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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Kissanka war aufgesprungen und rannte mit einem erstickten Schrei zu ihrem Bruder hin, dessen bedenklichen Zustand man in der ganzen Aufregung beinahe vergessen hatte.
    Fassungslos stand sie vor dem Kind, das sie mit weit aufgerissenen Augen ansah. Kissanka sank auf die Knie und betastete das Bein des Jungen. Dort, wo soeben noch die schartenartige, rot geschwollene Wunde zu sehen gewesen war, zeichnete sich jetzt nur noch ein glatt verheilter, dunkler Streifen Haut ab.

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    8
    Juni 2008, Tunguska – Leichenschau
    Die ganze Nacht hatte Leonid am Bett sitzend bei der jungen Frau verbracht. Nach dem Tee, den er ihr am Abend vorsichtig eingeflößt hatte, verlor sie erneut das Bewusstsein und warf sich – stöhnend und offenbar von Alpträumen geschüttelt – immer wieder hin und her. Sie fieberte, der Schweiß stand in dicken Tropfen auf ihrer Stirn und durchtränkte ihr brünettes, halblanges Haar bis in die Spitzen. Obwohl er wusste, dass diese Reaktion durchaus normal sein konnte, hatte er die leise Furcht, das Falsche getan zu haben.
    In seiner Verzweiflung versetzte er sich abermals in Trance, indem er die Trommel schlug und einen monotonen Singsang vor sich hinsummte, während er vor dem flackernden Feuer im Ofen auf und ab |125| hüpfte, um die guten Geister zu beschwören – solange bis selbst Ajaci die Geduld verlor und ihn unmissverständlich anknurrte.
    Es schien zu helfen, denn die junge Frau atmete zusehends ruhiger und regelmäßiger. Bis zum Morgen gelang es ihm allerdings nicht, sie von ihrer Ohnmacht zu erlösen. Selbst als er sie rüttelte und mit lauter Stimme ansprach, reagierte sie nicht und blieb bewusstlos.
    Leonid betastete vorsichtig ihre immer noch heiße Stirn. Stumm betrachtete er ihr schönes Gesicht. Mit einem Gefühl tiefer Zuneigung, die sein Herz mehr und mehr übermannte, strich er ihr über die Wangen bis hinunter zu dem herzförmigen Kinn. Den Drang, sich an sie zu schmiegen, verscheuchte er aus seinem Kopf. Sie war und blieb eine Fremde, daran würde auch seine außergewöhnliche Rettungsaktion nichts ändern.
    Dabei war ihm überhaupt nicht klar, was geschehen sollte, wenn die Frau tatsächlich wieder zu sich kam. Was sollte er ihr sagen? Hallo, ich bin Leonid Borisowitsch Aldanov, ich habe Sie aus einem reißenden Fluss gezogen und anschließend vor einem lauernden Dämon beschützt, indem ich mich mit Ihnen körperlich und seelisch vereinigt habe? Nein, vielleicht war es günstiger, wenn sie noch eine Weile bewusstlos blieb und er sie bei nächstbester Gelegenheit – heimlich und möglichst unbeobachtet – in Bashtiris Camp zurückbrachte.
    Als es draußen heller wurde, beschloss er, sein Vorhaben so rasch wie möglich und ohne Rücksicht auf sein eigenes Risiko in die Tat umzusetzen. Im Camp gab es bestimmt einen Arzt, und der ansonsten skrupellose Gas- und Waffenmogul verfügte gewiss über einen Helikopter, der die Frau nach Krasnojarsk in ein Krankenhaus brachte. Von dort aus konnte man sie – wenn nötig – mit einem Learjet nach Moskau in eine Privatklinik transportieren.
    Doch so einfach wie gedacht war die Sache nicht. Leonid hatte mit dem durchtriebenen Kaukasier noch eine Rechnung offen, die er – wenn es nach Bashtiri und seinen hochrangigen Verbündeten ging – längst mit ins Grab genommen hatte. Keiner von seinen Widersachern konnte auch nur ahnen, dass er noch lebte, und das sollte auch möglichst so bleiben. Leonid schnalzte mit der Zunge, und sofort stand Ajaci an seiner Seite. Der treue Laika-Rüde musste ihm helfen, die Frau unerkannt ins Camp zu bringen.
    |126| Nach einer nicht besonders geruhsamen Nacht am Lagerfeuer, bewacht von Bashtiris Schergen und attackiert von Myriaden von Mücken, machte sich Kolja zusammen mit den übrigen Studenten am frühen Morgen daran, das Lager aufzuräumen. Das Wetter spielte ausnahmsweise mit; der strahlend blaue Himmel ersparte den völlig erschöpften Campbewohnern einen neuerlichen Regenguss.
    Professor Rodius und Professor Olguth hatten die Studenten angewiesen, die aufgefundenen Kisten mit dem technischen Material zu kontrollieren, die durch die Flutwelle hinweggeschwemmt worden waren. Bashtiris Butler bemühte sich derweil redlich, die mit Schlamm und Unrat verschmutzte Behausung seines Auftraggebers wieder bewohnbar zu machen, während Bashtiris Gespielinnen sich auf die Abreise vorbereiteten, da sie die Ansicht vertraten, dass ihr Gönner ihnen unter diesen widrigen Umständen unmöglich die

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