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Schande

Schande

Titel: Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Coetzee
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Dame des Hauses zu erledigen.
      Trotzdem mischt er sich nicht ein. Es ist völlig gleichgültig: er hört kaum hin, als Lucy ihre Geschichte zu Ende erzählt. Worte formen sich, die seit gestern abend an den Rändern der Erinnerung geschwebt haben.  Zwei alte Damen eingesperrt in Klos / Von Montag bis Sonnabend saßen sie da / Und keiner, der sie dort sitzen sah   [10]. Im Klo eingeschlossen, während seine Tochter mißbraucht wurde. Ein Singsang aus seiner Kindheit war zurückgekehrt, um höhnisch mit dem Finger zu zeigen. Mein Gott, was ist denn da bloß los? Lucys Geheimnis; seine Schande.
       
     
      Vorsichtig gehen die Polizisten durchs Haus und inspizieren es. Kein Blut, keine umgeworfenen Möbel. Das Durcheinander in der Küche ist beseitigt (von Lucy? wann?). Hinter der Toilettentür zwei abgebrannte Streichhölzer, die sie nicht einmal bemerken.
      In Lucys Zimmer ist das Doppelbett ohne Bettwäsche.
      Der Ort des Verbrechens, denkt er bei sich; und als könnten sie den Gedanken lesen, wenden die Polizisten die Augen ab und gehen weiter.
      Ein stilles Haus an einem Wintervormittag, nicht mehr und nicht weniger.
      »Ein Detektiv kommt, um Fingerabdrücke abzunehmen«, sagen sie beim Abschied. »Versuchen Sie, nichts anzufassen. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, was gestohlen wurde, rufen Sie uns auf der Wache an.«
      Sie sind kaum fort, als die Männer kommen, die das Telefon reparieren sollen, dann der alte Ettinger. Über den abwesenden Petrus bemerkt Ettinger dunkel: »Nicht einem von ihnen kann man trauen.« Er wird einen Boy schicken, sagt er, der den Kombi repariert.
      Früher hat er erlebt, wie Lucy einen Wutanfall bekommen hat, wenn das Wort Boy benutzt wurde. Jetzt reagiert sie nicht.
      Er bringt Ettinger zur Tür.
      »Arme Lucy«, bemerkt Ettinger. »Das muß schlimm für sie gewesen sein. Aber es hätte noch schlimmer kommen können.«
      »Ja? Wieso?«
      »Sie hätten Lucy auch mitnehmen können.«
      Das läßt ihn verstummen. Kein Dummkopf, dieser Ettinger.
      Schließlich sind er und Lucy allein. »Ich begrabe die Hunde, wenn du mir zeigst, wo«, bietet er an. »Was wirst du den Besitzern sagen?«
      »Ich sage ihnen die Wahrheit.«
      »Wird deine Versicherung dafür aufkommen?«
      »Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, ob Versicherungsverträge für Schäden durch Massaker aufkommen. Das muß ich herausfinden.«
      Eine Pause. »Warum erzählst du nicht die ganze Geschichte, Lucy?«
      »Ich habe die ganze Geschichte erzählt. Die ganze Geschichte ist, was ich erzählt habe.«
      Er schüttelt zweifelnd den Kopf. »Sicher hast du deine Gründe, aber bist du sicher, daß es insgesamt betrachtet klug ist, so vorzugehen?«
      Sie antwortet nicht, und er bedrängt sie im Moment nicht weiter. Aber seine Gedanken wandern zu den drei Eindringlingen, den drei Angreifern, Männern, die er wahrscheinlich nie wieder zu Gesicht bekommen wird, die aber nun für immer Teil seines Lebens und des seiner Tochter sein werden. Die Männer werden die Zeitungen kontrollieren, hören, was man sich erzählt. Sie werden lesen, daß man sie wegen Raub und Körperverletzung sucht, weiter nichts. Es wird ihnen dämmern, daß über den Körper der Frau Schweigen gebreitet wird wie eine Decke. Schämt sich zu sehr, werden sie zueinander sagen, schämt sich zu sehr, um es zu erzählen, und sie werden genüßlich feixen, wenn sie an ihre Heldentat denken. Ist Lucy bereit, ihnen diesen Sieg zu lassen?
      Er gräbt das Loch, wo Lucy es ihm angibt, dicht bei der Grundstücksgrenze. Ein Grab für sechs ausgewachsene Hunde – selbst in der kürzlich umgepflügten Erde braucht er dafür fast eine Stunde, und als er damit fertig ist, tut ihm der Rücken weh, tun ihm die Arme weh, schmerzt sein Handgelenk wieder. Er fährt die Tierleichen in einer Schubkarre hin. Der Hund mit dem Loch im Hals bleckt immer noch die blutigen Zähne. Wie wenn man auf Fische im Faß schießt, denkt er. Verachtenswert, aber wahrscheinlich aufregend in einem Land, in dem Hunde so gezüchtet werden, daß sie beim bloßen Geruch eines Schwarzen knurren. Die befriedigende Arbeit eines Nachmittags, berauschend wie jede Rache. Er kippt die Hunde einen nach dem anderen in das Loch, dann schüttet er es wieder zu.
      Als er zurückkommt, ist Lucy dabei, in der modrigriechenden kleinen Kammer, die sie für Vorräte nutzt, ein Campingbett aufzustellen.
      »Für wen ist das?« fragt er.
      »Für mich.«
      »Und das

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