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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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zwischen Himmel und Erde gibt, die weit mächtiger sind als alles, was wir zu wissen glauben.«
    Leonard saß auf seinem Bett und hörte kaum zu. Er hielt einen Brief von Katja in Händen, in denen sie ihrer Mutter die kleine Enkelin beschrieb: ein prächtiges Mädchen mit blonden Zöpfen und lustigen Grübchen. Sie kommt ganz auf ihren Vater, schrieb sie weiter. Ich bin mächtig stolz auf sie.
    Leonard schluckte. Lobow hatte ihm die Übersiedlung der beiden schon lange versprochen, doch bisher nicht erfüllt. Er musste immer wieder an die Worte von Kissanka denken: Was würde die beiden hier draußen erwarten außer lebenslanger Gefangenschaft? In Tomsk konnten |330| sie sich wenigstens halbwegs frei bewegen. Vielleicht war es besser, wenn er Lobow erst gar nicht mehr an sein Versprechen erinnerte.
    In den nächsten Tagen erschütterten mehrere Explosionen das Lager. Aslan hatte seine Versuche mit dem Schamanen ausgeweitet, und schließlich war man zu der Überzeugung gekommen, dass die Heftigkeit der Erschütterungen das Kraftwerk und auch Pjotrs Fortschritte beim Bau der Luftschiffe gefährden könnten. Also war man mit mehreren Trupps von Arbeitern und Soldaten in das hundert Werst nordöstlich gelegene Gebiet der Steinigen Tunguska ausgewichen. Leonard arbeitete Tag und Nacht an einer drahtlosen Funkverbindung, die ein Areal von mehreren hundert Werst abdecken sollte. Im kommenden Frühjahr sollten insgesamt fünfzehn Relaisstationen mit riesigen Antennenmasten im Abstand von vierzig Werst entlang der Steinigen Tunguska errichtet werden, die bis ins südöstlich gelegene Kirensk reichen würden, um während der Testphase einen reibungslosen Funkverkehr zu garantieren. Es war das erste Mal seit drei Jahren, dass Leonard – wenn auch streng bewacht – das Lager verlassen durfte. Auf Pferdeschlitten ging es über eine Strecke von knapp vierhundert Werst, um die Markierungen festzulegen. Später wollte man hier die automatische Steuerung des ersten Luftschiffes auf Tauglichkeit prüfen. Leonard fieberte diesem Tag regelrecht entgegen. Erst dann würde sich zeigen, ob seine Konstruktionen im Sinne Nicola Teslas etwas taugten oder ob er den Zorn des Zaren auf sich lud, falls die Sache fehlschlug und das ganz aus Aluminium bestehende Luftschiff an einer Bergkuppe zerschellte.
    Es war ein Dienstag, an dem er aus den Weiten des sibirischen Winters zurückkehrte.
    Vor dem Lagertor standen ein paar tungusische Rentiergespanne. Leonard hoffte für einen Moment, dass Tschirin bei den wartenden Jämschtschiks dabei sein würde. Seit Monaten hatte er nichts mehr von dem jungen Tungusen gehört; es ging das Gerücht herum, dass sein Vater ihn samt seiner kleinen Familie aus dem Stamm verbannt hatte.
    Leonard sprang vom Schlitten, als sie das Tor erreichten, und lief auf einen der Wagenlenker zu, um nach Tschirin zu fragen.
    »Er ist als Goldwäscher nach Vanavara gegangen«, erklärte einer der Wagenlenker, »um sich bei einer russischen Firma zu verdingen.«
    »Ein schweres Los«, fügte ein anderer hinzu. »Die Bezahlung ist |331| schlecht und das Leben hart. Viele Familien sterben, noch bevor sie sich eingerichtet haben.«
    Schweren Herzens passierte Leonard das Tor, vorbei an den Wachsoldaten, die vor den nachfolgenden Offizieren salutierten.
    Einer der Männer trat hervor und machte Meldung.
    »Der Gefangene Leonard Schenkendorff soll sich unverzüglich beim Kommandeur melden, sobald er ins Lager zurückgekehrt ist.«
    Mit einem unguten Gefühl begab sich Leonard zur Offiziersbaracke. Es kam nicht oft vor, dass der Lagerkommandant einen Häftling zu sich rief. Meistens hatte man etwas ausgefressen oder einen gravierenden Fehler gemacht. Leonard rätselte immer noch, was er angestellt haben könnte, als ihm von der Küchenbaracke kommend Kissanka über den Weg lief.
    Eingehüllt in einen dicken Mantel und ein wollenes Tuch musste er zweimal hinschauen, um sie zu erkennen. Sie trug einen Korb in der Hand und war offenbar auf dem Weg zum Hühnerhaus. Ihr Gesicht war ernst, und sie begrüßte ihn längst nicht so überschwänglich, wie sie es gewöhnlich tat. Nur ein Nicken, dann war sie auch schon vorbeigeeilt.
    »Was ist denn das für ein Empfang?«, rief er ihr mit einem Lächeln hinterher. »Begrüßt man so einen alten Freund, der drei Wochen fort war?«
    Plötzlich blieb Kissanka stehen und wandte sich um, dann kam sie langsam auf ihn zu. »Nun hast du ja, was du wolltest. Ich hoffe, du wirst glücklich mit deiner

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