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Saure Milch (German Edition)

Saure Milch (German Edition)

Titel: Saure Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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immer jünger wurden, denn
da trat Böckl auf den Plan. Böckl hatte längst mitbekommen, wozu Meiser
regelmäßig über die Grenze fuhr. Bald kam er auch hinter Meisers neueste
Passion und nahm ihn deswegen ins Gebet. Aber Meiser konnte nicht mehr zurück.
Er wollte nur noch die ganz Jungen, zwölf Jahre alt, höchstens dreizehn.
    Böckl hat Meiser immer wieder Vorhaltungen gemacht, aber auffliegen
lassen hätte er ihn wohl nicht.
    Dann kam Mirza auf den Klein-Hof, und sie hatte sehr schnell heraus,
welche Schandtaten Meiser in Tschechien drüben beging. Frau Meiser meint, Böckl
hätte es Mirza gesteckt, aber ich glaube, das musste er gar nicht.
    Mirza hat Meiser gedroht, allen in Erlenweiler zu erzählen, was er
da trieb. Sie muss ihn kräftig unter Druck gesetzt haben. Und eines war Meiser
klar: Mit Böckl im Rücken hätte sie ihn fertigmachen können.
    Von einer tschechischen Schlampe wollte sich aber Meiser noch lange
nicht einschüchtern lassen. Er würde ihr schon beikommen, hat er wohl gedacht.
Um freie Hand zu haben, sorgte Meiser als Erstes dafür, seine Frau gefügig zu
halten. Er hat ihr eingeredet, Mirza wolle alles daran setzen, ihn ins
Gefängnis zu bringen, egal ob er noch einmal über die Grenze fahren würde oder
nicht. Dann, sagte Meiser zu seiner Frau, hat auch deine letzte Stunde
geschlagen im idyllischen Erlenweiler. Wenn ich nicht mehr da bin, stecken sie
dich von heute auf morgen in die Psychiatrische, und da bleibst du auch, weil
du einen Entzug sowieso nicht durchstehst.«
    »Mein Gott«, stöhnte Fanni, »die arme Frau Meiser! Ihr Mann hat ihre
Abhängigkeit ausgenutzt, anstatt ihr zu helfen. Und was haben wir Nachbarn
getan? Wir haben gegrinst und gefeixt, wenn sie die gleiche Geschichte
innerhalb einer Viertelstunde zum dritten Mal erzählt hat. Wir sind auch nicht
besser.«
    »Was hättet ihr denn tun sollen, Fanni?«, widersprach Sprudel. »Frau
Meiser gewaltsam zu den Anonymen Alkoholikern schleppen?«
    Fanni antwortete nicht, und Sprudel setzte seinen Bericht fort.
»Meiser fasste den Plan, Mirza mit gleichen Waffen zu schlagen. Es musste doch
etwas aufzustöbern sein, das ihr schwer schadete, wenn es publik würde. Damit
konnte er ihr den Mund stopfen!
    Erstaunlicherweise hielt Meiser sein Vorhaben für aussichtsreich. Er
hätte sich eigentlich denken können, dass eine, die bekanntermaßen vom
Straßenstrich kommt, an Ruf kaum mehr was verlieren kann. Wie auch immer,
Meiser begann damit, Informationen über Mirza zusammenzutragen. Er ist sogar in
der baufälligen Hütte an der Straße zwischen Brezi und Cachrov aufgetaucht, wo
Mirzas Mutter auf dem Sofa in der Wohnstube dahinsiecht. Meiser hat sie allein
dort angetroffen und gleich die Gelegenheit genutzt, sämtliche Schubladen zu
durchsuchen und alles an Unterlagen mitzunehmen, was ihm brauchbar erschien.
    Zu Hause hat Meiser ein Dossier über Mirza angelegt, und weil er
schon dabei war, auch eines über Böckl und über diesen und jenen Nachbarn. Ich
wusste gar nicht, dass du so eine Langschläferin bist, Fanni.«
    »Meiser ist ein Psychopath!«, regte sich Fanni auf. »Pädophil,
paranoid, sadistisch!«
    »Möglich«, gab Sprudel zu. »Ich hoffe, das bewahrt ihn nicht vor der
Gefängnisstrafe.«
    Sprudel klaubte eine dicke gelbe Raupe von seinem Hemdärmel und
erzählte weiter. »Am Mittwoch, dem 8. Juni, ist Meiser
gegen Abend zum Klein-Hof hinaufgegangen. Er hat dort gewartet, bis Mirza
allein in der Milchkammer war, und hat dann zu ihr gesagt, sie beide hätten
miteinander zu reden, privat.
    Meiser gab sich vermutlich recht konziliant, denn Mirza hat sich
bereit erklärt, zu ihm zu kommen. Sie hatte am kommenden Tag um elf Uhr einen
Termin beim Zahnarzt, und davor wollte sie bei Meiser vorbeischauen.
    Mirza hat am Donnerstag gegen zehn Uhr Meisers Haus betreten. Meiser
und Mirza haben sich an den Küchentisch gesetzt. Und Meiser war überhaupt nicht
mehr konziliant. Er kam Mirza mit alten und neuen Geschichten über ihren Bruder
Karel und redete von den Anzeigen, die Karel am Hals hat. Mein Schweigen gegen
das deine, sagte er. Mirza hat bloß gelacht.
    Nein«, kam Sprudel Fannis Frage zuvor, »Frau Meiser war bei dem
Gespräch nicht persönlich dabei. Sie hat hinter der Tür gelauscht.
    Weil sich Karel als Reinfall erwies«, berichtete Sprudel weiter,
»fuhr Meiser noch ein paar andere Geschütze auf. Mirzas Schwestern auf dem
Straßenstrich, Mirzas Mutter krank und allein in dieser Bruchbude, Mirzas
Tante, Besitzerin eines

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