,
die er in einer schlaflosen Nacht erstellt hatte.
Johann hatte
sich gefragt, was passieren würde, wenn Hauptkommissar Reichel mit einem Haftbefehl
vor seiner Haustür auftauchte. Die Antwort war nicht beruhigend gewesen. Ganz im
Gegenteil. Es gab nicht eine einzige Zeugenaussage, nicht ein einziges Alibi, nicht
ein einziges Indiz, das für seine Unschuld sprach. Nein. Er, Johann Mühlbauer, würde
Opfer eines furchtbaren Justizirrtums werden und den Rest seines Lebens im Gefängnis
verbringen. Elena wäre nur noch ein Traum in weiter Ferne.
Deshalb
hatte Johann einen Plan ausgeheckt. Einen Fluchtplan.
Er bezweifelte
stark, dass er auf der Arbeit gebraucht würde. Harald Moschik war gestern Abend
von zwei Männern eingesammelt worden. Das bedeutete, es würden sich nur zwei Lehrlinge
in der Küche des Schlosshotels befinden – und voraussichtlich die eine oder andere
Leiche. Johann begann mit den Vorbereitungen zu seiner Flucht.
Er legte
ein Päckchen Streichhölzer, ein Taschenmesser, eine Packung Kekse, eine Wasserflasche
für Sportler und Taschentücher auf das Warenband der Kasse. Das sollte reichen,
um sich einige Tage im Wald zurechtzufinden. Zu Hause würde er noch Butterbrote
schmieren, eine Zahnbürste und warme Kleidung einpacken. Dann war er für die Wildnis
gerüstet. Zumindest soweit er das überblicken konnte. Er wollte sich durch die Tscheppaschlucht,
dann über den alten Loibl schlagen, um die Grenzstation zu umgehen. Es würde anstrengend
werden. Aber am Ende des Passes wartete in Slowenien ein neues Leben auf ihn, frei
von Mordanklagen und Gefängnis.
Verstohlen
sah Johann sich um, aber er konnte weder die Polizei noch Harald Moschik entdecken.
Die Verkleidung tat offenbar ihre Wirkung.
Er verließ
die Drogerie, schloss sein Rad auf und fuhr, nicht ohne weitere Vorsichtsmaßnahmen
zu treffen, nach Hause. Um etwaige Verfolger abzuschütteln, nahm er einen Umweg.
Wer wusste schon, hinter welchem Busch Harald Moschik steckte oder wo die Polizei
ihre Spione sitzen hatte.
»Wo warst
du denn so lange?«, überfiel ihn seine Mutter im Flur. Ihre Haare waren völlig zerzaust,
ihre Augen rot geweint und ihre Bluse hatte sie verkehrt herum zugeknöpft.
»Ist alles
in Ordnung? Ist irgendwas passiert?«
»Nein! Ja!«
Seine Mutter war komplett durcheinander. »Du kennst doch das Drama mit Martin. Und
dem Studienrat.«
»Martin
ist ausgerastet, weil du ihn für den Studienrat abserviert hast.«
»Genau.
Also Martin ist eh schon Geschichte.«
Wie recht
sie damit hatte.
»Der Studienrat?«,
fragte Johann.
»Ja, der
Studienrat Friedrichsen und ich, wir hatten gestern … und heute Früh …« Sie schluchzte
und Johann reichte ihr ein Taschentuch.
»Weißt du,
wir haben uns doch gerade erst kennengelernt, da hat man eben etwas öfter Sex.«
»Mutter,
bitte!« Das wollte Johann nun wirklich nicht hören.
»Entschuldige.
Aber das ist wichtig für die Geschichte. Wir haben heute Morgen miteinander geschlafen.«
Sie fing wieder an zu weinen.
»Und jetzt
willst du den Studienrat nicht mehr?« Johann wurde nicht schlau aus seiner Mutter.
Sie schüttelte den Kopf und schnäuzte sich.
»Viel schlimmer.«
Sie ging
zu ihrem Schlafzimmer und stieß die Tür auf. Ein Mann lag auf dem Bett. Sehr nackt
und sehr tot. Der Studienrat, nahm Johann an.
Johann seufzte
und setzte sich neben die Leiche.
Seine Mutter
verkroch sich im großen Sessel neben dem Bett und schluchzte: »Ich kann nichts dafür.
Ich hab überhaupt nichts gemacht!«
Johann legte
einen Arm um ihre Schultern und lächelte sie schief an.
»Ich weiß,
ich weiß, Mutter. So was passiert.« Dann krempelte er die Ärmel hoch.
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