Schafkopf
dass der Alkohol den Sellerie zunichtemacht. Wie läuft’s denn bei der Arbeit?«
»Fragen über Fragen und keine Antworten.«
»Kann ich helfen?«
»Eher nicht.« Wallner stellte die Teller in die Spülmaschine und ging zum Kühlschrank. »Sagt dir der Name Kummeder was? Oder Zimbeck? Oder Falcking?«
Manfred dachte nach und verneinte schließlich. Wallner schenkte ihm ein Weißbier ins Glas.
»Lintinger vielleicht?«
»Lintinger? Die mit dem Schrottplatz?«
»Ja, genau.«
»Die fliegen jedes Jahr zwei Mal nach Thailand. Der Alte und der Sohn.«
»Woher weißt denn du das?«
»Die Tochter vom Froscheder arbeitet in dem Reisebüro, wo die buchen. Und die kennt die Lintingers seit zwanzig Jahren. Die ham nie a Geld g’habt. Aber auf einmal fahren S’ ständig nach Thailand.«
»Was heißt auf einmal?«
»Ich glaub, seit zwei Jahren.«
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40 . Kapitel
14 . September 2009 , 16 Uhr 45 : Johann Lintinger zog an seiner Zigarette und stieß den Rauch durch die Nasenlöcher aus. Die hohe Stirn war nass. Es war so heiß im Raum, dass man hätte glauben können, man sitze wirklich unter Palmen. Aber das war nur das große Thailandposter an der Wand, das einem die Tropen vorgaukelte. Lintinger war nicht der Einzige, der rauchte. Auch sein Sohn Harry rauchte, der ebenso wie Susi auf einem Plastikstuhl für Besucher saß. Hinter dem Schreibtisch thronte Zimbeck auf dem einzigen Bürosessel im Raum. Er hatte die halbgerauchte Zigarette im Mund stecken. Die Hände brauchte er, um das Geld zu zählen, das auf dem Schreibtisch ausgebreitet war. Wegen des Zigarettenrauchs musste Zimbeck die Augen zusammenkneifen. Keiner im Raum redete. Zimbeck zählte. Johann Lintinger sah zum Fenster hinaus. Die Nachmittagssonne schien auf ein paar Dutzend Autowracks, die ohne jede Ordnung über den Schrottplatz verteilt waren. Dann wanderte sein Blick zu Susi. Es war nicht schwer zu ahnen, wie es in ihr aussah. Heute Vormittag hatte sie Zimbeck vom Gefängnis abgeholt. Zu Hause war er wahrscheinlich über sie hergefallen, nach zwei Jahren ohne Frau. Susi zündete sich mit zitternden Händen eine Zigarette an. Als sie den Rauch einsog, blickte sie kurz zu ihrem Vater. Ihr Blick traf Lintinger wie ein Stich.
Sie hatte sich das selbst ausgesucht, versuchte Lintinger sich zu beruhigen. Es beruhigte ihn aber nicht. Sein Kind war vergewaltigt worden. Und das war erst der Anfang. Zimbeck würde sie verprügeln. Immer wieder. Ihr die Knochen brechen und die Zähne ausschlagen. Eines Tages würde man Susi tot an der Mangfall finden. Selbst in Lintingers Kreisen stand man seinen Kindern bei. Aber Lintinger hatte Angst. Grauenhafte Angst. Zimbeck zählte das Geld.
Gegen drei waren sie gekommen. Zimbeck war fröhlich gewesen, nachgerade aufgedreht. Man hatte sich abgeklatscht und gegenseitig »oide Fischhaut« und Ähnliches genannt. Nur Susi war still gewesen. Sie hatte nicht einmal so getan, als sei das ein Freudentag für sie. Es fehlten Knöpfe an ihrer Bluse.
Man hatte sich vor die Bürobaracke in die Sonne gesetzt und Obstler und Bier getrunken auf die Freilassung von Zimbeck. Ein bisschen geratscht: Wie war’s im Knast, was hast jetzt vor, wie geht’s weiter? So ging das eine Viertelstunde. Dann hatte Zimbeck einen Schluck aus der Obstlerflasche genommen und sie hart auf den Tisch gesetzt.
»Wie’s weitergeht?«, hatte er gesagt. »Gut geht’s weiter. Die zwei Jahr ham sich gelohnt. Oder is meinem Geld irgendwas passiert?«
Es war klar gewesen, dass Zimbeck noch am Tag seiner Entlassung kommen und nach dem Geld fragen würde.
»Alles bestens«, hatte Johann Lintinger gesagt.
»Ja dann – her damit!«
Lintinger hatte sich gewunden. »Das is net so einfach. Mir ham net damit gerechnet, dass du gleich heut … verstehst? Musst uns schon a bissl Zeit geben.«
»Ah so? Was habts ihr dann gemeint, wann ich’s haben will? Weihnachten?«
»Nein! Net Weihnachten. Aber vielleicht …«
Lintinger war nicht dazu gekommen, den Satz zu beenden. Denn Zimbeck hatte ihn am Kragen seines Blaumanns gepackt, ihn herangezogen und sich auf den Schoß gesetzt.
»Willst mich hoffentlich net verarschen, alter Mann. Bring die Kohle zuaba, sonst passiert was!«
Lintinger nickte. Zimbeck ließ ihn los und stieß ihn auf den Boden. »Das dauert aber. Wir müssen erst die Autos wegtun«, sagte Lintinger, während er ächzend aufstand.
»Ja dann – auf geht’s!«
Johann Lintinger hatte sich für das Geld ein sicheres Versteck
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