Saving Phoenix Die Macht der Seelen 2: Roman (German Edition)
falsches Spiel getrieben und war klammheimlich gegen den Seher vorgegangen. Ich schloss die Augen, mir schwirrte der Kopf. Sollte das der Fall sein, dann wäre ich gezwungen, jemandem, den er liebte, zu schaden. Ich konnte nicht ... würde nicht ... es sei denn ... Mir ging auf, dass der Seher mir nicht untersagt hatte, seinen Befehl gegen mich selbst zu richten.Yves liebte mich – das hatte er mir vor wenigen Stunden gesagt. Eher würde ich mir selbst etwas antun, bevor ich einem seiner Familienangehörigen auch nur ein Haar krümmte.
»Alles okay, meine Liebe?« Der Seher heuchelte Besorgnis, als er meinen gequälten Gesichtsausdruck sah, aber ich merkte, dass mein Verhalten ihn in Alarmbereitschaft versetzte. Ich rief mich wieder zur Ordnung. Ich wusste nicht mit Sicherheit, was die Benedicts hierhergeführt hatte. Yves hatte geschworen, seiner Familie nichts zu verraten, um nicht den Gedankenvirus zu aktivieren, den der Seher mir eingepflanzt hatte. Vielleicht hatten sie noch andere Informationsquellen, von denen ich nichts wusste. Kein Grund also, wegen ein paar Verdachtsmomenten jetzt die Nerven zu verlieren.
»Ähm ... ja, danke. Ich habe nur gerade über das Lied nachgedacht. Es erinnert mich immer an den Tod meiner Mutter.«
Jim hatte meine Äußerung gehört und schüttelte den Kopf. »Oh, das können wir aber nicht erlauben – keine trübsinnigen Gedanken heute Abend. Wir bitten die Band einfach, ein Lied zu spielen, das Ihnen gefällt. Welches darf’s denn sein?«
Ich überlegte schnell, durchforstete mein Hirn nach einem geeigneten Song. »Wie wäre es mit ›I Put a Spell on You‹?« Ich hatte es vor Kurzem als Musikuntermalung in einem Café gehört und der Titel war bei mir hängen geblieben, weil er mir im Zusammenhang mit den Gaben der Savants so passend erschien.
Jim schnippte mit den Fingern und wies den Kellneran, unseren Wunsch weiterzugeben. Die Musiker unterbrachen kurz ihre Vorbereitungen für die nächste Nummer und berieten sich. Dann schickten sie eine Nachricht backstage, während der Pianist – ich erkannte ihn nicht – ein Medley verschiedener Songs spielte. Hinter einem Vorhang im rückwärtigen Teil des Clubs kam eine kurvige Dame mittleren Alters in einem engen roten Kleid und Seidenturban hervor und trat ans Mikrofon. Hätte ich mir doch bloß ein Instrumentalstück gewünscht; so allerdings hatte ich mit meiner Wahl Yves’ Mom Karla ins Rampenlicht gezerrt. Sie war beinah nicht wiederzuerkennen, dank der getönten Brille und dem divamäßigen Glitzerfummel. Aber Junge, Junge – konnte die singen! Niemand wäre je auf die Idee gekommen, dass Victor sie hier eingeschleust hatte, denn sie klang wie ein Profi, sang mit tiefer, sinnlicher Stimme. Ich war mir nicht mal sicher, ob Yves bemerkt hatte, dass er von seiner Familie umringt war, da seine ungeteilte Aufmerksamkeit unseren Gastgebern zu gelten schien. Aber er musste doch die Stimme seiner eigenen Mutter erkannt haben? Wenn ja, ließ er sich nichts anmerken.
»Ähm ... Yves ...«, flüsterte ich. Ich wollte, dass er mir in die Augen sah, um mich ihm ohne Worte mitteilen zu können.
Er lächelte mich spröde an und sein Gesicht strahlte nichts von seiner gewohnten Offenheit aus. »Jetzt nicht, Schatz.«
Das war keine Antwort. Ich wusste immer noch nicht, ob er wusste. Ich ließ es erst mal dabei bewenden und lauschte für ein paar Minuten ihrem angeregtenGespräch. Jim versuchte, Yves abzuwerben und in seine Organisation zu holen, sprach in verschleiernden Worten über den Drogenring, den er mit anderen Mitgliedern der verbrecherischen Savant-Vereinigung aufgebaut hatte. Ich spürte, wie dem Seher allmählich der Kamm schwoll, weil man ihn einfach so ausbooten wollte.
»London ist ein gigantischer Markt«, fuhr er plötzlich dazwischen. »Mein Plan ist, dass Yves uns dabei hilft, eine Route in die Hauptstadt auf die Beine zu stellen. Seine Computerkenntnisse werden uns bei der Umgehung der Zollkontrollen unschätzbare Dienste leisten.«
Jim machte eine wegwerfende Handbewegung. »Diese Idioten? Wir haben äußerst fähige Kuriere, die es an jedem vorbeischaffen.«
»Aber um wie vieles verlässlicher wäre ein Computerprogramm, das alle Lieferungen, die unter unserem Namen laufen, freigeben würde? Wenn die Waren als kontrolliert deklariert würden, bräuchten wir keine Kuriere mehr.« Der Seher nippte an seinem Champagner und rümpfte die Nase. »Ein bisschen zu trocken für meinen Geschmack.« Er rief mit einer
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