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Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Ihrem Bruder.«
    »Verzeihung, aber das ist nicht wahr.«
    »Ich weiß nichts. Und vor allem sollten Sie, wenn der Herzog nicht reden will, seine Gründe respektieren.«
    »Ich bin in keiner Weise gebunden.«
    »Ich fürchte, da kann ich Ihnen auch nicht helfen. Sie verschwenden Ihre Zeit. Wenn Sie Ihren fehlenden Zeugen oder die Zeugin nicht aufbieten können, warum versuchen Sie dann nicht, den wirklichen Mörder zu finden? Wenn Sie das tun, brauchen Sie sich um dieses Alibi gewiß nicht zu kümmern. Wo Ihr Bruder war, ist allein seine Sache.«
    »Ich wollte«, sagte Wimsey, »Sie würden sich nicht auf diesen Standpunkt stellen. Glauben Sie mir, ich hätte alles in meinen Kräften Stehende getan, um Sie zu schonen. Ich habe mir die allergrößte Mühe gegeben, den wirklichen Mörder zu finden, wie Sie mir raten, aber ohne Erfolg. Der Prozeß wird voraussichtlich Ende dieses Monats stattfinden.«
    Ihre Lippen zuckten bei dieser Mitteilung ein wenig, aber sie sagte nichts.
    »Ich hatte gehofft, wir könnten uns mit Ihrer Hilfe auf irgendeine Erklärung einigen – es müßte vielleicht nicht die ganze Wahrheit sein, aber immerhin so viel, daß mein Bruder entlastet würde. Nach Lage der Dinge fürchte ich allerdings, daß ich den Beweis, den ich habe, vorlegen muß, und dann wird alles seinen Lauf nehmen.«
    Das endlich wirkte. Ihre Wangen liefen dunkelrot an; ihre eine Hand krallte sich um den Griff des Butterfasses.
    »Was meinen Sie mit Beweis?«
    »Ich kann beweisen, daß mein Bruder in der Nacht des 13. Oktober in dem Zimmer gewesen ist, in dem ich letzte Nacht geschlafen habe«, sagte Wimsey mit wohlberechneter Brutalität.
    Sie zuckte zusammen. »Das ist gelogen. Sie können das nicht beweisen. Er wird es abstreiten. Ich werde es abstreiten.«
    »Er war also nicht da?«
    »Nein.«
    »Wie kommt dann das hier in den Rahmen Ihres Schlafzimmerfensters?«
    Beim Anblick des Briefes brach sie zusammen und taumelte gegen den Tisch. Ihre starren Gesichtszüge verzerrten sich zu einer Maske blanken Entsetzens.
    »Nein, nein, nein! Das ist nicht wahr! Gott steh mir bei!«
    »Still doch!« sagte Wimsey gebieterisch. »Sonst hört Sie noch einer.« Er half ihr auf die Beine. »Sagen Sie die Wahrheit, und wir wollen sehen, ob es nicht einen Ausweg gibt. Es ist wahr – er war in dieser Nacht hier?«
    »Sie wissen es doch.«
    »Wann ist er gekommen?«
    »Viertel vor zwölf.«
    »Wer hat ihn ins Haus gelassen?«
    »Er hatte die Schlüssel.«
    »Wann hat er Sie verlassen?«
    »Kurz nach zwei.«
    »Ja, das paßt. Eine Dreiviertelstunde für den Hinweg und eine Dreiviertelstunde für den Rückweg. Das hier hat er zwischen die Fenster geklemmt, nehme ich an, damit sie zu klappern aufhörten?«
    »Es war so ein starker Wind – ich war nervös. Bei jedem Geräusch habe ich gedacht, das ist mein Mann, der zurückkommt.«
    »Wo war Ihr Mann?«
    »In Stapley.«
    »Hatte er einen Verdacht?«
    »Eine Zeitlang ja.«
    »Seit mein Bruder im August hiergewesen war?«
    »Ja. Aber er konnte nichts beweisen. Wenn er einen Beweis gefunden hätte, er hätte mich umgebracht. Sie haben ihn ja erlebt. Er ist ein Teufel.«
    »Mhm.«
    Wimsey schwieg. Die Frau sah ihm angstvoll ins Gesicht und schien dort eine gewisse Hoffnung zu lesen, denn sie umklammerte seinen Arm.
    »Wenn Sie mich als Zeugin aufrufen«, sagte sie, »dann weiß er es. Dann wird er mich umbringen. Haben Sie doch um Gottes willen Mitleid! Dieser Brief ist mein Todesurteil. Bei der Mutter, die Sie geboren hat, haben Sie Erbarmen mit mir. Mein Leben ist schon die Hölle, und wenn ich sterbe, werde ich zur Hölle fahren für meine Sünde. Finden Sie einen anderen Ausweg – Sie können es – Sie müssen es.«
    Wimsey machte sich sanft von ihr los.
    »Nicht, Mrs. Grimethorpe. Man könnte uns sehen. Es tut mir außerordentlich leid um Sie, und wenn ich meinen Bruder da herausholen kann, ohne Sie mit hineinzuziehen, verspreche ich Ihnen, das zu tun. Aber Sie sehen, wie schwierig es ist. Warum verlassen Sie diesen Mann nicht einfach? Jeder weiß doch, wie brutal er Sie behandelt.«
    Sie lachte.
    »Glauben Sie, er würde mich am Leben lassen, bis das Gesetz mich endlich von ihm befreit hätte? Sie kennen ihn doch. Glauben Sie das?«
    Wimsey glaubte es wirklich nicht.
    »Ich verspreche Ihnen eines, Mrs. Grimethorpe. Ich will mit allen Mitteln zu vermeiden versuchen, daß ich auf Sie als Zeugin zurückgreifen muß. Wenn es aber nicht anders gehen sollte, werde ich dafür sorgen, daß Sie

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