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Schakale Gottes

Titel: Schakale Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bergius C.C.
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nach Hause kam. »Von den tausend Rubelchen habe ich dir dreihundert gegeben. Du hast aber bestimmt schon für fünfhundert eingekauft.«
    Da Natascha verschwiegen hatte, daß sie über weitere zweitausend Rubel verfügte, umarmte sie die Tante, wie immer, wenn es etwas zu glätten gab.
    »Dich kann man wirklich nicht hereinlegen. Es stimmt, ich habe tatsächlich für wesentlich mehr eingekauft.«
    »Du hast Schulden gemacht?«
    »Nein, da kannst du unbesorgt sein. Ich habe bar bezahlt und war dazu in der Lage, weil ich von Pater Rochus fünfhundert Rubel erhalten habe, um mich für die in Aussicht genommene Reise standesgemäß ausrüsten zu können. Es tut mir leid, daß ich nicht gleich mit der Wahrheit herausgerückt bin. Ich befürchtete, du würdest nicht verstellen, daß ich das Geld genommen habe.«
    Babuschkas Gesicht flammte vor Empörung. »Und warum hast du das befürchtet? Weil die Annahme des Geldes beweist, daß du dich schon in Czenstochau für die Reise entschieden hattest. Was du mir vorgespielt hast, war reinstes Theater!«
    Natascha drehte den Spieß auf der Stelle um. »Keineswegs«, erklärte sie auftrumpfend. »Wenn du mir empfohlen hättest, Pater Rochus nicht zu begleiten, würde ich ihm sofort Bescheid gegeben haben. Und das tu' ich auch jetzt noch, wenn du meinst, ich sollte nicht mit ihm fahren. Entscheide dich also: Soll ich absagen? Ich schreibe ihm dann noch heute und werde keine Träne dabei weinen. Denn glücklich bin ich nicht gerade bei dem Gedanken, mit einem Mönch durch die Gegend zu reisen.«
    Die alte Dame steckte augenblicklich zurück. »Nein, nein«, sagte sie. »Nachdem er uns so geholfen hat, müssen wir schon etwas auf uns nehmen.«
    »Genau darum hab' ich in Czenstochau zugesagt.«
    Babuschka dachte erleichtert: Ich scheine mich getäuscht zu haben. Sie fragte sich allerdings auch, ob sie sich nicht selbst Sand in die Augen streue. Kapitulierte sie nicht, weil es bequemer war, Nutznießer einer Sünde zu sein, als ohne Sünde zu darben?
    Ihr Neffe Roman fehlte ihr. Er ging immer den geraden Weg und war ihr oft eine Stütze gewesen.
    Bei Fedor lagen die Dinge anders. Er vermochte keinen Halt zu geben. In ihm arbeiteten Sturm und Drang. Auf Biegen und Brechen wollte er es zu etwas bringen. Alle Kraft brauchte er für sich selber. Aber es war großartig, wie er sich entwickelt hatte und nun jede freie Minute dazu benutzte, ein Werk zu schaffen, das ihm den Start in ein selbständiges Dasein ermöglichen sollte.
    Die Wahrheit sah anders aus. Fedors Gedanken weilten nicht ausschließlich bei Natascha. Auch die Tochter des Juweliers beschäftigte ihn. Ihr und ihrem Vater, der ihn jahrelang nicht anerkannt und über ihn hinweggesehen hatte, wollte er beweisen, daß er sich allein hocharbeiten konnte. Wie er sich später entscheiden würde, stand noch dahin. Wenn Natascha blieb, wie sie war, würde er sich nicht von ihr trennen. Nach allem aber, was er sah, mußte er damit rechnen, daß sie eines Tages stolpern würde. Er spürte die Gefahr, die auf sie zukam, tat jedoch nichts, um sie zu bannen. Er beobachtete Natascha wie ein Zuschauer, der im Theater mit Spannung den Ablauf eines Dramas verfolgt. Sollte es schlecht ausgehen, nun gut, ihn würde es nicht treffen.
    Völlig anders reagierte Nataschas Bruder. Er kam kurz vor Weihnachten nach Warschau und empörte sich über die Veränderungen, die während seiner Abwesenheit eingetreten waren. Fedors und Nataschas gemeinsame Reise nach Czenstochau beanstandete er natürlich nicht. Er hatte aber kein Verständnis dafür, daß sie sich als Geschwister ausgegeben hatten. Alles andere bezeichnete er als geschmacklos und im höchsten Maße anrüchig.
    »Seid ihr denn nicht mehr bei Trost?« tobte er, als Natascha ihn bat, sich vor Pater Rochus, der zu Weihnachten erwartet wurde, als ihren Vetter auszugeben.
    Natascha verteidigte sich mit der Behauptung: »Wenn ich geahnt hätte, daß ihr beide einmal zusammentreffen würdet, wäre ich so schlau gewesen ihm zu sagen, daß ich noch einen Bruder habe. Nun aber, da mir dies Mißgeschick unterlaufen ist und Babuschka kein weiteres Familienmitglied erwähnt hat, kann ich ihm unmöglich einen zweiten Bruder präsentieren.«
    »Wähle zwischen ihm und mir!« forderte Roman kategorisch.
    Babuschka mischte sich ein. »Nun höre mir mal gut zu«, sagte sie eindringlich. »Wir haben gewiß einiges falsch gemacht, können jetzt aber nicht einfach hingehen und sagen: Was geschehen ist, ist nicht

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