Schaerfer als Wasabi
einer von uns bei ihm bleiben“, sagte Vanessa noch immer flüsternd. „Sollte sich sein Zustand verschlimmern, rufe ich den Notarzt.“
Sie blickte Nick an. „Setz dich rüber aufs Sofa, Nick, ich sehe mir deine Lippe an.“
Nick hatte seine Verletzung ganz vergessen und tastete danach.
„Oh Scheiße, Nick. Mike hat dich ganz schön erwischt. Es blutet immer noch ein bisschen.“ Robert schüttelte den Kopf und kämmte mit gespreizten Fingern sein langes Haar zurück. „Ich hol dir ein Glas Wasser.“
„Danke Robert, aber ich könnte jetzt eher ein Bier gebrauchen. Haben wir noch welches da?“
„Ich schau mal nach.“ Während Robert nach Bier suchte, ließ sich Nick erschöpft auf dem Sofa nieder und schloss kurz die Augen.
„Hier, Nick … für deine Lippe. Vanessa kommt gleich.“
Nick sah auf und blickte in ein schwarzes Augenpaar, das ihn müde musterte. Katsuro hielt ihm einen nassen Lappen hin.
„Danke.“ Nick nahm den Lappen und tupfte sich vorsichtig die Lippe damit ab. Katsuro ließ sich neben ihm nieder und vergrub das Gesicht in seinen Handflächen. Er wirkte sichtlich betroffen und schockiert. Schweigen herrschte zwischen ihnen, und Nick war froh, als Robert mit einem Sixpack Pils zurückkam.
„Das war die letzte Packung.“ Er stellte das Bier auf dem Tisch ab und reichte Nick und Katsuro je eine Flasche.
„Oh ja, ich glaube, ein Bier kann ich jetzt auch vertragen, Jungs!“ Vanessa kam mit ihrem Erste-Hilfe-Koffer herein und stellte ihn neben sich auf dem Boden ab, bevor sie sich neben Nick auf das Sofa setzte.
„Lass mal sehen.“ Sie legte Daumen und Zeigefinger an Nicks Kinn und begutachtete Nicks aufgeplatzte Lippe. „Du hast Glück gehabt. Ich werde es desinfizieren, das brennt ein bisschen.“ Vanessa öffnete ihren Koffer, holte ein kleines Fläschchen und Wattestäbchen heraus. Als sie Nicks Lippe mit dem getränkten Wattestäbchen abtupfte, hätte er am liebsten aufgeschrien. Es brannte wie die Hölle, doch vor Katsuro wollte er sich nicht die Blöße geben. Er zuckte lediglich zusammen und biss die Zähne aufeinander.
Vanessa lächelte. „Gleich vorbei. Ist halb so schlimm, wie es aussieht.“
Er verzog das Gesicht, doch die Bewegung seiner Lippen schmerzte so unvermittelt, dass er aufkeuchte und einen Fluch ausstieß.
„Wir müssen etwas unternehmen, wenn wir Mike helfen wollen, das wisst ihr“, sagte Vanessa ernst. „So kann es nicht weitergehen, er macht sich kaputt. Ecstasy macht dich seelisch zum Krüppel. Ganz abgesehen von den heftigen körperlichen Folgen wie Leber- und Nierenschäden, oder Puls- und Blutdruckerhöhung. Das ist Wahnsinn! In seinem labilen Zustand schafft er es im Moment nicht alleine, damit aufzuhören.“
„Ich rede mit ihm – gleich morgen.“ Nick klemmte sich eine widerspenstige Strähne hinter das Ohr und schüttelte den Kopf. „Dass es so weit kommen musste ...“
Vanessa schien zu überlegen. „Ich werde gleich morgen früh bei Mike in der Arbeit anrufen und sagen, dass er krank ist. Danach rufe ich seine Tante an. Zu ihr hat er den besten Draht, und ich weiß, dass er ihr vertraut.“
Nick lächelte. „Stimmt, Marissa ist echt cool.“
Die Nacht verlief ruhig, Mike schlief wie ein Stein. Dennoch sahen Nick, Katsuro, Robert und Vanessa abwechselnd nach ihm. Um zwei Uhr morgens betrat Nick Mikes Zimmer und fand Katsuro schlafend im Sessel neben dem Bett. Seine Beine lagen gekreuzt über der Armlehne, die Wange hatte er in das Kopfpolster geschmiegt. Nick trat dicht heran, um ihn zu wecken, doch dann hielt er aus irgendeinem Grund inne und starrte ihn an. Es war eigenartig, Katsuro friedlich schlafend und auf eine Weise plötzlich so verletzlich zu sehen. Sein schwarzes Haar glänzte im fahlen Schein der Nachttischlampe, deren Licht auf sein Gesicht fiel. Er sah wirklich verdammt gut aus – wie eines dieser Models in Modemagazinen – sogar in seiner Jogginghose, Shirt und mit zerzaustem Haar. Nick erschrak über seine Gedanken und schüttelte den Kopf. Schließlich neigte er sich hinunter und rüttelte Katsuro unsanft am Arm.
„He, aufwachen!“
Sieben
Katsuro zuckte zusammen und schlug die Augen auf. Im schwachen Licht wirkte Nick wie ein wunderschöner Traum, unwirklich und unnahbar. Er trug Shorts und ein T-Shirt, seine Haare fielen ihm ungebändigt ins Gesicht. Katsuro setzte sich rasch auf, sein Herz pochte immer schneller gegen seinen Brustkorb.
„Du kannst ins Bett gehen, ich bleib hier“, flüsterte
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