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Saukalt

Saukalt

Titel: Saukalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Feifar
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wieder da war, weil es sicher nicht
ungestraft bleiben konnte, dass er ihm fast den Kiefer gebrochen hatte. Die
Traude ihrerseits versprach hoch und heilig, dem Pavel das auszurichten und
beteuerte noch einmal, wie leid ihr die ganze Sache tat und wünschte ihm eine
gute Besserung. Zumindest das klang ehrlich. Draußen vor der Tür ließ der
Strobel seinen Blick über den inzwischen völlig leeren Parkplatz schweifen und
überlegte sich, dass es schon sehr komisch war, dass alle Leute auf und davon
gestürmt waren, anstatt, wie sonst im Dorf üblich, sich das sensationelle
Schauspiel in voller Länge zu geben, um es dann am nächsten Tag weitererzählen
zu können. Überhaupt kamen ihm die Vorgänge im ›Hexenwinkel‹ suspekt vor. In
der Kälte meldete sich aber dann sein Kiefer derart stark zu Wort, dass er
keine weiteren Gedanken mehr an die Sache verschwendete, sondern nur mehr nach
Hause wollte. Insgeheim hoffte er, dass in seinem Gesicht am nächsten Tag keine
Spuren sichtbar sein würden. Er wollte nicht unbedingt jedem erzählen müssen,
was passiert war.

13
     
    Weder sein Kiefer noch sein
Gesicht taten ihm am nächsten Morgen den Gefallen, sich unauffällig zu
verhalten. Gleich nach dem Aufwachen teilte ihm der Kiefer unmissverständlich
mit, dass er nicht bereit war, die rüde Behandlung vom Vorabend einfach so zu
vergessen. Der Badezimmerspiegel präsentierte ihm dann einen ziemlich
veränderten Strobel. Seine linke Gesichtshälfte war deutlich geschwollen und
schwarzblau verfärbt. Im Grunde sah sie genauso aus, wie sie sich anfühlte. Bei
diesem Anblick wurden ihm zwei Dinge klar. Erstens: er hatte nicht geträumt.
Und zweitens: er würde wohl nicht darum herumkommen, seine Niederlage vor
seinen Kollegen einzugestehen. Damit war der Reigen neuer Erkenntnisse
allerdings noch nicht geschlossen. Als Nächstes musste er nämlich zur Kenntnis
nehmen, dass er sich die Zähne nicht putzen konnte, weil er den Mund nicht weit
genug aufbrachte. Und mit dem Waschen war das auch so eine Sache. Berührungen
wollte sein Gesicht nämlich gar nicht. Daher musste sich der Mann mit einem
Mindestmaß an Kosmetik zufrieden geben. Anstelle des Frühstücks warf er sich
zwei Tabletten gegen die Schmerzen ein und spülte sie mit ein paar Schlucken
vorsichtig durch die Zähne gesaugten Kaffees hinunter. Erst draußen vor dem
Haus merkte er, dass er seinen Schal offenbar im ›Hexenwinkel‹ vergessen hatte.
Unglaublich, was einem so alles passieren konnte, wenn man eine auf die
Schnauze bekam. Wieder war es der Ostwind, der den ohnehin schon saukalten
Morgen noch viel kälter machte. Zu seinem Leidwesen konnte er ohne Schal sein
Gesicht nicht ausreichend vor der Kälte schützen. Der in seinem Stolz gekränkte
Strobel ärgerte sich unheimlich über sich selbst. Nicht nur, weil er den Schal
vergessen hatte, sondern auch, weil er auf die blöde Idee gekommen war, alleine
in den ›Hexenwinkel‹ zu fahren. Hätte er nämlich den Berti oder den Pfaffi
mitgenommen, wäre ihm die Sache mit dem Pavel sicher nicht passiert. Auch
nicht, wenn er zumindest seine Uniform angelassen hätte. Das ganze »hätte ich –
wäre ich« war im Nachhinein allerdings völlig nutzlos. Das Lamentieren half
noch nicht einmal gegen die Schmerzen. Seinem Mannesstolz brachte es auch
nichts ein. Einzig der Fußmarsch zur Dienststelle kam ihm auf diese Art nicht
ganz so lang vor. Die Reaktionen seiner Kollegen fielen genauso aus, wie er
befürchtet hatte. Sofort wollten sie wissen, wie er zu einer solchen Schwellung
im Gesicht kam. Zuerst überlegte er sich kurz, die beiden anzulügen und zu
erzählen, dass er die Treppe hinuntergefallen war, verwarf diesen Gedanken aber
gleich wieder. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie irgendwann die Wahrheit
erfahren würden war doch sehr hoch. Also erzählte er in kurzen, knappen Worten,
was sich am vorigen Abend im ›Hexenwinkel‹ abgespielt hatte. Auf die Kommentare
der beiden und ihre Fragen reagierte er danach aber nicht mehr. Und weil sie
ihren Chef gut genug kannten wussten sie, dass es keinen Sinn haben würde, ihn
weiter auszufragen. Daher wechselte der Berti das Thema und ging dazu über,
seinem Chef von einem weiteren Kellereinbruch zu erzählen, der angezeigt worden
war. Diesmal hatte es die Familie Thaler erwischt. Der Strobel hörte gar nicht
richtig zu, weil er viel zu sehr mit sich selber beschäftigt war. Außerdem,
Ordnungshüter hin oder her, interessierte ihn der Einbruch im Moment auch

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