Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saukalt

Saukalt

Titel: Saukalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Feifar
Vom Netzwerk:
dass der Doktor Hammerschlager fast zwei Meter groß und
ungefähr 130 Kilo schwer war. Eine imposante Erscheinung quasi. Wäre da seine
fürchterlich schrille Stimme nicht gewesen. Weil genau diese Stimme hielt der
Strobel in seinem Dusel für das Geräusch einer Kreissäge. Eine
Fehleinschätzung, die ihm erst klar wurde, als der Arzt auch noch dazu
überging, seine Wangen zu tätscheln. Trotz allem dauerte es eine kleine Weile,
bis das Strobel’sche Hirn den Betrieb wieder halbwegs aufnehmen konnte. Da
wurde er allerdings schlagartig grantig. Er stieß die Hand mit dem Riechsalz
weg und versuchte sich aufzurichten. Und siehst du, da musste er gleich einmal
lernen, dass sich solcherart zur Schau gestellter Unmut überhaupt nicht
auszahlt. Der liebe Gott schickte ihm nämlich, wahrscheinlich als Strafe für
sein schlechtes Benehmen gegenüber seinem Helfer, einen stechenden Schmerz, der
ihm vom Hirn bis in die Zehenspitzen fuhr. Da legte er sich lieber gleich
wieder hin und konzentrierte sich aufs Stöhnen. Das hilft fast immer, wenn was
weh tut. Und beleidigen tust du damit auch keinen. Da bekommst du höchstens
eine große Portion Mitleid. Genau das bekam der Strobel jetzt auch. Zwar nicht
vom Doktor Hammerschlager, weil der mit dem Zusammenklauben vom Riechsalz
beschäftigt war, aber dafür von der Traude. Der schaute nämlich neben der Sorge
auch das schlechte Gewissen bei den Augen heraus. Das hast du gar nicht
übersehen können. Der Strobel hat’s natürlich trotzdem nicht gesehen, weil er
die Augen ganz fest zu hatte. Aber wie dem auch sei. Eine gute halbe Stunde
später saß er schließlich mit einem Glas Wasser vor sich und zwei Schmerztabletten
in der Hand auf einem der Barhocker und versuchte vergeblich, die bunten
Lichter, die er immer noch sah, zu einem hübschen Regenbogen zu ordnen. Die
Frau Wirtin stand hinter der Schank und beobachtete ihn dabei, ohne auch nur
ein einziges Wort zu sagen. Drei Schnäpse hatte die Gute schon intus und den
vierten gerade in Arbeit. Alkohol half nämlich ziemlich gut gegen ihr Zittern.
Das war jetzt schon fast gar nicht mehr zu bemerken. Der Strobel wollte die
beiden Tabletten in den Mund stecken, musste aber feststellen, dass sein Kiefer
gehörig unter der Sache gelitten hatte. Er konnte den Mund gerade einmal so
weit aufmachen, um die Tabletten zwischen den Zähnen hindurchzuschieben. Das
Wasserglas leerte er auf einen Zug. Noch immer war es ihm unmöglich, einen
klaren Gedanken zu fassen oder etwas Geistreiches zu sagen. Auf einmal war es
die Traude, die das Schweigen anscheinend nicht mehr aushielt und mit
weinerlich klingender Stimme versicherte, dass sie nicht gewollt habe, dass so
etwas passiert. Umständlich erklärte sie dem Strobel, dass ihr Freund halt so
furchtbar eifersüchtig sei und immer gleich ausraste, wenn er meinte, dass sie
von irgendjemand belästigt oder gar angebraten wurde. Während sie redete
kullerten ihr doch tatsächlich ein paar Tränen über die Wangen. Um dem Strobel
in seiner Not so etwas wie Mitleid oder gar Verständnis abzuringen, hätte es
aber deutlich mehr gebraucht. Da wären wahre Niagarafälle notwendig gewesen, so
vertieft wie der Mann in sein Selbstmitleid war. Nach und nach lösten sich die
bunten Lichter vor seinen Augen auf, und er wurde immer klarer im Kopf. Und was
immer ihm der Doktor Hammerschlager da für Tabletten gegeben hatte, sie taten
ihre Wirkung. So ist es halt gekommen, dass der Gendarm sich fast so gut wie
neu fühlte. Bis auf die dumpfen Kopfschmerzen, die im hintersten Winkel seines
durchgeschüttelten Hirns auf ihren nächsten großen Auftritt lauerten. Streng
schaute er der Traude ins Gesicht und fragte sie, woher sie diesen Pavel
eigentlich kannte, weil der, von seinem Akzent her, offenbar nicht aus der
Gegend, sondern sogar aus dem Ausland war. Die Traude schaute möglichst
treuherzig drein und erzählte, dass der Mann aus Polen stammte und sie ihn hier
im Lokal kennen und lieben gelernt hatte. Weil zu ihr, wie sie dem Strobel
versicherte, war der Pavel immer sehr charmant und zuvorkommend gewesen. Nur
ein bisschen eifersüchtig und impulsiv war er halt, wenn es um mögliche
Konkurrenten ging. Die ganze Angelegenheit, so beteuerte sie, sei nichts weiter
als ein tragisches Missverständnis gewesen. Der Pavel hätte den Strobel nämlich
niemals geschlagen, wenn er gewusst hätte, wen er da vor sich hatte. Das war so
ziemlich der einzige Satz, den ihr der Strobel abkaufte. Weil die Geschichte
vom

Weitere Kostenlose Bücher