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Schakale Gottes

Titel: Schakale Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bergius C.C.
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Hilfe einer Wäscheleine gut verschnürt war.
    Pater Markus flehte händeringend, ihn in das Kloster zurückkehren zu lassen, doch Pater Rochus blieb unerbittlich. Er drohte ihm schließlich: »Wenn du mich jetzt im Stich läßt, werde ich dich verfluchen!«
    Der Gedanke, mit einem Fluch belastet zu werden, löste in dem schlichten Ordensbruder eine Panik aus. »Nur das nicht«, beschwor er Pater Rochus.
    Der beruhigte ihn und setzte sich ohne Skrupel auf den Korb. Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Eine Nacht und einen vollen Tag hindurch war er nicht zur Ruhe gekommen, und seit dem vorigen Abend hatte er nichts mehr gegessen. Es war ihm unmöglich gewesen, etwas zu sich zunehmen. »Hoffentlich kommen die Wagen bald«, sagte er wie zu sich selbst. »Mir ist richtig schwindelig.«
    Gut eine Viertelstunde vor der verabredeten Zeit erschienen die beiden Droschken. Die Fahrer waren aber außer sich, als sie hörten, daß einer der Wagen mit einem Korb beladen werden sollte.
    »Wir sind doch keine Fuhrunternehmer«, schimpften sie.
    »Was denkt ihr wohl, weshalb ich euch eine so hohe Entlohnung angeboten habe?« fuhr Pater Rochus sie an.
    Sein resolutes Auftreten unterband jede weitere Diskussion. Gemeinsam hoben sie den Korb in eine der offenen Kutschen. Er war so groß, daß er hinten schräg herausragte. Aber das war in der Dunkelheit nicht zu sehen. Eine schmale Mondsichel, die hinter Wolken lag, spendete nur spärliches Licht.
    »Und wohin geht die Reise?« fragte der ältere der beiden Kutscher.
    »Zunächst einmal in Richtung Nowo-Radomsk. Kennt ihr an der Strecke einen Weg, der zur Warthe führt?«
    »Da gibt's die Straße nach Garmek«, antwortete der jüngere. »Wenn Sie dorthin wollen, müssen wir zwischen Rudniki und Klomnice abbiegen.«
    »Übernehmen Sie die Führung«, erklärte Pater Rochus fast militärisch und stieg mit seinem Ordensbruder in den Wagen des älteren Fahrers. Dabei schob er einen Koffer, den er nach Einbruch der Dunkelheit zusammen mit einem fest verschnürten Paket am Westausgang abgestellt hatte, in das Fahrzeug hinein.
    »Was ist darin?« fragte Pater Markus.
    »Sachen, die verschwinden müssen.«
    Das entsprach nur zum Teil der Wahrheit. Wohl befand sich in dem Bündel die blutbefleckte, in Streifen gerissene weiße Mönchskutte, im Koffer aber lagen säuberlich gefaltet eine Soutane und ein Zivilanzug. Pater Rochus dachte nicht daran, nach Jasna Góra zurückzukehren. Er wollte auf schnellstem Weg nach Warschau fahren. Natascha sollte ihre Strafe erhalten. Er sah den Verlauf des nächsten Tages schon genau vor sich, war sich nur noch nicht klar darüber, wie er den Schmuck dem Kloster zurückerstatten sollte. Es war ihm zur fixen Idee geworden, mit Hilfe der Schwarzen Madonna ein Wunder zu vollbringen. Zunächst hatte er vorgehabt, den Beutel mit den Edelsteinen einfach auf den Altar der Gnadenkapelle zu legen. Er nahm jedoch Abstand davon, weil er glaubte, daß die Rückgabe dann kaum als Wunder zu bezeichnen wäre. Auch wollte er feststellen, ob die Schwarze Madonna ihm verziehen hatte und schützend ihre Hand über ihn hielt. In seinem Denken lagen Verworrenheit und Klarheit dicht nebeneinander. Zeitweilig war er unfähig, überhaupt einen Gedanken zu fassen. Es lag wohl an dem Schock, den er erlitten hatte. Möglich auch, daß Übermüdung und fehlende Nahrungsaufnahme das ihre taten. Was immer es aber sein mochte, es gab nur noch zwei wichtige Dinge für ihn: die Edelsteine mit Hilfe der Schwarzen Madonna in das Kloster zurückzuleiten und Natascha aufzusuchen. Auf diese beiden Punkte konzentrierte er sich, und es interessierte ihn herzlich wenig, was weiterhin mit dem Ermordeten geschah. Irgendwann würde es ›Plumps‹ machen, und dann war er weg.
    Natürlich kam Pater Rochus nicht daran vorbei, seinem Ordensbruder zu schildern, was sich ereignet hatte und wie es dazu gekommen war. Seine Erzählung entsprach jedoch nicht den Tatsachen. Sie war ein Seiltanz zwischen Dichtung und Wahrheit, doch gerade die daraus resultierende Konzentration hielt ihn wach und steigerte sein Verlangen, vor den Augen der Madonna Gnade zu finden. Ihr galten all seine Gedanken. Auf sie übertrug er, was er für Natascha empfunden hatte.
    Nach langer Fahrt wurde die Warthe erreicht, und hier veranstaltete der ängstliche Pater Markus, nachdem der Korb aus dem Wagen gehoben und in den Fluß geworfen worden war, ein hektisches Theater. »Kniet euch nieder!« forderte er die Kutscher auf

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