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Schädelrose

Schädelrose

Titel: Schädelrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Schuld. Es ist eine
Frage von Zusammenhängen. Manchmal hängen Dinge auf
eine Weise zusammen, die wir zunächst nicht erkennen. Aber
wenn man am einen Ende mit der Kette rasselt, dann klirrt es am
anderen Ende.«
    »Du klingst wie ein gottverdammter Gaist!«
    Pirelli sah ihn von der Seite an. Ganz leise – Joe
mußte sich vorbeugen, um ihn zu hören – sagte
er: »Robin hat mich gestern angerufen. Sie sagte, sie
hätte dich zu erreichen versucht. Sie will sich der
Reinkarnationsoperation unterziehen.«
    »Soll sie doch.«
    »Sie ist pleite.«
    »Dann soll ihr gaistischer Klan, ihre Kommune oder was
immer dafür bezahlen.«
    »Die sind nicht versichert. Das weißt du
doch.«
    »Dann wird sie wohl in diesem Leben bleiben müssen.
Es ist nicht so toll, wie sie vielleicht denkt, vier Jahrhunderte
zu umspannen. Sie könnte wahrscheinlich nicht so vielen
Verantwortlichkeiten ausweichen, wie sie sich
einbildet.«
    »Sie hat Alzheimer, Joe.«
    Das traf ihn mitten zwischen die Augen. Im Kopf, dachte er
geistlos. Im Cortex. Im Gedächtnis. Robin. Robin mit
Alzheimer.
    »Es ist noch im allerersten Stadium. Die Operation
würde es heilen.«
    »Nicht… versichert, auch nicht
dagegen?«
    »Nein. Ich hab ihr gesagt«, erklärte Pirelli
behutsam, ohne Joe anzusehen, »daß ich ihr helfen
würde, soweit es in meinen Kräften liegt. Ich
weiß, wir haben beide nicht viel – ich geb’s
für Spielzeug aus und du arbeitest pro bono oder
für Peanuts. Aber Robin hat noch weniger. Jetzt jedenfalls.
Sie hat die Gaisten verlassen, oder sie haben sie rausgeworfen
– das ist nicht ganz klar. Und ich hab ihr gesagt,
daß ich dir das alles erzählen würde.«
    »Das hast du ja nun getan. Das hast du. Robin
kann… kann…« Joe wußte nicht, was er
als nächstes sagen würde. Ehe er es herausfinden
konnte, begann der offene Computer auf der Bank zwischen Pirelli
und ihm zu kreischen.
    Es war ein ohrenbetäubender Lärm. Nicht laut, aber
hoch, ein dünnes Heulen in einer Tonhöhe, bei der Joe
Ohrenschmerzen bekam. Pirelli schnellte nach vorn und schaltete
das Gerät aus. Die miteinander verschlungenen
Hofstadter-Modelle verschwanden. Der Bildschirm jedoch wurde
unerwarteterweise von einem Zusatzgenerator mit Strom versorgt;
er blieb hell und zeigte Kompaßkoordinaten und eine
Höhenangabe.
    »Da oben«, sagte Pirelli und zeigte hin.
»Vierter Stock in eurem Gebäude, östliches Ende.
Jemand macht einen Multifrequenzfeld-Mitschnitt von offenen
Daten. Wer?«
    Joe starrte aufs Institut und versuchte sich zu erinnern, wer
außer ihm im vierten Stock wohnte, aber sein Hirn war leer.
Dann kam es. »Bill Prokop?«
    »Wer ist das?«
    »Ein Journalist. Und verrückt. Hat er was
mitgekriegt?«
    »Nicht von diesem Spielzeug hier.« Pirelli
tätschelte den Computer. »Aber eine bessere Frage ist,
warum er’s überhaupt versucht. Wegen einer Story?
Für wen, und worüber?«
    »Ich glaub nicht, daß es wegen einer Story ist. Er
ist hier meistens für sich allein. Er will beweisen,
daß er Armand Kyle war.«
    »Und war er’s?«
    »Nein.«
    »Warum sollte er dann…«
    »Ich hab doch gesagt, er ist verrückt«,
erklärte Joe knapp. Er wollte nicht über Prokop reden.
Dann merkte er, wie es geklungen hatte, und fügte
widerwillig hinzu: »Er glaubt, daß ich was über
die Zeit weiß, als er Kyle war.«
    »Du?« Pirellis Mund zuckte. In seine dunklen Augen
trat ein Ausdruck verschmitzter Belustigung, der in Joe den
Wunsch weckte, ihm eine reinzuhauen. »Ausgerechnet du
– eine Insiderquelle über den zwielichtigen
Schwulen Armand Kyle? Wo du doch so für die
Unterdrückung von Sex zugunsten des Gemeinwohls bist und am
liebsten alle zu braven Bürgern machen würdest, die
sich genau an die Buchstaben des Gesetzes halten?«
    Joe ignorierte ihn. Die Stichelei sollte die Neuigkeit
über Robin mildern – eine humorvolle Beleidigung, um
ihn abzulenken. Es funktionierte nicht. Joe hatte sein ganzes
Leben lang zu hören bekommen – besonders von Frauen
–, daß er keinen Humor hätte. Es dauerte einen
Moment, dann sah Pirelli, daß es nicht funktionierte. Er
wurde wieder geschäftlich. Pirellis Laune hatte sich
gebessert, wie Joe sah: Daß er Prokops hochentwickelte
Ausrüstung mit seiner eigenen hochentwickelten
Ausrüstung besiegt hatte, gefiel ihm.
    »Wieso ist auf Prokops Mitschnittversuch hin eigentlich
kein elektronischer Securitytrupp aus dem Institut gestürmt
gekommen?«
    »Die

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