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Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen

Titel: Sayers, Dorothy L. - Lord Peter 02 - Diskrete Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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geschildert hatte, fuhr sie fort: »Um drei Uhr morgens stand ich auf und ging nach unten.«
    »Aus welchem Anlaß taten Sie das?« fragte Sir Wigmore und sah sich mit der Miene eines Mannes im Gerichtssaal um, der seinen großen Auftritt einleitet.
    »Wegen einer Verabredung, die ich mit einem Freund getroffen hatte.«
    Alle Reporter sahen plötzlich auf wie Hunde in Erwartung eines Stücks Kuchen, und Sir Wigmore schrak so heftig zusammen, daß er seine Akte vom Tisch stieß und diese dem unter ihm sitzenden Sekretär des Oberhauses auf den Kopf fiel.
    »Ich darf doch bitten! Zeugin, bedenken Sie, daß Sie unter Eid stehen, und sehen Sie sich vor. Was hat Sie um drei Uhr aufgeweckt?«
    »Ich habe gar nicht geschlafen. Ich wartete auf den Zeitpunkt meiner Verabredung.«
    »Und während Sie warteten, haben Sie da etwas gehört?«
    »Nein, nichts.«
    »Aber, Lady Mary, ich habe hier Ihre beeidete Aussage vor dem Untersuchungsrichter. Ich lese sie Ihnen vor. Hören Sie bitte gut zu. Sie sagen: ›Um drei Uhr wurde ich durch einen Schuß geweckt. Ich glaubte, es seien Wilddiebe. Es klang sehr laut und nah beim Haus. Ich ging hinunter, um nachzusehen, was es war.‹ Erinnern Sie sich, diese Aussage gemacht zu haben?«
    »Ja, aber das war nicht die Wahrheit.«
    »Nicht die Wahrheit?«
    »Nein.«
    »Wollen Sie angesichts dieser Aussage noch immer behaupten, Sie hätten um drei Uhr nichts gehört?«
    »Ich habe gar nichts gehört; ich bin hinuntergegangen, weil ich eine Verabredung hatte.«
    »Meine Lords«, sagte Sir Wigmore, sehr rot im Gesicht, »ich muß Sie um Ihre Erlaubnis bitten, diese Zeugin als Zeugin der Gegenseite zu behandeln.«
    Aber auch die heftigsten Angriffe Sir Wigmores brachten kein anderes Ergebnis als die immer wiederholte Feststellung, daß zu keiner Zeit ein Schuß gehört worden sei. Auf die Entdeckung der Leiche angesprochen, sagte Lady Mary, sie habe, als sie sagte: ›Mein Gott, Gerald, du hast ihn getötet‹, unter dem Eindruck gestanden, daß der Tote der Freund gewesen sei, mit dem sie verabredet war. Hier entspann sich nun ein hitziges Wortgefecht zu der Frage, ob die näheren Umstände dieser Verabredung für den Prozeß erheblich seien. Die Lords entschieden, daß sie eigentlich erheblich seien; und somit kam die ganze Goyles-Geschichte heraus, verbunden mit der Mitteilung, daß Mr. Goyles anwesend sei und als Zeuge aufgerufen werden könne. Schließlich übergab Sir Wigmore Wrinching die Zeugin mit einem vernehmlichen Schnauben an Sir Impey Biggs, der sich, schön wie er war, mit freundlicher Miene erhob und die Diskussion wieder auf einen weit zurückliegenden Punkt brachte.
    »Verzeihen Sie mir die Art dieser Frage«, sagte Sir Impey mit einer höflichen Verbeugung, »aber wollen Sie uns bitte sagen, ob Ihrer Ansicht nach der verstorbene Hauptmann Cathcart sehr in Sie verliebt war?«
    »Nein, ich bin sogar sicher, daß er es nicht war; es war ein Arrangement zu unserem beiderseitigen Vorteil.«
    »Soweit Sie ihn kannten, glauben Sie, daß er einer sehr tiefen Zuneigung fähig war?«
    »Das halte ich für möglich – bei der richtigen Frau. Ich würde sagen, er war sehr leidenschaftlich veranlagt.«
    »Danke. Sie haben uns erzählt, daß Sie Hauptmann Cathcart mehrere Male getroffen haben, als Sie letzten Februar in Paris waren. Erinnern Sie sich, mit ihm in ein Juweliergeschäft gegangen zu sein – zu Monsieur Briquet in der Rue de la Paix?«
    »Kann sein; aber das weiß ich nicht sicher.«
    »Das Datum, auf das ich Ihre Aufmerksamkeit lenken möchte, ist der 6. Februar.«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Erkennen Sie dieses Amulett?«
    Damit wurde der Zeugin die grünäugige Katze übergeben.
    »Nein; ich habe es nie gesehen.«
    »Hat Hauptmann Cathcart Ihnen je etwas in der Art geschenkt?«
    »Nein, nie.«
    »Haben Sie je so ein Schmuckstück besessen?«
    »Nein, da bin ich völlig sicher.«
    »Meine Lords, ich darf diese Platinkatze mit Brillanten zu den Beweisstücken legen. Danke, Lady Mary.«
    James Fleming, eingehend nach der Postzustellung befragt, blieb ausweichend und vergeßlich und hinterließ insgesamt beim Gericht den Eindruck, daß der Herzog überhaupt nie einen Brief bekommen habe. Sir Wigmore, der in seiner Eröffnungsrede schon düster auf Versuche angespielt hatte, den Charakter des Opfers anzuschwärzen, lächelte hämisch und überließ den Zeugen Sir Impey. Dieser begnügte sich damit, dem Zeugen das Zugeständnis zu entlocken, daß er sich mit Sicherheit weder so

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