Saving Phoenix Die Macht der Seelen 2: Roman (German Edition)
mitgerissen. Wir stiegen Piccadilly aus und strömten zusammen mit der Menge die Rolltreppe rauf und hinaus auf den Platz mit der kultigen Erosstatue, die umgeben war von mit grellen Leuchtreklamen zugepflasterten Gebäuden. Yves bestand darauf, dass wir kurz anhielten, um dem bogenschießenden Gott unsere Ehre zu erweisen. Wir umkreisten den Sockel, bis wir unmittelbar in der Schusslinie standen. Mit einem Zwinkern in meine Richtung tat Yves so, als wäre er ins Herz getroffen.
»Na los, jetzt du.« Er wartete darauf, dass ich es ihm gleichtat.
Ich blickte nervös über meine Schulter, nicht sonderlich glücklich darüber, dass ich beim romantischen Herumalbern in der Öffentlichkeit gesehen würde. »Ist das so was wie ’n alter Brauch, oder wie?«
Seine Augen glitzerten. »Ab heute schon.«
Rasch schlug ich mir eine Hand an die Brust. »Zufrieden?« Ich fühlte mich total dämlich.
Er verschränkte die Arme. »Nein.«
Wir zogen die Aufmerksamkeit der auf den Stufen sitzenden Touristen auf uns. Ein koreanisches Pärchen hatteein paar Schnappschüsse von Yves gemacht, wie er mit einem vermeintlichen Pfeil in der Brust theatralisch umherschwankte. Sie schienen von meiner jämmerlichen Vorstellung ziemlich enttäuscht zu sein.
»Können wir jetzt endlich gehen?«
»Nicht bis du die Liebespfeil-Nummer überzeugend rübergebracht hast.« Er beugte sich zu mir. »Die Kraft seiner Pfeile ist nichts im Vergleich zu der Kraft, ein Seelenspiegel zu sein.«
Mir ging auf, dass ich erst von hier wegkäme, wenn ich mich komplett zum Affen gemacht hätte, und so legte ich mich mächtig ins Zeug, wirbelte vom Pfeil getroffen herum, torkelte und brach schließlich in Yves’ Armen zusammen. Die Zuschauer applaudierten.
»Und jetzt?«
Er legte mir den Arm um die Schultern. »Genial. Besser als ich.« Er zögerte. »Soll ich’s vielleicht noch mal machen?«
Ich zog ihn mit mir. »Nein, du Dulli. Lass uns vor der Vorstellung lieber noch was essen.«
»Was soll denn bitte ein Dulli sein?«
»Schlag’s im Wörterbuch nach und du findest ein Bild von dir.«
»Autsch.«
Ich grinste, aber insgeheim fragte ich mich, ob er mir mit dem Pfeilrumgealber irgendetwas hatte sagen wollen oder nicht. Ich wusste, dass ich in ihn verknallt war, allerdings ging ich nicht davon aus, dass auch er solche tiefen Gefühle für mich hegte. Mir war klar, dass aufgrund der Seelenspiegel-Verbindung unsere körperlicheAnziehung zueinander stärker ausgeprägt war als bei normalen Pärchen, aber solche vorprogrammierten Instinkte waren nicht mit Liebe gleichzusetzen. Am meisten fürchtete ich, dass er nur so tat, als würde er mich mögen, weil er wusste, dass wir auf Gedeih und Verderb zusammengeschweißt waren, und er einfach zu höflich war, um mich zu verletzen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn er seine Gefühle für mich nur vortäuschen würde.
Ich wand mich das ganze Abendessen hindurch in Selbstqualen, bis wir am Theatereingang standen. Mit Erleichterung stellte ich fest, dass Yves und ich, obwohl sich ein paar Leute ziemlich aufgebrezelt hatten, in unseren Freizeitklamotten nicht unangenehm auffielen, auch nicht auf den teuren Plätzen. Der Platzanweiser winkte uns durch und ein anderer Mitarbeiter köderte Yves, dass er einen Fünfer für ein Programmheft voller Werbeanzeigen lockermachte.
»Die sollten dir was dafür bezahlen, dass du das liest«, zischte ich, als wir unsere Plätze einnahmen.
Er verkniff sich einen Kommentar zu meiner Geizhals-Einstellung und beschränkte sich darauf, die Augen zu verdrehen.
»Aber für einen Fünfer kann man eine Menge kaufen.« Ich verschränkte trotzig die Arme und kam mir total minderwertig vor. Ich hatte das Gefühl, einer von diesen Schrottpreisen zu sein, die Kinder beim Büchsenwerfen auf dem Rummel gewinnen und die bereits nach fünf Minuten kaputtgehen, im Gegensatz zu den exklusiven handgefertigten Stücken, die in Hamley’s Spielwarenladen verkauft wurden. Ein Mädchen zwei Plätze weiterhatte ihren Ledermantel abgelegt und darunter kam ein eng anliegendes rotes Etuikleid zum Vorschein, kombiniert mit umwerfenden Nicole-Farhi-Schuhen mit hohen Absätzen. Sie beäugte Yves und warf ihre Haare auf diese verführerische Weise in den Nacken, die ich noch nie ausprobiert hatte und die ich wahrscheinlich auch nie so hinkriegen würde. Ich starrte sie feindselig an, nur halbwegs beruhigt, dass Yves sie noch gar nicht bemerkt hatte, weil er die Besetzungsliste studierte. Ich empfand es
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