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Schäfers Qualen

Schäfers Qualen

Titel: Schäfers Qualen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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um endlich zu erfahren, ob dessen Zeit in Kitzbühel etwas mit den Morden zu tun hatte. Das war schließlich seine Aufgabe hier. Seine Aufgabe, seine Pflicht, sein Telefon läutete. Kern. Hoffentlich war es wichtig.
    „Hallo Herr Major, Kern hier. Ich hoffe, ich störe Sie nicht … Ja … Ich bin gerade auf dem Heimweg … und heute am Posten … ich würde sagen: Es tut sich was … Na ja, nicht jeder geht mit Ihren Ermittlungsmethoden konform … Entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen das nicht sage, ich will jetzt auch nicht als Verräter dastehen … aber nach unserem Gespräch finde ich es wichtig, dass Sie es wissen … Einige meinen, dass Sie sich zu sehr auf diesen nicht bestätigten Knochenfund konzentrieren, anstatt die Ermittlungen breiter zu führen. Der Chef … Also manche sind der Ansicht, dass Sie sich Rohrschacher und die Steiner vornehmen sollten, und auch den jungen Obernauer, den Sie der Kollegin Baumgartner überlassen haben … Vielleicht, ich meine, das ist jetzt ein Vorschlag von mir, vielleicht sollten Sie uns mehr darüber aufklären, was Sie eigentlich genau planen und machen … Nein, natürlich glaubt niemand, dass Sie nichts tun, das sehen wir ja … Ich denke nur … niemand kennt sich hier wirklich aus … Sie sind auch meistens nur recht kurz da … Der Bürgermeister, die Zeitungen, das Fernsehen rufen an und wollen wissen, was wir eigentlich dagegen unternehmen, dass die Leute Angst haben, weil ein Mörder umgeht … Das wäre gut … Um acht? … Ja, ich sage es ihnen … Und bitte erwähnen Sie nicht … Danke … Schönen Abend.“
    Schäfer legte das Telefon auf die Balkonbrüstung, hätte es aber am liebsten auf den Hotelparkplatz hinuntergeschleudert. Wie konnten sie ihm seine Ermittlungsmethoden vorwerfen. Er hatte jedem klare Anweisungen erteilt, und ohne ihn hätten sie rein gar nichts. Nein, natürlich konnte er nicht sicher sein, dass der von ihm eingeschlagene Weg der richtige war, aber was sonst? Rohrschacher verhaften? Den jungen Obernauer in die Mangel nehmen? Wozu? Schäfer war sich sicher, dass die beiden mit den Morden nichts zu tun hatten. Doch wie konnte er seine Kollegen davon überzeugen? Ohne deren Rückhalt er das Grundstück nie durchsuchen würde können. Wer würde noch mit ihm reden, wenn sich ihm Ort herumspräche, dass er ein arroganter Einzelgänger war, der sich über die hiesige Polizei erhebt.
    Er ging ins Zimmer und legte sich aufs Bett. Und was, wenn er völlig danebenlag? Wenn seine Vorgehensweise diesmal wirklich zum Scheitern verurteilt war? Er war keine gute Führungskraft, das wusste er selbst. Aber dass der Vorwurf im Raum stand, er würde nichts arbeiten, bedrückte ihn. Sollte er vielleicht einen täglichen Gehirnscan abliefern, der ihnen bewies, was sich da oben alles bewegte? Er hatte schon einige Male mit Kollegen über seine Ermittlungsmethoden gesprochen, die eigentlich keine waren – zumindest hatten seine Ermittlungen nichts Methodisches an sich. Die Dinge kreisten, alles war vorhanden, und wenn er ihnen einen leichten Stups gab, fügten sie sich in ein anderes Bild. Man durfte nur keine Möglichkeit ausschließen und schon gar nicht der Logik anheimfallen. Denn sobald man zu glauben anfing, dass jemand nur da oder nicht da sein kann, hatte man schon verloren. Aber wie sollte er diese Überzeugungen und Einsichten jemandem erklären, ohne für verrückt gehalten zu werden? War er denn ein Lehrer? Er legte sich den Polster über die Augen und versuchte, ruhig und gleichmäßig zu atmen.
    Der Alarm des Radioweckers läutete. Wenn er pünktlich bei Maria sein wollte, musste er sich auf den Weg machen. Worüber wollte er denn überhaupt mit ihr reden? Hatte er sich das schon überlegt? Er stand auf, legte sein Jackett und seine neuen Schuhe an, schaute noch einmal in den Spiegel und verließ das Zimmer.
    Maria öffnete ihm die Tür nach dem ersten Läuten. Sie trug die Haare jetzt kurz. Und weil Schäfer nicht glaubte, dass sie färbte, war sie wohl viel an der Sonne gewesen, die das Brünett in ein unregelmäßiges Dunkelblond verwandelt hatte. Das hellblaue Sommerkleid mit dem weiß-gelben Blumenmuster war für seinen Geschmack etwas mädchenhaft, aber er gestand sich ein, dass es sehr gut zu ihr passte. Sie legte das Geschirrtuch beiseite, mit dem sie sich eben noch die Hände abgetrocknet hatte, machte einen Schritt auf ihn zu und küsste ihn auf beide Wangen. Erst jetzt bemerkte er das kleine Mädchen, das sich hinter ihrem rechten

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