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Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Titel: Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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erfahren, dass Sie hier sind. Also sind wir hergekommen. Wir müssen mit Ihnen reden.«
    Gennadi rührte sich nicht von der Stelle. »Worüber?«
    »Verdammt, wir brauchen Ihre Hilfe. Kommen Sie endlich!«
    Eine dritte Person öffnete die Hecktür des Transporters. Gennadi fühlte sich immer noch an ein Entführungsfahrzeug erinnert, aber die Aussicht auf Arbeit motivierte ihn. Er brauchte das Bargeld, selbst wenn es nur die Bezahlung für ein einstündiges Beratungsgespräch an einer schwedischen Straße war.
    Hitchens gab Gennadi mit einem Wink zu verstehen, dass er in den Transporter steigen sollte. »Rentiere?«, sagte er unvermittelt und grinste.
    »Haben Sie noch nie von den Becquerel-Rentieren gehört?«, sagte Gennadi. »Nein? Unter uns Strahlungsexperten sind sie sehr berühmt.«
    Der Sattelschlepper war nun von Scheinwerfern umringt, während sich Männer in plumpen Strahlenschutzanzügen näherten. Das war natürlich der totale Overkill. Gennadi grinste, als er das Spektakel beobachtete.
    »Nach Tschernobyl wurde eine komplette Herde schwedischer Rentiere mit Cäsium 137 kontaminiert«, erklärte er. »Mit dem Fünfzigfachen der erlaubten Dosis. Tonnenweise Rentierfleisch war bereits in die Schlachthöfe gelangt, bevor man es bemerkte. All diese Rentiere endeten dann in einem Kühlhaus nicht weit von Stockholm, wo sie seitdem lagern. Zum Abkühlen, verstehen Sie? Jedenfalls ist gestern jemand in dieses Kühlhaus eingebrochen und hat einige der Kadaver gestohlen. Ich glaube, man hatte vor, das Fleisch irgendwie in die Geschäfte zu bringen, um dann einen Riesenskandal loszutreten. Ein ähnlicher Effekt wie bei einer schmutzigen Bombe.«
    Der Mann neben Hitchens fluchte. »Das ist ja schrecklich!«
    Gennadi lachte. »Und ziemlich dumm«, sagte er. »Ein Blick auf das, was noch davon übrig ist, und niemand, der einigermaßen bei Verstand ist, würde es kaufen. Aber wir haben sie trotzdem geschnappt, obwohl die norwegische Grenze nur ein paar Kilometer entfernt ist …«
    »Und Sie sind diesen Leuten auf die Spur gekommen?« Hitchens klang beeindruckt.
    Gennadi antwortete mit einem Achselzucken. Inzwischen hatte er den Rufeines Abenteurers, und es wäre peinlich gewesen, wenn er zugegeben hätte, dass er nicht wegen seiner nahezu legendären Heldentaten in Prypjat oder Aserbaidschan mit diesem Fall beauftragt worden war. Nein, die Schweden hatten sich an Gennadi gewandt, weil er vor einigen Jahren in China gewesen war, um radioaktive Kamele zu schießen.
    »Das ist eine kostenpflichtige Beratung, ja?«, sagte er beiläufig.
    Hitchens wiederholte lediglich die Geste in Richtung des Transporters.
    Gennadi seufzte und stieg ein.
    Zumindest war es drinnen trocken. Der hintere Bereich des Transporters war mit einer Wand vom Führerhaus abgetrennt, und hier gab es Bänke an den Seiten und einen schmalen Tisch in der Mitte. Also ein Observationsfahrzeug. Auf einer Seite saßen ein Mann und eine Frau, so dass Gennadi auf die Bank ihnen gegenüber rutschte. Sein Magen verkrampfte sich in plötzlicher Sorge, und er musste sich dazu zwingen, »Hallo« zu sagen. Wenn er unbekannten Personen begegnete, insbesondere in professionellem Zusammenhang, machte ihm das jedes Mal ein wenig Angst.
    Hitchens und sein Begleiter wuchteten sich herein und zogen die Hecktüren zu. Gennadi spürte, wie jemand ins Führerhaus stieg und die Tür auf der Fahrerseite zuschlug.
    »Mein Auto«, sagte Gennadi.
    Hitchens warf einen Blick auf den zweiten Mann. »Jack, könntest du die Mietwagenrechnung für Mr. Malianow begleichen?« Dann sprach er Gennadi an. »Wir werden jemanden schicken, der den Wagen zurückbringt.« Als sich der Transporter in Bewegung setzte, wandte er sich an die anderen zwei Insassen.
    »Das ist Gennadi Malianow«, sagte er zu ihnen. »Er ist unser Nuklearexperte.«
    »Können Sie mir eine ungefähre Vorstellung vermitteln, worum es hier geht?«, sagte Gennadi.
    »Gestohlenes Plutonium«, sagte Hitchens leidenschaftslos. »Zwölf Kilo. Ein etwas schwererer Fall als Ihre Rentiere.«
    »Rentiere?«, sagte die Frau.
    Gennadi sah sie mit einem Lächeln an. Sie wirkte hier ein wenig deplatziert. Sie war Mitte dreißig, trug eine schwere Brille über den grauen Augen, und ihr braunes Haar war straff über ihren Schädel zurückgespannt. Ihre hochgeschlossene weiße Bluse war mit Spitze besetzt. Sie machte den klischeemäßigen Eindruck einer Schullehrerin.
    An einer Halskette trug sie eine schwere Taschenuhr aus

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