Schaenderblut - Thriller
lauschte für einen Moment seinem zusammenhanglosen Gefasel. Zuerst kam es ihr wie eine sinnlose Aneinanderreihung von Wörtern vor, doch schließlich verstand sie, was er sagte:
»... sauber und schnell herausschneiden. So schnell wie möglich aus der Brust entfernen ... Für ein optimales Aroma sollte es noch schlagen ... Gewürze hinzufügen ... Lorbeerblätter, drei Knoblauchzehen, eine ganze Zwiebel ... ein Würfel Rinderbrühe, auf kleiner Flamme … 20 Minuten ...«
Alicia ging so weit wie möglich auf Distanz, als ihr klar wurde, dass er ein Rezept herunterratterte. Ein Rezept für eine Suppe aus Menschenherz. Sie summte laut vor sich hin, um Franks Tiraden zu übertönen, und versuchte abzuschätzen, wie lange sie schon auf dem Feldweg unterwegs waren. Als der Lieferwagen schließlich anhielt, konnte sie keine Geräusche von anderen Fahrzeugen hören. Weder das Geräusch einer Zapfsäule noch Schritte oder Stimmen anderer Reisender, wie man es auf einem Rastplatz erwarten würde. Nichts als Grillen, die in größerer Entfernung zirpten.
Der Motor wurde abgestellt und die Fahrertür zugeschlagen. Joe kam wieder zu ihnen!
Die Hecktür des Lieferwagens schwang auf und Joe schnappte sich Frank wie einen Sack mit schmutziger Wäsche. Der verwirrte Kerl murmelte etwas von gegrillten Schenkeln in Knoblauchbutter, als Joe ihn sich über die Schulter warf und eine Hand nach Alicia ausstreckte. Sie hätte Frank am liebsten geohrfeigt und aufgefordert, die Klappe zu halten, um ihren Entführer nicht auf neue Ideen zu bringen. Der glasige Blick in Joes Augen signalisierte ihr, dass ein neuer Gewaltexzess unmittelbar bevorstand. Hinter ihm erkannte sie die Schatten einer dicht bewaldeten Umgebung. Der Vollmond leuchtete über ihren Köpfen wie ein böses Omen. Ein Werwolfmond. Kein anderes menschliches Wesen war in Sicht. Niemand würde sie hören, wenn sie schrie.
Joe bedeutete ihr, seine Hand zu nehmen, aber Alicia schüttelte trotzig den Kopf. Dann begann sie, zu weinen.
Joes Augen wurden weicher, als er die verängstigte Frau im Dunkeln schluchzen hörte. Sie war wunderschön und von einer Aura unberührter Unschuld umgeben. Die lange Prozession ihrer früheren Liebhaber hatte es nicht geschafft, sie zu zerstören. Selbst Joe würde es nicht gelingen. Es demütigte ihn. Es kam ihm fast so vor, als würde er in das Gesicht eines Engels blicken. Er fühlte sich wie ein barbarischer Wilder, der auf der Jagd nach Eva den Garten Eden plünderte und verwüstete.
Trauer und Verwirrung kämpften sich an die Oberfläche. Joe zog seine Hand zurück und fuhr sich über die Stirn und durchs Haar. Er wusste nicht genau, was er vorhatte, aber das Monster knurrte und fauchte in ihm und er war sich ganz sicher, dass mindestens einer der Gefangenen einen Abstecher mit ihm in den Wald nicht überleben würde. Seine Blicke schossen hin und her, als er sich klar zu werden versuchte, wie es jetzt weiterging. Seine Lider schlossen sich und Joe stieß einen langen Atemzug aus, um sich zu sammeln. Als er sie wieder öffnete, begegnete er Alicias wässrigen Augen. Das Monster in seinem Inneren hatte sich schlafen gelegt. Er war lediglich Joseph Miles, der sich mit dem Schmerz und der Angst eines anderen menschlichen Individuums konfrontiert sah. Er warf Frank zurück in den Lieferwagen und schlug donnernd die Tür zu.
Kapitel 26
Der Lieferwagen hielt erneut und Alicia hörte, wie Joe auf der Beifahrerseite ausstieg. Sie lauschte dem Knirschen seiner Schritte, als er zur Rückseite des Wagens gelaufen kam. Sie konnte den Verkehr vorbeirauschen hören und als das Licht ins Innere drang, erkannte sie, dass der Wagen auf der Standspur der Schnellstraße zum Stehen gekommen war. Joe kletterte zu ihnen herein, und sie versuchte gemeinsam mit Frank, ihn wegzuschieben. Joe legte die Stirn in Falten und furchte seine Augenbrauen. Es schien ihn zu verletzen, dass sie Angst vor ihm hatten.
»Ich weiß, wie euch zumute ist. Es war mir vorher nicht bewusst, aber der Lieferwagen, in den Trent mich gesteckt hat, als er mich entführte, sah ganz genauso aus. Selbst am helllichten Tag war es hinten drin dunkel. Nachts dürfte es noch schlimmer sein.« Er konnte sie kaum ansehen und entfernte den Knebel aus Alicias Mund. »Das alles tut mir furchtbar leid.«
»Joe, du musst damit aufhören. Du brauchst Hilfe. Sieh nur, was du diesem armen Mann angetan hast – und der Frau. Dieser Bibliothekarin, die du ... die du aufgefressen hast!« Alicia
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