Saukalt
So geschwitzt hatte der Strobel in seinem ganzen
Leben noch nicht. Schon gar nicht im Winter. Die Sache mit dem zerfledderten
Hosenbein ließ sich leider nicht so einfach aus der Welt schaffen, weil der
Strobel nur zwei Uniformhosen hatte, und eine davon zum Waschen bei der Frau
Doktor lag. Die Aussicht, in den nächsten Tagen mit einer zerrissenen Hose
herumlaufen zu müssen, hob seine Laune nicht gerade. Deshalb brauchte er eine
kleine Pause, um sich vor dem Gespräch mit dem Jungspund erst einmal zu
beruhigen. Im Moment hatte er nämlich gute Lust, dem Pfaffi den Kopf
abzureißen. Die Herumballerei nahm er ihm ganz schön übel. So eine Aktion hätte
es nach der Meinung vom Strobel nicht gebraucht. Er wollte sich gar nicht
vorstellen, was gewesen wäre, wenn der Pfaffi den Hund getroffen hätte. Bei dem
Theater, das die drei Besoffenen wegen dem alten Blumentopf gemacht hatten,
wäre es bei einem toten Hund wahrscheinlich ganz schön rund gegangen. Als er
dann auf die Dienststelle zurückkam, war der Pfaffi schon da und schaute
ziemlich schuldbewusst drein. Das war auch sein Glück. Weil so richtig beruhigt
hatte sich der Strobel noch immer nicht. Aber weil der Pfaffi halt gar so
unglücklich schaute, fiel die Standpauke relativ harmlos aus. Unterm Strich
sagte ihm sein Chef nur, dass er ihm die Waffe wegnehmen würde, wenn er sie
noch einmal wegen so einem Scheiß benutzten sollte, und dass er in den nächsten
Tagen zur Fellner Oma gehen und sich entschuldigen müsse. Mit eifrigem Kopfnicken
akzeptierte der Pfaffi seine Strafe und murmelte eine Entschuldigung. Der Berti
beobachtete das Schauspiel grinsend und fragte seinen Chef ganz harmlos, ob er
wisse, dass seine Hose zerrissen ist. Das brachte ihm einen derart
vernichtenden Blick ein, dass er sich schnell über seinen Schreibtisch beugte
und so tat, als würde er etwas lesen, das seine ganze Aufmerksamkeit
erforderte. Der Rest des Tages verlief dann weitgehend schweigend. Weil so ganz
wollte sich die Laune vom Strobel doch nicht bessern. Und sowohl der Berti, als
auch der Pfaffi kannten ihren Chef gut genug um zu wissen, dass es besser war,
ihn einfach in Ruhe zu lassen. Erst am späten Nachmittag kam noch einmal
Bewegung in den Tag. Der Setzer aus Albersdorf rief an und meldete einen Einbruch
in seinen Weinkeller. Ohne dass der Strobel irgendwas sagen musste, fuhren der
Berti und der Pfaffi zum Tatort. Ich glaube, die beiden waren ziemlich froh,
für eine Weile von ihrem mürrischen Chef wegzukommen. Weil wenn du im Büro
hockst, nichts zu tun hast und nicht einmal mit jemandem reden kannst, dann
wird so ein Tag ganz schön lang. Der Strobel blieb alleine zurück und fing an,
sich geistig auf seinen Feierabend vorzubereiten.
6
Wesentlich besser aufgelegt,
weil er länger geschlafen und vor allem am gestrigen Abend noch mit seiner Frau
Doktor telefoniert hatte, erschien der Strobel tags darauf, um den Berti
abzulösen. Weil dessen Nachtdienst absolut ruhig verlaufen war, gab es nicht
viel zu bereden, und der Berti dampfte sehr bald ab. Kurz darauf marschierte
der Pfaffi mit einem Sack voll frischer Topfengolatschen zur Tür herein. Er
legte seinen Mantel ab, ging zielstrebig zur Kaffeemaschine, um Kaffee zu
kochen, stellte zwei frische Tassen und die Zuckerdose auf den Tisch, polierte
zwei Kaffeelöffel und holte die Milch aus dem Kühlschrank. Vielleicht denkst du
jetzt, dass der Jungspund ein ganz schöner Arschkriecher gewesen ist. Und
vielleicht hast du damit sogar recht. Aber er wusste es halt nicht besser. Was
sich der Strobel dachte, während er die ganze Prozedur beobachtete, weiß
niemand. Schweigend verfolgte er jeden Handgriff. Erst als der Pfaffi fertig
war fragte er ihn, ob er vielleicht zur Wahl der Sekretärin des Jahres antreten
wolle. Eine Art von Humor, die der junge Mann normalerweise nicht mochte. Aber
an diesem Tag ließ er sich davon nicht aus der Ruhe bringen, sondern grinste
seinen Chef nur an. Ich muss allerdings dazu sagen, dass der Strobel das nicht
böse gemeint hat. Im Gegenteil. Aus seiner Sicht war in dem Satz eine Menge Lob
versteckt. Weil zur Sekretärin des Jahres wirst du ja nicht einfach so gewählt.
Da musst du deine Sache schon wirklich gut machen. So gesehen also voll das
Kompliment für den jungen Inspektor. Ausnahmsweise gelang dem Pfaffi der Kaffee
an diesem Morgen, im Verhältnis zu seinen sonstigen Braukünsten, ganz gut, und
die Topfengolatschen waren noch lauwarm und überaus köstlich. Ein Frühstück
ganz
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