saved by an Angel
Handtasche und hastete aus dem Haus.
Sie kämpfte gegen die Tränen an. Gregory sollte später keine Geschichten zu hören bekommen, wie aufgelöst sie gewesen war. Wieder fielen ihr Philips Worte ein: »Er kann riechen, wenn du Angst hast.«
Mittlerweile hatte Ivy sogar Todesangst - um sich und ihre Freundin. Sie konnten jederzeit über eines von Gregorys Geheimnissen stolpern. Und er war seiner selbst so sicher und größenwahnsinnig genug, um sich einzubilden, er käme damit durch: nicht nur sie zum Schweigen zu bringen, sondern auch Suzanne, Will und Beth.
Ivy lief zügig die Lantern Road hinunter. Die Häuser in Suzannes Wohnviertel standen weit auseinander und es gab keine Gehwege. Bis zur Kreuzung war es fast noch ein Kilometer im Dunkeln, in die Stadt selbst noch einmal anderthalb. Nur der blassgelbe Mond spendete etwas Licht.
»Engel, bleibt bei mir«, betete Ivy.
Sie hatte ungefähr ein Drittel der Strecke hinter sich, als die Scheinwerfer eines Wagens hinter ihr aufleuchteten. Schnell trat sie von der Straße und duckte sich hinter einige Büsche. Der Wagen fuhr noch ein paar Meter, schließlich hielt er an. Ivy kroch rasch tiefer in die Büsche. Plötzlich schaltete der Fahrer seine grellen Scheinwerfer aus und sie konnte im Mondschein den Umriss des Wagens erkennen: ein Honda. Wills Wagen.
Er stieg aus und blickte sich um. »Ivy?«
Am liebsten wäre sie aus den Büschen und in seine Arme gerannt, aber sie beherrschte sich.
»Ivy, wenn du hier bist, gib mir ein Zeichen. Sag mir, dass mit dir alles in Ordnung ist.«
Ihre Gedanken überschlugen sich. Was konnte sie ihm erzählen, ohne die gefährliche Wahrheit auszuplaudern?
»Antworte mir. Alles in Ordnung? Lacey hat mir gesagt, dass du in Schwierigkeiten bist. Sag mir, ob ich dir irgendwie helfen kann.«
Selbst im schwachen Mondlicht konnte sie die Besorgnis auf seinem Gesicht erkennen. Sie hätte sich ihm gern anvertraut und ihm alles erzählt. Sie wollte zu ihm laufen und fühlen, wie sich seine Arme um sie schlangen und für einen Moment beschützten. Doch um seinetwillen durfte sie es nicht tun - das wusste sie. Ihre Augen brannten. Sie blinzelte ein paarmal, dann trat sie aus dem Dunkeln auf die Straße. »Ivy«, flüsterte er ihren Namen.
»Ich - ich war auf dem Heimweg«, erklärte sie.
Er deutete auf die Büsche hinter ihr. »Ist das eine Abkürzung?«
»Kannst du mich vielleicht heimfahren?«, fragte sie leise.
Er betrachtete einen Augenblick lang ihr Gesicht, dann öffnete er ihr schweigend die Wagentür. Als er die Tür zuschlug, lehnte sich Ivy dagegen und ein Gefühl von Sicherheit überkam sie. Bis sie in dem Haus auf dem Berg ankam, würde ihr nichts passieren.
Will stieg auf der Fahrerseite ein. »Willst du wirklich nach Hause?«, erkundigte er sich.
Irgendwann musste sie dorthin zurück. Sie nickte, aber er ließ den Motor nicht an.
»Ivy, vor wem hast du Angst?«
Sie zuckte mit den Schultern und sah auf ihre Hände. »Ich weiß nicht.«
Will legte seine Hand auf ihre. Sie drehte sie herum und betrachtete die kleinen Flecken von Ölfarbe, die dem Terpentinlappen entgangen waren. Ivy konnte sich Wills Hände mit geschlossenen Augen vorstellen. Sie mit ihren verschlungen zu spüren, gab ihr ein Gefühl von Stärke.
»Ich will dir helfen«, sagte er, »aber das kann ich nur, wenn ich weiß, was hier eigentlich gespielt wird.«
Ivy wandte ihr Gesicht ab.
»Du musst mir sagen, was los ist«, beharrte er.
»Ich kann nicht, Will.«
»Was ist in jener Nacht auf dem Bahnhof passiert?«, bohrte er.
Sie gab ihm keine Antwort.
»Du musst dich an etwas erinnern. Du musst ungefähr wissen, was du gesehen hast. War noch jemand dort? Warum hast du versucht, über die Gleise zu laufen?«
Sie schüttelte den Kopf und schwieg.
»In Ordnung«, meinte er resigniert. »Dann hab ich nur noch eine Frage an dich. Bist du in Gregory verliebt?«
Die Frage traf Ivy unvorbereitet und sie drehte sich schnell zu ihm. Will sah ihr in die Augen. Er betrachtete eindringlich ihr Gesicht. »Mehr wollte ich nicht wissen«, sagte er ruhig.
Was hatte sie verraten? Was hatten ihre Augen preisgegeben? Dass sie Gregory hasste? Oder dass sie dabei war, sich in Will zu verlieben?
Sie ließ seine Hand los. »Fahr mich bitte nach Hause«, sagte sie und er fuhr los.
»Und jetzt«, kündigte die Stimme pathetisch an, »wenden wir uns wieder dem heutigen Programm zu ... Aus Liebe zu Ivy.« Eine Melodie aus einer Seifenoper wurde laut gesummt -
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