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Saukalt

Saukalt

Titel: Saukalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Feifar
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ziemliche Finsterlinge mit
erschreckend wenig Humor. Hinter vorgehaltener Hand mutmaßten die Leute im Ort,
dass die Burschen viel zu wenig Hirn hatten, um einen Witz zu verstehen. Laut
traute sich das aber keiner sagen. Insgesamt gesehen kann ich dir nicht
eindeutig beantworten, welche der beiden Familien die schlimmere war. Dafür gab
es einfach nicht genügend Unterschiede zwischen ihnen. Es braucht dich also gar
nicht so sehr zu wundern, dass diese Familien automatisch an so ziemlich allem
schuld waren, was so passierte. Mit Ausnahme vom Wetter vielleicht. Aber
vielleicht gab es sogar Bewohner, die eine Schlechtwetterperiode auf einen
Zigeunerfluch der Familie Fellner zurückgeführten. Hinterrücks gebrauchten die
Tratschener immer nur Ausdrücke wie Gesindel, Reitermacher, Verbrecher,
Saubande oder ähnliches, wenn sie über die beiden Familien redeten. Aber immer
schön leise, damit es ja kein Falscher hörte. Andernfalls konnte es schon
vorkommen, dass es ein paar aufs Maul gab. Und weil das alles halt so gewesen
ist, war keiner traurig über die Tatsache, dass sich die Mitglieder dieser
Familien eher selten im Ort blicken ließen. Mit Ausnahme vom Fellner Fritz
vielleicht. Den trieb seine Trunksucht dann doch des Öfteren in eines der
Wirtshäuser im Ort. Keiner der Wirte verjagte ihn allerdings, weil er meistens
Geld zum Versaufen hatte. Und wie du weißt, stinkt Geld nicht. Auch dann nicht,
wenn es sein Besitzer tut. Das war damals auf dem Land auch nicht anders. Wer
zahlt, schafft an. Aber wie dem auch sei. Jedenfalls war auch der Strobel nicht
vorurteilsfrei und äußerte gleich den Verdacht, dass der Täter aus einer der
beiden Familien stammen könnte. Das traute er diesen Leuten allemal zu. Eine
Aussage, die ihm gleich eine verbale Ohrfeige von Hochwürden einbrachte. Der
Römer war nämlich schon ein bisschen enttäuscht vom Strobel, weil der, so ganz,
ohne lange nachzudenken, jemanden verdächtigte, nur weil dessen Ruf schlecht
war. Und genau das sagte der Herr Pfarrer jetzt auch. Da schaute der Strobel
schuldbewusst auf den Boden und kratzte sich verlegen am Kinn. Als der Römer
dann auch noch meinte, dass gerade der Strobel in seiner Funktion als Hüter des
Gesetzes sich nicht von Vorurteilen leiten lassen dürfe, beschloss er, alle
weiteren Verdächtigungen für sich zu behalten. Auf eine Grundsatzdiskussion mit
dem Kirchenhirten wollte er sich nicht einlassen. Insgeheim nahm er sich
trotzdem vor, in den nächsten Tagen zum Hof der Familie Fellner zu fahren und
dort einmal nachzufragen. Und auch um den Brauneisclan wollte er sich kümmern.
Für den weiteren Verlauf des Abends kam es ihm jedenfalls klüger vor, sich
entweder ganz und gar dem Vivaldi zu widmen oder das Thema zu wechseln. Sein
Freund war offenbar der gleichen Meinung. Nach einer kurzen Schweigeperiode
sprach er den Strobel auf den Zeitungsartikel über die tote Frau am Donauufer
an. Solche Dinge interessierten Hochwürden immer brennend. Weil bei all seiner
Frömmigkeit waren die Abgründe der menschlichen Seele unglaublich spannend für
ihn. Oder vielleicht gerade wegen seiner Tätigkeit. Weil im Grunde kann es
nicht schaden, wenn du dich als Pfarrer auch mit den bösen Menschen
auseinandersetzt. Vor allem in Zeiten wie diesen, in denen es immer schwieriger
wird, die Guten eindeutig von den Bösen zu unterscheiden. Von daher redete er
sehr gern mit dem Strobel über alle möglichen Kriminalfälle. In diesem Fall
wusste aber weder er noch der Postenkommandant mehr, als in der Zeitung stand.
Darum konnten sie auch nur spekulieren, was da passiert sein könnte. Mord,
Selbstmord oder ein Unfall? Alles war in diesem Fall möglich. Da konnte der
Pfarrer Römer seiner Fantasie freien Lauf lassen und alle möglichen Theorien
zum besten geben. Ein paar gute und ein paar weniger gute. Der Strobel gab zu
jeder einzelnen seinen Fachkommentar ab. Auf diese Weise verrannen vier
Flaschen Wein genauso schnell, wie die Zeit. Der Vivaldi, der schon zum vierten
oder fünften Mal den Sommer angekündigt hatte, wurde dabei zur Nebensache. Weil
er aber sowieso nicht persönlich anwesend war, um zu dirigieren, war das
vollkommen egal. Kurz vor drei Uhr früh machte sich der Strobel schließlich mit
dem gelallten Versprechen, sich um den Opferstockräuber kümmern zu wollen, auf
den Heimweg. Ein ziemlich kaltes Vergnügen, das ihn zumindest ein klein wenig
ernüchterte. Großartige Kosmetik vor dem Schlafengehen sparte sich der
Ordnungshüter

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