Schädelrose
die
Taschen um. Geld fiel heraus, Notenbündel, die
säuberlich mit Schnüren zusammengebunden waren,
außerdem etliche Goldbarren. Und die Halskette mit dem
Diamanten.
Der makellose elfkarätige Stein hing an einer Goldkette,
flankiert von ganzen Bündeln von Rubinen und Smaragden. Die
Halskette war auffällig, so auffällig wie die Frau,
für die sie gedacht gewesen sein mußte, als sie mit
der Postkutsche nach San Francisco unterwegs gewesen war, denn
der beste Schutz war Unsichtbarkeit; niemand würde etwas zu
stehlen versuchen, wenn er keinen dick gepanzerten Grund zu der
Vermutung hatte, daß es da war. Niemand außer Johnny
Lee Benson, der über einen wahren Schatz und gleich darauf
aus dem Leben gestolpert war.
Robbie säuberte den Diamanten von Staub und Kies. Er war
das einzige in der Höhle, was brandneu aussah,
unberührt von der Zeit. Ohne das Geld zu zählen, packte
er es zusammen mit den Goldbarren wieder in die Satteltaschen,
stand auf und machte sich auf den Weg zum Eingang der Höhle,
einem matten Lichtfleck auf dem schwarzen Boden. Kurz bevor er
sich hinkniete, um durchzukriechen, kehrte er noch einmal zu dem
Schädel zurück. Er fühlte sich unter seinen
Fingern kalt und pulverartig an, wie marmorierte
Mottenflügel.
Mit dem Schädel in der einen, den Satteltaschen und der
Taschenlampe in der anderen Hand kroch Robbie ins Sonnenlicht
hinaus. In dem Moment, als er blinzelnd aufstand, begann wieder
etwas an seinen Hinterkopf zu drücken.
Diesmal war es so greifbar, daß er nach vorn taumelte,
als ob er einen Stoß von hinten bekommen und das
Gleichgewicht verloren hätte. Er konnte sich nur vor einem
Sturz bewahren, indem er Satteltaschen und Taschenlampe
fallenließ und sich an der Felswand festkrallte. Einer
seiner Fingernägel brach ab. Als der Druck eine Minute
später verschwand, fühlte er sich schwach und zittrig.
Er lehnte sich schweratmend an die Felswand.
Etwas hatte versucht, sich in sein Gehirn zu schieben.
Das war doch lächerlich. Robbie schüttelte heftig
den Kopf und kniete sich hin, um die Satteltaschen aufzuheben. In
der anderen Hand hielt er immer noch den Schädel. Warum
hatte er den nicht fallenlassen? Er wußte es
nicht.
Er kletterte langsam vom Sims nach unten, erschrocken,
daß die Sonne schon so hoch am Himmel stand. Es kam ihm so
vor, als ob er nur ein paar Minuten in der Höhle gewesen
wäre, aber auf seiner Uhr war es fast Mittag. Unsicher
rutschte er über die heruntergefallenen Steine, wobei er
sich mit den Satteltaschen und dem Schädel im Gleichgewicht
hielt, bis er am Fuß des Hangs ankam, wo das Gestein Moos,
alten Piniennadeln und festem, spitzem Gras Platz machte.
Er hatte gerade den Luftwagen erreicht, als der Druck zum
drittenmal zuschlug – diesmal in seinem Kopf, und er
wollte nach draußen. Robbie schrie auf und ließ
sowohl die beiden Satteltaschen als auch den Schädel fallen.
Er sank auf die Knie, und das erste, was er von Hattons Leuten
sah, waren deshalb die Knie ihrer schwarzen Jeans, als sie auf
ihn zustürmten.
»Armand!« schrie Robbie. »Armand!«
Aber als er mit Tritten zu Boden gestreckt wurde, waren
Piniennadeln unter seinen Händen, nicht der Marmor der
Terrasse, der gelb in dem Licht schimmerte, das durch die
Verandatür hereinfiel. Wie waren denn die Piniennadeln auf
die Terrasse gekommen? Johnny Lee wollte sie nicht in der
Höhle haben, sie würden vielleicht Feuer fangen, und
sie konnten kein Feuer machen, ehe sie nicht zumindest den
Sweetwater überquert hatten und in Sicherheit
waren…
»Der wehrt sich ja nicht mal«, sagte eine
Stimme angewidert. Ein abgewetzter brauner Wanderstiefel krachte
in seine rechte Seite. Eine Rippe brach und bohrte sich wie ein
Messer in ihn hinein; der stechende Schmerz bewirkte, daß
sich sein Körper zuckend am Boden wand. Paul schrie, ein
einzelner hoher, klarer Ton. Es waren zu viele, er konnte ihnen
nicht entkommen, konnte nicht zu Armand gelangen…
»Schreit wie ‘n Mädchen«, sagte eine
Stimme. Hände zerrten ihn von der Terrasse hoch und hielten
ihn fest, und eine Faust knallte in seinen Solarplexus. Er
krümmte sich zusammen und schnappte nach Luft. Dabei
erwischte ihn die Faust am Kinn. Blut spritzte in seinen Mund.
Sie würden ihn umbringen, wie er Johnny Lee umgebracht
hatte…
Ein zweiter Tritt erwischte ihn an der rechten Schulter.
Schwärze strömte wie Lava über ihn hinweg,
brennend heiß, wie die
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