Scary City, Band 1: Das Buch der Schattenflüche, Scary City 1 (German Edition)
bitte«, sagte die durchscheinende Gestalt eines alten Mannes. »Zuerst dachte ich, ihr gehört zu Vlads Leuten. Erst recht, nachdem ihr gedroht hattet, meine kostbaren Bücher zu verbrennen.« Er schob seine winzige Brille auf der Nase zurecht und schüttelte anschließend über sich selbst den Kopf. »Manche Gewohnheiten legt man selbst im Tode nicht ab.«
»Sie ... Sie sind ein Geist.« Lucys Lippen zitterten.
»Ich fürchte, du hast nur allzu recht, junge Dame.« Der Alte lächelte. »Darf ich mich vorstellen: Konrad Abendrot.«
»Lucy, äh, Lucy Luchs. Und das ist mein Freund Mats Greifenhall.«
Der Geist wandte sich Mats zu. »Dein Name ist Greifenhall?«
Mats konnte nicht anders, als stumm zu nicken. Kannte der Geist ihn etwa? »Sind ... sind wir uns schon mal begegnet?«
»Nein, ganz sicher nicht.« Der Alte schüttelte den Kopf und fügte hinzu: »Du weißt es noch nicht, oder?«
»Was ...« Mats räusperte sich, um den Kloß zu vertreiben, der sich beim Anblick des Geistes in seinem Hals gebildet hatte. »Was weiß ich noch nicht?«
»Ach, nichts.« Der Geist wandte sich ab, als suche er nach jemandem. »Habe ich nicht gerade die Stimme meines Freundes Tic gehört?«
Der Feary kam aus dem Rucksack auf Mats’ Rücken geschossen. »Bin ich froh, dich zu sehen. Auch wenn du jetzt ein bisschen anders aussiehst als früher.« Nun umschwirrte er den Kopf des alten Mannes wie eine Fliege einen Kuhfladen. »Ich dachte ... ich dachte ... Ach, verdammt, ich konnte einfach nichts tun, Konrad. Ich wollte sie ja aufhalten, aber sie waren einfach zu viele.«
»Ich weiß, mach dir deswegen keine Vorwürfe, Tic. «
»Ich habe noch nie einen echten Geist gesehen.« Lucy hob die Hand zum Mund und ließ sie wieder sinken. »Passiert das jedem von uns?«
Der alte Konrad seufzte. »Eigentlich nur jenen, die das Gefühl haben, eine unerledigte Aufgabe im Leben zurückgelassen zu haben.«
»Hat das etwas mit dem Buch zu tun, das die Nightscreamer wollten?«, platzte Mats heraus, bevor es ihm bewusst wurde, dass diese Frage vielleicht zu privat war. »Tut mir leid, ich wollte nicht unhöflich sein. Aber in den letzten Tagen sind mir so viele verrückte Dinge passiert, dass ich einfach nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht. Verstehen Sie?« Er raufte sich das Haar. »Ich will doch bloß wissen, was in dieser Stadt vorgeht. Aber niemand will es mir verraten.«
Der Geist musterte ihn eine Weile schweigend, bevor er nickte. »Ich verstehe dich nur zu gut, junger Mann. Und ja, du hast recht. Dieses Buch ist mir so wichtig, dass mir sein Diebstahl selbst im Tode keine Ruhe lässt.«
»Die Nightscreamer haben es also gefunden?«
»Bedauerlicherweise.« Der Geist schwebte zu einer leeren Vitrine. »Ursprünglich bewahrte ich es hier drin auf. Doch wenn ich gewusst hätte, dass jemand hinter dem Buch her ist, hätte ich ein besseres Versteck dafür gesucht.«
»Aber was will dieser Teufel Vlad damit?« Tic kam herbeigeflattert, um sich auf Mats’ rechte Schulter zu setzen.
»Ich wünschte, das dürfte ich euch sagen.« Mit traurigen Augen blickte er von einem zum anderen. »Aber ein Schwur, den ich einst gegeben habe, verbietet mir, das Geheimnis des Buches preiszugeben.«
»Das ... das ist ein Witz, oder?« Mats trat nach ein paar Wälzern, die vor ihm auf dem Boden lagen. Zuerst Nummer dreizehn, der sich weigerte, mit ihm zu reden. Und nun dieser Geist, der die Antworten auf seine Fragen kannte, sich jedoch an so einen dämlichen Schwur klammerte. Das war einfach nur unfair. »Wir wollen doch nur helfen«, brach es mit einer Mischung aus Verzweiflung und Wut aus ihm heraus. »Und vielleicht können wir Vlad sogar aufhalten, aber dazu müssen Sie uns alles sagen, was Sie wissen!«
»Eigentlich seid ihr viel zu jung, um euch mit dem Anführer der Nightscreamer anzulegen. Ihr ahnt nicht, wozu er fähig ist.« Der Geist stieß einen langen, schaurigen Seufzer aus. »Aber ich weiß auch, dass es nichts bringen würde, euch davon abhalten zu wollen. Es gibt Dinge, die kann man nicht ändern, weil sie einfach vorherbestimmt sind.« Wieder musterte er Mats mit diesem sonderbaren Blick, der ihm das Gefühl gab, der alte Konrad wisse mehr über ihn als er selbst.
»Dann werden Sie uns helfen?«, fragte Lucy hoffnungsvoll.
»Soweit es mir erlaubt ist, werde ich euch sagen, was ich weiß.« Er schwebte den dreien entgegen. »Allerdings gibt es Grenzen, die ich nicht überschreiten kann. Ich bitte
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