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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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gut sichtbar aufgestellt. Doch das schien die Betroffenen genauso wenig zu stören wie das geneigte männliche Publikum. Gekonnt warfen die Damen ihr Haar zurück und schürzten dabei ihre glänzenden, frisch aufgespritzten Lippen.
    Theisen blieb vor Staunen der Mund offen stehen – erst recht als eine der Damen den Reißverschluss ihres Overalls ein wenig öffnete |40| und dem geneigten männlichen Volk einen tiefen Ausblick auf ihre silikongepolsterten, leicht gebräunten Brüste präsentierte.
    Professor Rodius wirkte irritiert, und Viktoria konnte beiläufig beobachten, wie Olguth ihn offenbar zu beschwichtigen versuchte.
    Kolja war Viktorias fragender Blick nicht entgangen. »TAIMURO ist eine Aktiengesellschaft«, murmelte er ihr verschwörerisch zu. »Vorwiegend Öl, aber auch Gas. Allerdings besitzt Bashtiri 95% der Aktien. Somit kann von demokratischer Verteilung nicht die Rede sein. Man munkelt, dass er auf ein neues Gasvorkommen unter dem Chekosee hofft. Seine Agenten sind schon seit längerem in der steinigen Tunguska unterwegs, um diverse Bohrungen zu unternehmen«, fuhr er leise fort. »Aber das Gebiet ist heiliges Land. Im Gegensatz zu der hier lebenden russischen Bevölkerung, die sehnsüchtig auf lukrativere Arbeitsplätze hofft, sind die örtlichen Ewenkenstämme nicht unbedingt an einer Erschließung der Vorkommen interessiert, zumal es nicht so aussieht, als ob man vorhätte, sie am Erlös zu beteiligen. Außerdem ist die ganze Angelegenheit nicht ungefährlich. Sollte sich herausstellen, dass die Katastrophe von Tunguska durch plötzlich austretendes Erdgas verursacht wurde, bleibt Vorsicht angesagt. Wer will schon, dass ihm bei der Gasförderung ein prall gefüllter Dampfkessel mit der Kraft von mehreren Wasserstoffbomben um die Ohren fliegt?«
    Der Bürgermeister war, nachdem er Bashtiri überschwänglich begrüßt hatte, an sein Podium zurückgekehrt. Mit einigen übertriebenen Gesten rühmte er die außerordentlichen Taten des neu hinzugekommenen Gastes. Im weiteren Verlauf der Laudatio, die sich nun nicht mehr mit den Wissenschaftlern beschäftigte, sondern ausschließlich Bashtiri galt, kam zutage, dass Vanavara offenbar dringend auf dessen Mildtätigkeit angewiesen war und auf eine Schule, ein Waisenhaus und eine moderne Krankenstation hoffte.
    Viktoria hob eine Braue und bedachte den allseits bejubelten Oligarchen mit einem argwöhnischen Blick. Genau in diesem Moment wurde Bashtiri auf sie aufmerksam und grinste ihr breit ins Gesicht. Mit einer knappen Geste befahl er einen seiner Bodyguards herbei und flüsterte dem bulligen Mann, der sich seltsam devot zu ihm hinunterbeugte, etwas ins Ohr. Sekunden später baute sich der blonde Kleiderschrank vor Viktoria auf und sprach sie in gebrochenem Englisch an.
    |41| »Mr. Bashtiri möchte wissen, wer die hübsche Dame ist, die ihn unentwegt anschaut. Er will, dass Sie sich an seinen Tisch setzen und ein Glas Champagner mit ihm trinken.«
    »Sie können russisch mit mir sprechen«, gab Viktoria ungerührt zurück. »Sagen Sie Herrn Bashtiri, dass ich ihm für die Einladung danke. Bedauerlicherweise trinke ich so früh am Tag keinen Alkohol. Vielleicht ein anderes Mal.«
    Der Mann blieb noch einen Moment verdutzt stehen. Mit einer Abfuhr hatte er augenscheinlich nicht gerechnet.
    »Bist du wahnsinnig«, zischte Sven Theisen, der mittlerweile wieder neben ihr stand und die Frage des Mannes aufgeschnappt hatte. »Der Kerl bezahlt unseren gesamten Aufenthalt und nicht nur das.«
    »Deshalb muss ich mich noch lange nicht prostituieren. Du kannst ja stellvertretend für mich zu ihm gehen«, erwiderte sie bissig. »Eine von seinen Gespielinnen ist bestimmt dein Typ. Allerdings solltest du deinen lüsternen Blick mildern, sonst wird er noch eifersüchtig.« Dann wandte sie sich Kolja zu, der die Unterhaltung mit Erstaunen verfolgt hatte. »Entschuldige mich«, sagte sie, »ich muss dringend an die frische Luft.«
    Es war ihr ohnehin zwischen all den schwatzenden Menschen zu eng geworden, und die Ankunft Bashtiris hatte all ihre Klischees bestätigt, die sie über Russland und seine gesellschaftliche Entwicklung hegte. Zumindest Bashtiri schien für Geld alles zu bekommen. Er hatte seine Beziehungen, und waren sie nicht ausreichend, würde er sich neue beschaffen. Dabei spielte der Preis wohl eher eine untergeordnete Rolle.
    Vor der Halle wehte ein frischer Wind. Die Wolken hingen immer noch tief, aber es hatte zu regnen aufgehört. Vanavara war nach

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