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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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energiereicher sind als chemische Reaktionen. Mit Einsteins Gleichung E=mc² kann man diese Energie an den unterschiedlichen Kernmassen ablesen. Seither weiß man, dass bei Spaltung schwerer Atomkerne millionenfach mehr Energie frei wird als bei der Explosion einer gleichen Menge Sprengstoff. Aber die Gleichung sagt nicht, wie man diese Spaltung in Gang setzt.
    Ich habe inzwischen ein eigenes Atommodell entwickeln können, das ich bis heute noch niemandem vorgestellt habe.« Aslan erhob sich rasch und ging auf leisen Sohlen zu seiner Kiste, der er Papier und einen Stift entnahm. Ebenso leise zündete er die Petroleumleuchte an. |276| Leonard beugte sich interessiert zu ihm hinunter, als der Turkmene wieder auf der Pritsche Platz nahm.
    »Ich gebe es zu«, flüsterte Leonard verhalten, »ich habe keine große Ahnung, was du mir zeigen willst. Obwohl mein Interesse an Physik und Chemie naturgemäß sehr ausgeprägt ist«, fuhr er fort, während Aslan den Stift ansetzte und zu zeichnen begann. »Trotzdem erscheinen mir deine Ausführungen wie böhmische Dörfer.«
    »Also«, begann Aslan und lächelte ihn an. Er hatte einen Kreis gezeichnet, den er mit weiteren Kreisen komplettierte. Darauf setzte er Zug um Zug kleinere Punkte, die er mit verschiedenen Bezeichnungen versah. »Mit den Atomen verhält es sich wie bei einem Planeten, in dessen Umlaufbahn sich mehrere Monde befinden. Ich habe mittels eines Massenspektrometers die Isotopenzusammensetzung des Wasserstoffs untersucht. Einfacher Wasserstoff besitzt nur ein Proton im Atomkern, schweres Wasser hingegen besitzt ein Proton und ein Neutron. Dementsprechend ist die Molekülmasse und auch Dichte des schweren Wassers etwas höher als die von normalem Wasser. Wird das Wasser nun einer Elektrolyse ausgesetzt, bleibt das schwere Wasser eher unzersetzt zurück, während leichtes Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Wenn man nun flüssigen Wasserstoff längere Zeit verdampfen lässt, bleibt das schwere Wasser am Boden des Bottichs erhalten. Wenn du es nun mit Lithiumoxid kombinierst und beides mit einem speziell angereicherten Uran in Verbindung bringst und die Sache wiederum einer Energiezufuhr aussetzt, ergibt sich eine exotherme Kettenreaktion. Ich bin noch nicht ganz hinter die Zusammenhänge gekommen. Aber meinen Berechnungen nach könnte man das Ergebnis nicht nur zur Wärmeerzeugung nutzen, sondern in größeren Mengen zum Bau einer Bombe verwenden, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat.«
    »Die Welt braucht keine neue Bombe«, erwiderte Leonard lakonisch. »Die Welt braucht mehr Verstand.«
    »Die Welt vielleicht nicht.« Aslans Stimme klang entschlossen. »Aber wir brauchen die Bombe – oder ich brauche sie. Wenn ich dem Zaren und seinem Kriegsminister nicht binnen eines Jahres liefern kann, was er sich wünscht, werden sie meine gesamte Sippe umbringen. Es sind siebenundzwanzig Menschen, deren Leben einzig in meiner Hand liegt.«
    |277| »Was sind siebenundzwanzig gegen Tausende von Opfern?«
    »Würdest du Katja opfern und deine Tochter, wenn du das Leben Tausender Unbekannter damit retten könntest?«
    Leonard stieß einen tiefen Seufzer aus. Katja. Wenn er sich recht besann, würde er sogar über Leichen gehen, um sie und die Kleine endlich in seine Arme schließen zu können.
    »Du hast recht«, sagte er schließlich. »Man muss Prioritäten setzen. Also, was könnte der Schamane für uns tun?«
    »Hat Tschirin nicht gesagt, sein Vater könne das Wetter beeinflussen?«
    »Soll Tschutschana etwa einen Regentanz aufführen?« Leonard bedachte Aslan mit einem ungläubigen Blick.
    »Dummkopf«, zischte der Turkmene und verpasste Leonard einen leichten Stoß zwischen die Rippen. »Kein Regentanz, eher ein Blitzlichtgewitter, aber eines von der allerfeinsten Sorte.«
    Leonard schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich kann mir kaum vorstellen, dass er uns für solche Spielchen zur Verfügung steht, geschweige denn, was uns das nützen sollte.«
    »Lass das nur meine Sorge sein.« Aslan setzte ein diabolisches Grinsen auf.
    »Was soll das bedeuten?« Leonard schaute den Turkmenen mit schmalen Lidern an.
    »Für die Rettung meiner Familie ist mir kein Preis zu hoch.«
    Mit einem unguten Gefühl legte sich Leonard zurück auf seine Pritsche.
    »Aslan«, flüsterte er.
    »Ja?« Die Antwort klang erschöpft.
    »Das, was du da herausgefunden hast … die Sache mit dem schweren Wasser und dem Atommodell.«
    »Ja?«
    »Klingt nobelpreisverdächtig.«
    »Ich

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