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Schakale Gottes

Titel: Schakale Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bergius C.C.
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ohne Schwierigkeit von der ›Schleife‹ lösen. Der Nachteil ist nur, daß ich auf dem Mast sitzen bleiben muß, um zu gegebener Zeit wieder ›Fahrt‹ geben zu können.«
    »Dann bleibst du eben oben. In der Dunkelheit sieht dich ja niemand.«
    »Und was ist mit dem Überfall? An ihm wollte ich mich schließlich beteiligen.«
    »Wenn du den Zug stoppst und wieder in Schwung bringst, bist du reichlich beteiligt.«
    Noch eine gute Stunde mußte vergehen. Die Männer legten sich ins Gras der Böschung und schauten zum flimmernden Sternenhimmel hoch. Sie kauten an Halmen, sprachen nur wenig und lauschten in die Stille der Nacht. Die Unermeßlichkeit der Welt wurde spürbar. Niemand wagte daran zu denken, daß in dem Frieden, der sie umgab, bereits jene rote Glut züngelte, die zum Leid der Menschheit geworden ist.
    In das Summen der Telefondrähte mischte sich plötzlich ein dumpfer Ton. Es klang, als dringe er aus der Erde.
    »Der Zug!« raunte Roman Górski. Vom Signalmast ertönte ein kurzer Pfiff. Gleich darauf schob sich ein rotes Glas vor die Laterne, die bisher grün geleuchtet hatte.
    »Flach auf den Boden legen, damit uns der Lokführer nicht sieht!«
    Die Erde schien zu rumoren, die Luft zu schwingen. Ein fernes rhythmisches Rauschen erfüllte die Nacht. Langsam ging es in ein immer lauter werdendes Rattern über. Funken sprühten. Dann war jäh das scharfe Schleifen von Bremsen zu hören. Das Rattern erstarb. Ein ohrenbetäubendes Quietschen setzte ein. Zischend donnerte die Lokomotive vorbei. Der Boden bebte.
    Das Inferno der Geräusche erreichte seinen Höhepunkt, als Roman mit seinen Männern aufsprang und die Böschung hinauflief. Der Bahnangestellte hatte gut geschätzt. Nicht weit von ihnen entfernt würde der letzte Waggon stehenbleiben. Alles hing jetzt von Fedor Zadek und dem Zugkontrolleur ab, der in Petrikau in den Postwagen einsteigen und die Schiebetür öffnen sollte. Mit lautem Gekreische und einem harten Ruck blieb der Zug stehen.
    Die beiden Metallarbeiter entsicherten ihre Revolver und rannten auf den Postwagen zu, unter dessen Schiebetür sie sich duckten.
    Roman Górski blieb am letzten Abteil stehen, um notfalls zu verhindern, daß der Beamte der Ochrana auf der linken Zugseite ausstieg.
    Das Fenster des Abteils war geschlossen. Er hörte Fedor auf russisch rufen: »Da sind Männer!«
    »Wo?«
    »Hinten am Waggon!«
    Die Tür auf der gegenüberliegenden Seite wurde aufgestoßen. Eine Gestalt sprang ins Freie.
    Der Goldschmied setzte ihr nach.
    Roman eilte zum Postwagen, dessen Tür gerade aufgeschoben wurde. Im trüben Schein einer mit einem Drahtmantel umgebenen Deckenlampe waren der Zugkontrolleur, ein Postbeamter und zwei Soldaten in der grünen russischen Uniform zu sehen.
    Die Metallarbeiter zögerten nicht und schossen.
    Unmittelbar darauf peitschte auch auf der anderen Seite des Zuges ein Schuß durch die Nacht.
    Die Russen im Postwagen brachen zusammen.
    Roman sprang mit seinen Kameraden in den Waggon.
    »Hände hoch, oder ihr seid ebenfalls dran!« kommandierte er auf russisch.
    Der Zugkontrolleur und der Postbeamte gehorchten.
    »Fesseln!« Die Metallarbeiter zogen Stricke aus ihren Taschen.
    Roman Górski ergriff zwei mittelgroße Koffer, schleuderte sie nach draußen, sprang hinterher und rannte mit ihnen davon.
    Nach etwa hundert Metern blieb er stehen und schaute zurück. Das Herz klopfte ihm in der Kehle. Er sah Fedors Silhouette am Fenster des letzten Abteils auftauchen, sah, daß zwei leblose Gestalten aus dem Postwagen geworfen wurden und zwei Männer hinterhersprangen.
    Ein kurzer Pfiff ertönte. Am Signalmast erschien grünes Licht. Der Zug setzte sich in Bewegung.
    In Czenstochau wurden Fedor Zadek keine Schwierigkeiten bereitet. Er gab zu Protokoll, daß der Überfall seiner Meinung nach von Russen durchgeführt worden sei. Eindeutig habe er russische Kommandos gehört, und er verbürge sich dafür, daß ein Russe, mit dem er im letzten Abteil gesessen habe, unmittelbar nach Anhalten des Zuges in die Dunkelheit hinausgestürzt und nicht wieder zurückgekehrt sei. Bereitwillig legte er seine Papiere vor und gab an, das Kloster der Pauliner besuchen zu wollen. Es war schon spät, als er einen Gasthof erreichte. Glücklicherweise war das Restaurant noch geöffnet, und er gönnte sich ein gutes Essen und etliche Gläser Wodka. Er brauchte den Alkohol nicht etwa, um zu vergessen. Für ihn war die Welt in Ordnung. Daß einige Russen ihr Leben verloren hatten,

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