Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)
Körper, so gut es ging. Während des Abstiegs sah sie eine Reihe von blitzlichtartigen Bildern von einem Feuergefecht, Mündungsblitze und dann das donnernde Rauschen von Wasser, als die Verteidiger auf dem belagerten Bürogebäude mit Feuerwehrschläuchen zurückschossen. Suchscheinwerfer fluteten den Rasen und die Gemüsefelder mit Licht. Die Reihen der Maispflanzen erzitterten, als Gestalten vorbeirannten, wie etwas aus einem Horrorfilm.
Ein Mädchen ganz vorn in der Reihe drückte ihre Marken gegen eine Kontrollfläche neben der Tür auf dem Treppenabsatz, und sie glitt mit einem leise protestierenden Flüstern auf. Die Kinder krochen geduckt hindurch. Ernie ließ Cadie den Vortritt, dann schloss er die Tür hinter ihnen.
Sobald die solide Tür zu war, richteten sich die Kinder auf. Cadie versuchte es ihnen gleichzutun, musste aber gegen eine Verkrampfung ihrer Bauchmuskeln ankämpfen. Es fühlte sich an, als hätte jemand ihre unteren Rippen mit großen Klammern an ihren Hüftknochen befestigt. Sie drückte mit einer Hand gegen die Wand und schaffte es, sich aufzurichten, obwohl sie glaubte, dass Ernie und alle Kinder sehen konnten, wie ihre Schultern und Knie zitterten.
»Das ist immer noch besser, als wirklich eine Kugel abzubekommen«, sagte Ernie mit einem Augenzwinkern und klopfte ihr auf die Schulter. »Los jetzt, der Schutzraum ist nicht weit. Los, Kinder, beeilt euch!«
Die Korridore waren mit Zwischentüren abgeteilt worden, wie automatisch schließende Luftschleusen, damit sich die Segmente einzeln verteidigen ließen. Ernie öffnete sie nacheinander mit seiner Marke und sicherte den nächsten Abschnitt wie ein Profi, bevor er die anderen nachkommen ließ. Er drängte sie zu einem schnellen Laufschritt und benutzte seine Stimme wie ein Border Collie sein Bellen, um die Kinder gleichzeitig in Bewegung und in seiner Nähe zu halten. Cadie war sich ziemlich sicher, dass es nicht einfach war, eine Horde Kinder zu hüten.
Angesichts der Umstände war sie damit zufrieden, ein Teil der Herde zu sein. Im Krisenfall fiel es leicht, Autorität abzugeben und zu tun, was einem gesagt wurde. Befehle zu befolgen und die Verantwortung jemand anderem zu überlassen. Es fiel leicht, so zu tun, als wüsste man gar nicht, was eigentlich los war.
Es war nicht dasselbe wie Vertrauen, aber es war Vertrauen recht ähnlich.
Sie griff in ihre Hosentasche und nahm das Butterflymesser in die rechte Hand, während sie das Tränengas in die linke gleiten ließ. Sie bemerkte den Blick, den Ernie ihr über die Köpfe der Kinder hinweg zuwarf. Daran erkannte sie, dass Ernie es gesehen hatte. Er nickte zustimmend und schickte sie mit einem energischen Kopfnicken an die Spitze der Reihe. Sie klappte das Messer auf und hielt es so vor ihren Körper, dass die Kinder es nicht sehen konnten. Die Bewegung ließ die Marke an ihrem Armband hell klirren.
»Tür öffnen«, sagte Eddie, als sie die nächste Abschottung erreicht hatten. Cadie strich mit ihrer Marke darüber und drückte die Tür mit der Schulter auf, während sie versuchte, auf das vorbereitet zu sein, was auf der anderen Seite warten mochte.
Nichts. Ihr heftig schlagendes Herz hinterließ den Geschmack nach verrostendem Metall in ihrem Mund, als sie sich nach links und dann nach rechts wandte, um ganz sicher zu gehen. Ihr Puls schaltete einen Gang runter, und sie wollte gerade weiterschleichen, um die Türen zu den Büros auf beiden Seiten zu sichern, als die Tür zum nächsten aufsprang und sie plötzlich einem Mann mit einer Waffe gegenüberstand.
Sie reagierte fast unbewusst und nahm in einem winzigen Augenblick sehr viele Details auf – die Bartstoppeln auf seinen Wangen, wie die Waffe in seiner Hand zitterte. Es war nur Adrenalin. Sie dachte keinen Moment daran, dass er zögern könnte, auf sie zu schießen.
Ihre linke Hand kam hoch und jagte ihm das Tränengas ins Gesicht. Seine Waffe ging los. Die ohrenbetäubende Explosion blendete sie fast. Aber er war zusammengezuckt, und die erste Kugel musste sie verfehlt haben, weil sie nichts gespürt hatte. Sie trat vor, das Messer hob sich an ihrem Arm wie der Stachel eines Skorpions und drang kurz unter seinen Rippen ein. Etwas Hartes drückte ihre Hand nach unten. Donner an einer Seite ihres Kopfes, ein Hieb, als hätte jemand mit einem Gong auf ihr Ohr geschlagen. Heiße Luft strich über ihre Wange, als die Waffe erneut abgefeuert wurde und der Mann gegen sie taumelte. Das Messer drückte ihre Faust nach unten,
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