Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)
wie der Rest der Stadt um mich herum aufwachte. Der Duft nach frischem Kaffee wehte durch die Zeltreihen, als die Morgenmuffel stolpernd herauskamen.
Es duftete auch nach frischem Brot, per Luftschiff von einer vertikalen Farm in Columbus geliefert, zumindest wurde es so von allen behauptet. Aber ich war in Eile und hatte beschlossen, das Frühstück ausfallen zu lassen.
Nachdem alles eingepackt war, überzeugte ich mich mit einem letzten Blick, dass der markierte Übernachtungsplatz sauber war, und machte mich auf den Weg.
Freunde, die ich in den vergangenen Monaten beim langsamen Radeln durch den großen amerikanischen Westen kennengelernt hatte, winkten mir zu, als ich durch die Straßen einer Zeltstadt rollte, die über Nacht errichtet worden war. Fünftausend in diesem speziellen Stammesverband.
Ich erreichte die Sicherheitsleute am Rand des Lagers und wurde durchgelassen. Dann ging es hinauf auf die Nebenstraßen und Feldwege, mit meinem elektrisch unterstützten Dreirad und dem aerodynamischen Anhänger, in dem mein kompletter Besitz durchgerüttelt wurde.
Während des vergangenen Jahres hatte ich festgestellt, dass ich eigentlich gar nicht viel brauchte. Ich hatte mich von vielen Sachen getrennt, seit ich in Richtung Westen aufgebrochen war.
Diese letzte Etappe war einfach, da es nun bergab ging. Ich kam an ein paar anderen Fahrrädern und kleinen Autos vorbei, von denen einige benzinbetrieben waren.
Und nun lag es vor mir: Los Angeles.
Es gab zwei Gründe für L. A. Erstens war es unser nächstes Projekt. Wir hatten einen neuen Codenamen, weil wir nicht wollten, dass die hiesigen Eddies zu früh Wind von der Sache bekamen. Wir trudelten einer nach dem anderen in L. A. ein. Projekt Ceres war ein ehrgeiziges Bauvorhaben, das genügen würde, die gesamte Stadt zu ernähren. Damit wurde das Projekt finanziell zu einem landwirtschaftlichen Großbetrieb, mit dem die offizielle Errichtung vertikaler Farmen an jedem gewünschten Ort möglich wurde. Eine ganz andere Zielsetzung als beim Raumschiff-Konzept, aber ich konnte mich trotzdem damit identifizieren.
Wir hatten unsere Methoden beständig perfektioniert, neue Rekruten angeworben, Ressourcen und Fähigkeiten dazugewonnen.
Der zweite Grund war Maggie.
Sie war hier in dieser Stadt. Mit den Möglichkeiten von Mock Turtle hatte ich sie gefunden.
Ich wollte ihr danken.
Es klang albern, aber manchmal musste man etwas Wichtiges verlieren, damit man seine alten Gewohnheiten abschütteln und etwas Neues ausprobieren konnte. Etwas, das anders war.
Und manchmal etwas, das besser war.
Elizabeth Bear
Das Rot am Himmel ist unser Blut
Elizabeth Bear hat ein verdammt gutes Jahr hinter sich. Ihre Kurzgeschichte »Tideline« räumte alle möglichen Auszeichnungen ab, einschließlich des Hugo, und sie hat gleich mehrere Romane veröffentlicht. Sie ist der Duracellhase der Science Fiction: Sie schreibt und schreibt und schreibt. Zum Glück profitieren wir alle von ihrer Produktivität.
Ihre Geschichte ist für sich betrachtet exzellent, aber ich möchte darauf hinweisen, dass sie zusammen mit Tobias Buckells »Raumschiff Detroit« ein wunderbares Beispiel dafür ist, wie die Autoren von METATROPOLIS zusammengearbeitet haben. Dazu gehörte, dass wir uns gegenseitig frühe Fassungen unserer Geschichten gezeigt haben, damit wir sehen konnten, wie andere die Probleme bei der Ausgestaltung der von uns geschaffenen Welt gelöst haben, und damit wir Querverbindungen zu den anderen Geschichten herstellen konnten.
Die Storys von Bear und Buckell, die beide in Detroit spielen, ergänzen sich auf interessante Weise gegenseitig, und man bemerkt, wo die beiden gemeinsame Elemente und Themen benutzt haben, obwohl die Geschichten weiterhin für sich stehen. Für mich ist es ein Beweis, dass die Idee der gemeinsamen Weltenschöpfung und des individuellen Schreibens zu erwartende und unerwartete Resultate erbringen kann.
Der Lenker schlug schmerzhaft gegen Cadies Hände, als der Vorderreifen vom Bordstein sprang und auf den rissigen Asphalt prallte. Ihre angespannten Ellbogen absorbierten den Ruck, aber sie spürte den Schmerz trotzdem bis in die Schultern. Sie scherte aus und raste zwischen einer Motorrikscha und zwei Fußgängern hindurch, bevor sie sich in den Verkehrsfluss einfädelte. Detroit hatte nie einen nennenswerten öffentlichen Nahverkehr gehabt, und durch die zerfallende Infrastruktur wurden die öffentlichen Straßen praktisch unpassierbar.
Cadie wusste das.
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