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Saukalt

Saukalt

Titel: Saukalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Feifar
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Brustansatz zeigte. So gesehen hatte der göttliche
Handel durchaus etwas Vorteilhaftes für sie. Ab ihrem 16. Geburtstag zog sie sich immer
sehr figurbetont an, die Traude. Von den Männern erntete sie dafür
anerkennende, teils sogar schmachtende Blicke und Komplimente. Bei den Frauen
im Ort funktionierte das allerdings nicht so gut. Die zeigten sich der Traude
gegenüber nicht so freundlich, sondern zogen vor allem hinter ihrem Rücken arg
über sie her. Einige sagten sogar, dass sie immer daher komme wie eine
Bordsteinschwalbe. Du weißt schon, was ich meine. Wie eine Hure halt. Eventuell
auch deshalb, weil sie immer relativ stark geschminkt war. Vielleicht kam es zu
dieser Aussage aber auch nur durch diese Stutenbissigkeit, die bei weiblichen
Vergleichskämpfen öfter einmal die Oberhand gewinnt. Wer weiß? Ist ja auch
nicht wichtig. Ein Wunder war es aber nicht, dass die Frauen so über sie
redeten, weil die Traude zwischen den biederen Hausfrauen des Ortes, die du
meistens nur in ihren nicht gerade kleidsamen, sackähnlichen Kleiderschürzen zu
sehen gekriegt hast, auffiel wie der sprichwörtliche bunte Hund. Aber diese
Frauen mussten schließlich hart arbeiten und nebenbei ihre Kinder erziehen. Da
hätten sie gar keine Gelegenheit gehabt, sich unter der Woche besonders schön
herzurichten. Das sparten sie sich für die Feste und Feiertage auf. Die Traude
musste weder besonders hart arbeiten, noch hatte sie Kinder. Genau genommen gab
es nicht einmal einen fixen Mann in ihrem Leben. Ich meine, ich bin ganz
sicher, dass viele Männer beim Anblick der kurzberockten Maid mit ihren oft
spärlich bedeckten Brüsten, ihrer Fantasie freien Lauf ließen. Gemacht hat aber
keiner was. Zum einen aus Angst davor, erwischt zu werden und es der Ehefrau
erklären zu müssen. Zum anderen, weil die Traude in Wirklichkeit halt viel
besser war, als ihr Ruf vermuten ließ. Weil niemals hätte sie sich mit einem
verheirateten Mann eingelassen. Dass sie diesbezüglich eine Moral hatte wie ein
Goldhamster, war nämlich nichts weiter als ein böses Gerücht. In die Welt
gesetzt von ihren erklärten Feindinnen. Aber einmal ehrlich, warum sollte es
damals anders gewesen sein als heute? Nämlich so, dass Menschen immer zuerst
nach dem beurteilt werden, wie sie aussehen. Und damals genau wie heute,
spielte es auch nicht immer eine Rolle, wie gut man diese Person tatsächlich
kannte, über die man ein schlechtes Urteil fällte. Einmal als Luder verschrien,
wurde das arme Mädel halt auch immer als solches gesehen. Eine Nachrede, die du
dir in einem so kleinen Ort nicht unbedingt verdienen musst, die du dafür aber
meistens nie wieder loswirst. Ich meine, eine Heilige war sie deswegen auch
nicht. Weil was die ledigen Burschen anging, hätte sie sicherlich ein ganzes
Buch mit Erfahrungsberichten und Qualitätsbeurteilungen füllen können. So
gesehen ist es keine Übertreibung, wenn ich dir sage, dass die Traude ein
Flankerl war, wie der Volksmund oft Frauen nennt, die er nicht direkt als
Schlampe bezeichnen will. Dass sie trotz einiger Bemühungen keinen festen
Freund hatte, lag vielleicht daran, dass Sex alleine auf Dauer nicht
ausreichte, um eine glückliche Beziehung zu führen. Will heißen, dass immer
irgendwann der Punkt kam, an dem ihr jeweiliger Verehrer merkte, dass hinter
ihrer glatten Stirn so etwas wie ein Vakuum herrschte und die Flucht ergriff.
Wie lange das dauerte, hing immer nur davon ab, wie helle der Betreffende
selber war. Weil auch bei den Burschen gab es einige, die es gerade einmal so
durch die Schulzeit geschafft hatten. Ob die hübsche Traude unglücklich war,
weil sie keinen Mann finden konnte, kann ich dir nicht sagen. Das tut aber in
Wirklichkeit auch überhaupt nichts zur Sache. Ich muss aber erwähnen, dass sie
ein unheimlich gewinnendes Lächeln hatte, von dem sie ganz genau wusste, wann
sie es einsetzen musste. Weil wenn du nichts Gescheites zu sagen hast,
verhindert ein freundliches Lächeln oft, dass du unter die Räder kommst. So ist
das eben. Genau wie die Geschichte mit dem Gesicht und den Beinen. Der Opa vom
Strobel kommentierte die Erfindung des Minirocks so: »Wennst ein hässliches
Gesicht hast, musst viel Bein zeigen.« Sei’s drum. Dem Ordnungshüter entging
natürlich auch nicht, dass die Traude eine Hübsche war. Und das Lächeln, das
sie ihm jetzt schenkte, gefiel ihm auch. Trotzdem bemerkte er gleich, dass
genau dieses Lächeln nicht echt war. Ihre Augen waren es, die sie verrieten.
Die

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