Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska
sich zum Ausgang. »Man muss die Dinge nehmen, wie sie sind, sagte meine Großmutter immer, wenn ich mal wieder mit meinem Schicksal haderte. Freu dich einfach, dass es deiner Mutter gutgeht.«
Leonard atmete die eisige Nachtluft ein, als er zum Kontor zurückkehrte. Er fragte sich plötzlich, wie es wohl sein würde, nach so langer Zeit wieder eine Frau im Arm zu haben, die einen wärmte.
Das Kind schlief schon, als er zurückkehrte. Katja kämmte sich im spärlichen Licht des Ofenfeuers das lange Haar. Sie trug ein dickes Flanellnachthemd und Wollstrümpfe. Er war überzeugt davon, dass er nie in seinem Leben eine schönere Frau gesehen hatte.
»Möchtest du einen Tee?« Er stellte die Kiste neben dem Ofen ab und schüttelte den Frost aus seinem Bärenfellmantel. Mit Bedacht hing er ihn an einen Haken neben der Tür. Immer noch schweigend füllte er zwei Becher mit Tee und Zucker und setzte den Kessel, den er mitgebracht hatte, mit Wasser gefüllt auf die glühende Ofenplatte. Es dauerte keine fünf Minuten, und er hielt Katja einen dampfenden Becher |336| entgegen. Die ganze Zeit über hatte sie ihn beobachtet. Anstatt zu trinken, setzte sie den Becher auf einem Tisch ab. »Komm her zu mir«, flüsterte sie.
Leonard gehorchte zögernd. Plötzlich verspürte er Angst. Würde noch alles so sein wie früher, oder hatte die Zeit und die Furcht sie beide so sehr verändert, dass sie es gar nicht mehr miteinander aushalten könnten? Katja fuhr mit ihren schmalen Händen unter seine Anstaltsjoppe und nahm ihm sämtliche Bedenken mit einem einzigen Kuss. Er stöhnte laut, als sie ihm das Hemd über die Schultern schob und schließlich ganz über den Kopf zog.
»Zieh deine Stiefel und die Hose aus!«, keuchte sie rau.
Er tat, was sie verlangte. Doch erst, als sie ihr Nachthemd bis zum Hals hochschob und ihm nicht nur ihre Scham, sondern auch ihre großen, vollen Brüste präsentierte, wagte er es, von ihrem Körper Besitz zu ergreifen. Ihre Lippen öffneten sich, damit ihre Zungen sich endlich finden konnten. Sie stöhnte schrill, als er hart in ihre feuchte Spalte drängte. Trotz aller guten Vorsätze hatte er sich nicht mehr unter Kontrolle. Wie ein wildes Tier stieß er wieder und wieder zu. Ihre Finger krallten sich in seinen Rücken, und ihr hemmungsloses Keuchen verriet ihm, dass sie ihn nicht nur mit dem Herzen vermisst hatte.
Schwer atmend ließ er wenig später von ihr ab und legte sich neben sie. Von der Seite blickte er in ihr gerötetes Gesicht. Immer noch streichelte er mit einer Hand über ihre aufgerichteten Brustwarzen.
»Sosehr hast du mich vermisst«, hauchte sie ihm ins Ohr.
Er schluckte ein paar Tränen hinunter, die er bisher unterdrückt hatte, doch nun war es um ihn geschehen. Weinend vergrub er sich an ihrer Schulter. Sie streichelte seinen dichten, kurz geschnittenen Blondschopf, der den Männern im Lager alle drei Monate bis auf die Kopfhaut rasiert wurde.
»Sie sagten mir, du wärest tot.« Ihre Stimme klang erstickt.
»Das war ich auch – ohne dich«, stieß er hervor und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen. »Als ich von meinen Gefängnisgittern aus gesehen habe, dass man dich unten im Hof abtransportierte, glaubte ich zu sterben.«
»Das Leben will uns noch mal eine Chance geben«, flüsterte Katja und strich ihm zärtlich über die bärtige Wange.
|337| »Nicht das Leben«, entgegnete er. »Der Zar und seine Schergen. Aber sie tun es nicht umsonst, soviel solltest du wissen. Sie wollen, dass wir ihnen eine Waffe konstruieren, die tödlicher ist als alles, was es bisher gegeben hat.«
»Und? Werdet ihr sie zufriedenstellen können?«
»Was denkst du denn? Es sieht doch ganz danach aus.« Sein Mund suchte wieder ihre Lippen.
»Nemez«, schalt sie ihn mit einem Lächeln. »Sag bloß, du willst mich noch mal?«
Seine Mundwinkel hoben sich zu einem seligen Lächeln.
»Warst du es nicht, die soeben von einer zweiten Chance gesprochen hat?«
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26
Juni 2008, Tunguska – Alpträume
Akim Rebrov stand in sicherer Entfernung, die Maschinenpistole im Anschlag, und gab weitere Anweisungen, nachdem man den hünenhaften Ewenken und den verletzten deutschen Wissenschaftler mit vereinten Kräften nach oben befördert hatte.
Einen Moment lang schien er zu überlegen, ob er zwischen den drei Geretteten einen Unterschied machen sollte, was die weitere Behandlung betraf.
»Durchsucht sie!«, befahl er. Schließlich befanden sich die Aufgegriffenen außerhalb
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