Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen
eine von Cathcarts Banknoten hat aufspüren können.«
»Bei wem?«
»Bei einem Monsieur François, dem etliche Häuser am Étoile gehören.«
»Und in denen er Appartements vermietet!«
»Zweifellos.«
»Wann geht der nächste Zug? Bunter!«
»Mylord?«
Mr. Bunter kam auf den Ruf hin zur Tür geeilt.
»Der nächste Schiffszug nach Paris?«
»Acht Uhr zwanzig, Mylord.«
»Packen Sie meine Zahnbürste ein und rufen Sie mir ein Taxi.«
»Gewiß, Mylord.«
»Aber, Wimsey, was bedeutet das in bezug auf den Mord an Cathcart? Hat etwa diese Frau –«
»Keine Zeit«, sagte Wimsey hastig. »Aber ich bin in ein, zwei Tagen wieder da. Inzwischen –«
Er suchte eilig auf einem Bücherregal herum.
»Lies das mal.«
Er warf seinem Freund das Buch zu und stürzte ins Schlafzimmer.
Um elf Uhr, als der Streifen schmutzigen, von Öl und Papierfetzen verunzierten Wassers zwischen der Normannia und dem Kai immer breiter wurde, während abgehärtete Passagiere ihre Seemägen mit kaltem Schinken und eingelegten Gürkchen stärkten und die nervöseren sich die Schwimmwesten in ihren Kabinen anschauten, während die Hafenlichter blinkten und rechts und links vorüberzogen und Lord Peter in der Bar eine flüchtige Bekanntschaft mit einem zweitklassigen Filmschauspieler anknüpfte, saß Charles Parker mit verwundert gerunzelter Stirn vor dem Kaminfeuer in Piccadilly 110 A und machte seine erste Bekanntschaft mit jenem delikaten Meisterwerk des Abbé Prévost.
Des Beiles Schneide gegen ihn gerichtet
Szene I: Westminster-Halle. Die geistlichen Lords zur Rechten des Throns, die weltlichen Lords zur Linken, die Gemeinen unterhalb. Bolingbroke, Aumerle, Surrey, Northumberland, Percy, Fitzwater, ein andrer Lord, Bischof von Carlisle, Abt von Westminster und Gefolge. Im Hintergrund Gerichtsbediente mit Bagot .
Bolingbroke: Ruft Bagot vor! Nun, Bagot, rede frei heraus,
Was du vom Tod des edlen Gloster weißt:
Wer trieb den König an, und wer vollbrachte
Den blut'gen Dienst zu seinem frühen Ende?
Bagot: So stellt mir vors Gesicht den Lord Aumerle.
König Richard II .
Der historische Prozeß gegen den Herzog von Denver wegen Mordes begann mit der ersten Sitzung des Parlaments nach den Weihnachtsferien. Die Zeitungen trugen Aufmacher wie »Prozeß vor seinesgleichen«, von einer Rechtsanwältin, oder »Das Privileg der Peers; abschaffen oder nicht?«, von einem Studenten der Geschichte. Der Evening Banner handelte sich mit einem Artikel unter der Überschrift »Die seidene Schlinge« (von einem Antiquar), der als voreingenommenerachtet wurde, Ärger wegen Mißachtung des Gerichts ein, und die Daily Trumpet – das Organ der Arbeiterpartei – fragte ironisch, warum bei einem Prozeß gegen einen Peer nur die paar einflußreichen Persönlichkeiten, die eine Karte für die Königliche Galerie ergattern konnten, den Spaß des Zuschauens haben durften.
Mr. Murbles und Kriminalinspektor Parker, die engen Kontakt miteinander hielten, liefen mit sorgenvollen Gesichtern herum, während Sir Impey Biggs, umkreist von Mr. Glibbery, Kronanwalt, Mr. Brownrigg-Fortescue, Kronanwalt, und einigen unbedeutenderen Planeten, drei Tage lang Sonnenfinsternis spielte. Die Pläne der Verteidigung wurden in der Tat im dunkeln gehalten – um so mehr, als sie sich am Vorabend der Schlacht noch ihres Hauptzeugen beraubt sah und nicht wußte, ob er sein Entlastungsmaterial überhaupt würde beibringen können.
Lord Peter war nach vier Tagen aus Paris zurückgekommen und wie ein Wirbelwind in die Great Ormond Street gefahren. »Ich hab's«, sagte er, »aber es hängt am seidenen Faden. Hör zu!«
Eine Stunde lang hatte Parker zugehört und sich fieberhaft Notizen gemacht.
»Du kannst darauf schon mal aufbauen«, sagte Wimsey. »Und sag Murbles Bescheid. Ich muß weg.«
Als nächstes kreuzte er in der amerikanischen Botschaft auf. Der Botschafter aber war nicht da, denn er war zu einem königlichen Diner befohlen worden. Wimsey wünschte das Diner zum Teufel, ließ die höflichen, hornbebrillten Sekretäre stehen, sprang in sein Taxi und verlangte, zum Buckingham-Palast gefahren zu werden. Dort brachte eine lange Diskussion mit pikierten Höflingen zunächst einen höheren Höfling, dann einen ganz hohen Höfling auf den Plan, und schließlich erschienen der amerikanische Botschafter und ein Mitglied des Königshauses, noch mit dem letzten Bissen im Mund.
»O ja«, sagte der Botschafter, »natürlich läßt sich das
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