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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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den einen da, und der ist dann auch noch im Krieg gefallen.«
    »Ist er in letzter Zeit vielleicht noch hier herumgelaufen?«
    Der Ewenke sah ihn mit zusammengekniffenen Lidern an. Dann nahm er einen weiteren Schluck Wodka und schüttelte sich wie ein nasser Hund.
    »Was?«, stammelte er. »Herumgelaufen? Ich denke, er ist tot? Also, ich bin vielleicht ein Säufer, aber nicht besoffen genug, um die Geister von Verstorbenen zu sehen. Das heißt …« Nachdenklich betrachtete |342| er das Foto. »Nach allem, was man sich von ihm und seiner Familie erzählt, wäre es gut möglich, dass er immer noch als Untoter durch die Wälder streift.«
    »Was hat man sich denn erzählt?« Lebenov gähnte gelangweilt, vielleicht weil er ahnte, dass der Kerl ihn nur aufs Glatteis führen würde, als er von einem großen Geheimnis sprach, das er zu lüften bereit sei. In Wahrheit hatte er nicht die geringste Ahnung, was von ihm erwartet wurde, sondern war nur ein mittelloser Informant, der dem Kapitan und seinem Sergeanten im Ort ab und an wertlose Neuigkeiten überbrachte und dafür einen Napf mit Suppe und eine Flasche Schnaps erhielt.
    »Seine Vorfahren sollen an der Katastrophe von Tunguska schuld gewesen sein.«
    Lebenov hob abrupt den Kopf und horchte für einen Moment auf.
    Adam Adamowitsch sah das Interesse in den Augen des Offiziers aufflackern und fühlte sich bestärkt, in seinen Ausführungen fortzufahren.
    »Angeblich waren es zwei mächtige Schamanen aus zwei verschiedenen Familien, die den Gott Ogdy erzürnt haben. Deshalb ist es vor hundert Jahren zu dieser gewaltigen Explosion gekommen.«
    »Ich denke, es sei ein Meteor gewesen?« Lebenov hob eine Braue.
    »Ach, Unsinn.« Adamowitsch setzte eine verschwörerische Miene auf. »Hier, dieser junge Kerl … wie hieß er noch gleich? … Ach, Leonid war sein Name. Er war der einzige Sohn des Boris Ivanowitsch Aldanov, und er soll die Kräfte dieser beiden Schamanen in sich vereint haben. Es waren seine Ururgroßväter. Man sagt, er habe die außergewöhnlichen Fähigkeiten seiner Ahnen in sich getragen, und wenn er nicht im Krieg gefallen und stattdessen zum Schamanen ausgebildet worden wäre, hätte er jederzeit die Katastrophe von Tunguska allein kraft seines Geistes wiederholen können.«
    Lebenov stieß einen Seufzer aus. Also hatte der Kerl doch sein Gehirn versoffen! »Danke, das reicht«, sagte er voller Spott und erhob sich von seinem Stuhl. »Ich sage meinem Fahrer Bescheid. Er soll dich zurück in die Stadt bringen.«
    »Und was ist mit meinem Geld?« Adamowitsch sprang empört auf.
    »Welches Geld?« Lebenov sah ihn mitleidig an. »Dafür, dass du mir einen solchen Unsinn erzählst?«
    |343| »Das ist kein Unsinn«, giftete Adamowitsch zurück. »Und außerdem gibt es da noch etwas, das ich noch nicht erzählt habe.«
    Lebenov sah ihn fragend an. »Der Kapitan sagt, ihr sucht einen Kerl, der aussieht wie dieser hier auf dem Bild.«
    »Und?«
    »Einen solchen Mann habe ich manchmal gesehen – nur dass er lange Haare hat. Angeblich ist er ein Cousin des Verstorbenen. Soweit ich gehört habe, ist er gelegentlich beim Stammesältesten von Vanavara zu Besuch. Was er da treibt, kann ich allerdings nicht sagen. Makar Charitonowitsch spricht nicht mehr mit mir seit der Sache mit dem Mädchen.«
     
    Der Chekosee lag glitzernd im sanften Licht der Abendsonne, die sich einen Weg durch Gewitterwolken bahnte. Ein paar Vögel zwitscherten, und alles in allem hatte man nicht den Eindruck, als könnte sich hier bald eine Katastrophe ereignen. Ein Blick auf Leonid reichte Viktoria jedoch vollkommen aus, um das Schlimmste zu befürchten. Flankiert von zwei bewaffneten Soldaten, trug er Theisen mit einem dritten Söldner über einen unebenen, matschigen Weg. Kein Wort der Klage kam über seine Lippen, obwohl er sich mit seinen Plastikfesseln viel schwerer tat als der Mann auf der anderen Seite. Von allen unbemerkt, den Kopf gesenkt, zwinkerte Leonid ihr durch die Strähnen seiner langen Haare aufmunternd zu. Er wollte ihr Mut machen, damit sie sich nicht allzu sehr sorgte. Im Angesicht von vier Maschinenpistolen zeigte dieses Lächeln bei Viktoria aber nicht die erhoffte Wirkung.
    Fieberhaft überlegte sie, ob Rodius seinen Einfluss als international anerkannter Professor gelten machen konnte, damit man Leonid halbwegs anständig behandelte.
    Zwei von Lebenovs Wachen, junge Burschen, die kaum zwanzig Jahre alt waren, salutierten, als Rebrov mit seinen Gefolgsleuten den Eingang

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