Sauhaxn: Kriminalroman (German Edition)
Chancen auf einen guten Tag 135 aus. Tag 135 hatte genau so schlimm begonnen,
wie Tag 136 aufgehört hatte.
»Der Bauer
Moser und sein Schwein Hildegard.« Warum musste Huber ihn daran erinnern? Reichel
verfluchte das Pflichtbewusstsein seines Assistenten. Konnte er nicht einmal etwas
vergessen?
Nachdem
Reichel keine Ausrede parat hatte, musste er jetzt wohl oder übel in den sauren
Apfel beißen. Mürrisch stieg er neben Huber ins Auto.
»Der soll
das Tierheim anrufen, dieser Verrückte«, beschwerte Reichel sich. »Unser Drogenskandal
weitet sich immer mehr aus, der Gammelfleisch-Bachmaier ist tot oder auf der Flucht,
ganz zu schweigen von seiner zugedröhnten Dealer-Gattin, und dann kommt auch noch
dieser dämliche Bauer mit seinen Schweinen an!« Reichel drückte aufs Gas. Wenn er
sich schon darum kümmern musste, dann wollte er die unerfreuliche Befragung wenigstens
schnell hinter sich bringen. »Er sollte überhaupt besser auf sein Viehzeug aufpassen«,
meckerte er weiter. »Ist der Mann Bauer oder was? Der wird doch wohl wissen, wie
man mit Tieren umgeht.« Offenbar nicht, sonst würde er die Lendnitzer Polizei nicht
ständig auf Trab halten, korrigierte Reichel sich selbst.
Beim Bauernhaus
angekommen, marschierte Reichel mit großen Schritten auf die Haustür zu. Huber hielt
sich im Hintergrund.
Reichel
lauschte einen Moment und drückte kurz darauf die Klingel. Es war nichts zu hören,
weder vom Bauern noch von seiner Frau. Vor allem die Abwesenheit der lauten Frau
irritierte Reichel. Er wusste nicht, ob er erleichtert aufatmen oder alarmiert nach
ihrer Leiche suchen sollte. Der Streit beim letzten Mal war heftig gewesen. Er entschied
sich dennoch für das Aufatmen. Einen Mord im Bauernhaus konnte er zusätzlich zu
allen anderen Schwierigkeiten nicht auch noch gebrauchen.
»Ist Ihnen
aufgefallen, dass hier ständig jemand verschwindet?«, bemerkte Huber unvermittelt.
»Wie bitte?«
Reichel drückte erneut auf die Klingel. Der Bauer schien schwerhörig zu sein.
»Angefangen
hat es mit Elfriede, dem Schwein. Dann war Karl Bachmaier nicht aufzufinden, jetzt
haben wir einen verschwundenen Polizisten und ein weiteres entlaufenes Schwein.
Und die Bauersfrau …« Huber blickte sich um.
»Wird in
der Stadt sein, Einkäufe erledigen. Grüß Gott, Herr Moser.« Reichel wechselte schnell
das Thema, als der Bauer die Tür öffnete.
»Sie vermissen
ein Schwein, richtig?« Reichel war entschlossen, die Befragung kurz, knapp und sachlich
zu halten.
»Hildegard«,
heulte der Bauer auf. »Wos für a Unglück! Zerst Elfriede und jetzan a no de Hildegard.«
Er war offenbar entschlossen, die Befragung ausgedehnt, emotional und bizarr zu
halten. Reichel folgte ihm ins Wohnzimmer, wo Moser in einigen Unterlagen kramte.
»Sie brauchn
doch sicha a Beschreibung.« Er holte ein Fotoalbum hervor. »Des bin i mit da Hildegard
bei ihra Geburt.« Er gab das Foto an Huber, der eine Grimasse schnitt. »Des do ist
de Hildegard als stolze Muata. Ihr erster Wurf.«
»Mmmhh«,
brummte Reichel und nahm das Foto entgegen.
»Und do
is de Hildegard letzte Wochn im Hof. Sie hot imma so viel Spaß ghobt beim Umatolln.«
»Ja, das
ist hilfreich, Herr Moser.« Reichel gab dem Bauern das Foto zurück.
»Wissens,
se hot sich imma vernochlässigt gfühlt.« Moser wischte sich über die Augen. »Elfriede
woar mei Nummer ans, immer scho. I glaub, des hob i die Hilde amol zu oft spürn
lassn.« Traurig besah Moser das Fotoalbum.
»Ich verstehe«,
sagte Reichel, der überhaupt nichts verstand oder lieber nicht verstehen wollte.
»Wie ist
sie denn abgehauen? Ich meine, haben Sie vielleicht irgendwelche Anhaltspunkte?
Wo könnten wir zu suchen anfangen?«, griff Huber hilfreich ein.
Die Miene
des Bauern verfinsterte sich. »Und ob i des hob! Des verfluchte Miststück, mit dem
i verheirat bin. Sie hot scho wieder net aufpasst. Und wenn i diesen Bersch in die
Finger kriag, der des Tor aufgmocht hot, dem Gnade Gott!«
»Herr Moser,
Sie sollten besser keine Drohungen gegen andere Personen in Gegenwart von Polizisten
aussprechen.«
»Recht hobts.«
Der Bauer sackte in sich zusammen. »Oba Elfriede, mei Augenweide, und Hildegard,
mei Sonnenschein. Bade fort.« Schluchzend schlug er sich die Hände vor das Gesicht.
Reichel
hörte, wie die Haustür aufgeschlossen wurde und jemand hereinkam.
Der Bauer
sprang auf. »Du brauchst di hier goar net mehr blickn lossn!« Er lief in den Flur,
wo er von seiner Frau ebenso freundlich begrüßt
Weitere Kostenlose Bücher