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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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anstellen?« Viktorias Stimme war angsterfüllt, und doch war sie froh, endlich eine Verbündete gefunden zu haben.
    »Wir müssen Makar benachrichtigen«, beschloss Leonids Großmutter und gab der Fahrerin zu verstehen, dass sie schneller fahren sollte. »Wir wollten uns mit Leonid treffen«, erklärte sie weiter. »Der Wagen sollte ihn nach Jakutsk bringen. Wir haben auf ihn gewartet, und als er nicht kam, habe ich beschlossen, ins Dorf zurückzufahren.«
     
    Als sie am Jurtendorf angekommen waren, hatten sich etliche Bewohner vor der Jurte des Stammesältesten versammelt.
    Viktoria beschlich ein ungutes Gefühl. Die Gesichter wirkten entsetzt, als Leonids Großmutter aus dem Wagen stieg. Entweder waren Lebenovs Leute erneut hier eingefallen, oder irgendetwas anderes war geschehen, das alle aufgeschreckt hatte.
    Als sie sich dem Menschenauflauf näherten, lösten sich ein paar ältere Frauen aus dem Pulk und liefen Leonids Großmutter mit besorgten Gesichtern entgegen. Viktoria konnte nicht verstehen, was sie sagten, doch das Gesicht der alten Frau war mit einem Mal wie versteinert.
    Viktoria spürte, wie sie den Boden unter den Füßen verlor. Vielleicht gab es Nachricht von Leonid – schlechte Nachrichten, wie sie unschwer im Licht einzelner Taschenlampen und brennender Kerzen in den traurigen Mienen erkennen konnte.
    »Was ist?« Viktoria schrie beinahe, als sie den Arm von Leonids Großmutter erfasste.
    Die Frau befreite sich jedoch sanft von ihrer Hand und ging ohne ein Wort in die Jurte.
    Wie betäubt blieb Viktoria zurück und wandte sich in ihrer Verzweiflung an die Fahrerin des Wagens.
    »Makar Charitonowitsch Schirov ist tot«, antwortete die Frau tonlos. »Sie haben ihn vor einer Stunde gefunden, nachdem ein paar vermummte Männer die Hütte verlassen hatten. Vermutlich hat man ihn umgebracht.«

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    Mai 1908, Sibirien – Tunguska
    Ein Hauch von Frühling lag in der Luft, als Leonard am Morgen um sieben zur Konstruktionshalle aufbrach. Der Himmel war klar und der Schnee im Tal und an den Hängen überwiegend geschmolzen. Auf dem Weg vorbei an den übrigen Baracken traf er auf Aslan, der ihn angrinste.
    »Na, wie läuft’s?« Ganz offensichtlich galt die Frage des Turkmenen nicht Leonards Arbeit, sondern bezog sich auf die Tatsache, dass er mit Frau und Kind zusammenleben durfte.
    »Schlecht.« Leonard hatte es längst aufgegeben, seine Gemütsverfassung gegenüber den Kameraden zu verschleiern. Dafür kannten sie ihn mittlerweile zu gut, und ihre Zusammenarbeit wurde von Tag zu Tag intensiver, je näher sie sich dem Abschluss ihres Projektes näherten.
    »Willst du darüber sprechen?« Aslan verlangsamte seine Schritte und blieb stehen, als sie bei dem dreißig Meter hohen Antennenmast angekommen waren. Auffordernd blickte er dem deutschen Kameraden ins Gesicht. Leonard blieb ebenfalls stehen und gab einen Seufzer von sich.
    Rasch zog er Aslan hinter eine Bretterwand und sah sich aufmerksam um, ob sie auch niemand beobachtete. Es war nicht erlaubt, auf offener Straße länger als ein paar Sekunden mit anderen Lagerinsassen zu verharren und zu sprechen.
    »Katja beklagt sich täglich über Kissanka. Die beiden Frauen sind schlimmer als Katze und Maus. Wenn ich nicht achtgebe, werden sie sich heute oder morgen die Augen auskratzen. Katja fühlt sich von Kissanka schikaniert. Sie lässt sie nur die schweren Arbeiten machen, obwohl sie weiß, dass Katja wieder schwanger ist. Ich werde zu Lobow gehen müssen. Entweder enthebt er Kissanka von ihrem Posten als Vorarbeiterin in der Kantine, oder er gibt Katja eine andere Beschäftigung. Allerdings bliebe nur noch die Wäscherei oder das Krankenlager. Beides Tätigkeiten, die weitaus schwerer und unangenehmer sind als die Küche.«
    Der Turkmene schüttelte schmunzelnd den Kopf. »Sosehr ich dich um dein Glück und besonders die erneute Vaterschaft beneide«, begann er vorsichtig. »mir scheint, seit deine Frau und euer Kind in dieses Lager |358| verlegt wurden, sind deine Probleme nicht kleiner, sondern größer geworden. Dabei haben wir ganz andere Sorgen. Lobow war gestern Abend in unserer Baracke und hat verkündet, dass Mitte des Monats eine Delegation des Zaren erwartet wird, die unsere Versuchsreihen beobachten will. Danach sollen wir im Beisein von Vertretern des Kriegsministers und hohen Offizieren der Ochrana am 30. Juni an der Steinigen Tunguska mit unserem ›Feuerpferd‹ den ersten Vollversuch starten. Bis dahin muss das

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