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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Zimmer, das gewiss den wenigen vermögenden Passagieren und den beiden Offizieren vorbehalten war.
    In der sich herabsenkenden Dunkelheit halfen Leonard und seine beiden Kameraden im Licht einer Petroleumlampe und unter Aufsicht eines jungen Soldaten beim Stapeln der Gepäckstücke im Lagerschuppen. Von ferne hörten sie betrunkene Männerstimmen. Sicher die |82| Kosaken, die aufgeheizt von ein paar Flaschen Wodka ihre Pferde versorgten. Zwischen die Stimmen mischte sich ein helles Winseln, dessen Herkunft nicht eindeutig zuzuordnen war.
    »Was ist das?«, flüsterte Pjotr beunruhigt, während er innehielt und angestrengt horchte.
    »Vielleicht haben sie sich eine Katze zum Abendessen gefangen«, witzelte Aslan düster. »Oder ein paar Ratten. Kosaken fressen alles, wenn man sie nur lässt.« Der schlaksige Kerl mit den dunklen Locken schien beileibe nicht dumm zu sein, wie Leonard recht schnell festgestellt hatte, aber seiner Art haftete etwas Linkisches an, das Leonard nicht sympathisch erschien. Angeblich konnte er sogar ein frisch abgeschlossenes Physikstudium an einer russischen Akademie vorweisen. Doch warum man ihn nach Sibirien deportierte, war ihm nicht zu entlocken gewesen, so sehr sich Leonard auch bemüht hatte.
    »Kein Wunder«, bestätigte Pjotr grinsend die Bemerkung seines ansonsten verschwiegenen Kameraden. »Hast du das Essen in dieser Schänke gesehen? Es ist verabscheuungswürdig. Entensuppe mit einer undefinierbaren Einlage. Vermutlich sind es Überreste von Hälsen, Schwänzen und Flügeln. Nicht zu genießen. Wenn es so weitergeht, verwandele ich mich in kürzester Zeit in ein Skelett.«
    Mit einem hintergründigen Grinsen setzte Aslan eine Hutschachtel wie die abschließende Spitze eines Turmes auf eine Mauer von Koffern und Kisten. Schließlich entwich ihm ein spöttisches Lachen, als er sich umwandte und Pjotrs immer noch üppige Figur betrachtete.
    Wieder war dieses Winseln zu hören, dann ein helles, schluchzendes Geräusch.
    »Still«, zischte Leonard mit einem Seitenblick auf den jungen Soldaten, den man zu ihrer Bewachung abgestellt hatte. Er saß vornübergebeugt auf einer der Kisten und war allem Anschein nach eingenickt. Dabei hielt er sein Gewehr wie einen schlummernden Säugling im Arm. Leonard trat einen Schritt hervor und lugte im Halbdunkel durch einen schmalen Spalt in der Bretterwand, der ihm einen begrenzten Einblick in eine sich anschließende Halle ermöglichte.
    Was er dort sah, ließ ihm den Atem stocken. Eines der deportierten Mädchen hatte sich offenbar auf dem Weg zur Latrine verirrt. Anders konnte es nicht möglich sein, dass sie schutzlos in diese verzweifelte |83| Lage geraten war. Im Halbschatten von zwei Petroleumlampen hatten zwei Uniformierte sie rücklings auf eine Kiste mit Mörsergranaten gepresst. Einer der Männer hielt ihr den Mund zu, damit sie nicht schrie. Trotz der eisigen Kälte hatte man ihr die drei oder vier Röcke bis zu den Hüften hochgeschoben. Die schmalen Schenkel des Mädchens eisern im Griff, stand der dritte im Bunde mit weit geöffnetem Pelzmantel vor ihr, während seine geplusterte Hose bis auf die polierten Stiefel herabhing. Unter dem rhythmischen Klirren seines Säbels stieß er in einem eindeutigen Rhythmus und immer schneller werdend vor und zurück, dabei entwichen dampfende Atemwölkchen und ein stetiges Grunzen seiner wodkageschwängerten Kehle.
    »Kosakenschweine!«, zischte Leonard düster. »Wem sonst könnte es einfallen, bei mehr als minus dreißig Grad eine Frau zu vergewaltigen.«
    »Wo willst du hin?«, rief Aslan leise, der ebenfalls einen Blick durch den Spalt riskiert hatte. Es gelang ihm nicht mehr, Leonard bei seinem Wollmantel zu packen, als dieser an ihm vorbei nach draußen in die Kälte stürmte. »Bleib hier, du Idiot!«, rief er verhalten. »Das geht uns nichts an!«
    Ohne jede Warnung durchbrach Leonard das morsche Tor im Nachbarschuppen. Die Kosaken waren viel zu überrascht, um rechtzeitig reagieren zu können. Die Handgelenke immer noch mit einer ellenlangen Kette verbunden, hatte Leonard von hinten kommend blitzschnell den Hals des Vergewaltigers umschlungen. Erbarmungslos verdrehte er die Kette zu einem strangulierenden Werkzeug und zog den röchelnden Mann, der sich vergeblich an den Hals fasste, von dem Mädchen weg. Während der Soldat ins Stolpern geriet und rücklings mit Leonard auf dem gestampften Boden landete, ragte das noch steife Glied des Mannes grotesk aus dem offenen Mantel

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