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Schande

Schande

Titel: Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Coetzee
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fahren.«
      In ungewohnt aufgeräumter Stimmung fährt er mit Lucy nach Port Elizabeth und dann nach New Brighton, wo sie sich zur Van Deventer Street durchfragen, bis zu einer flachen, festungsähnlichen Polizeiwache, umgeben von einem Zweimeterzaun mit Bandstacheldraht obendrauf.
      Nicht zu übersehende Schilder verbieten strikt das Parken vor der Wache. Sie parken weit unten auf der Straße.
      »Ich warte im Auto«, sagt Lucy.
      »Bist du sicher?«
      »Mir gefällt der Ort nicht. Ich warte hier.«
      Er meldet sich in der Aufnahme, wird durch ein Labyrinth von Korridoren zur Abteilung für Fahrzeugdiebstähle geleitet. Polizeimeister Esterhuyse, ein kleiner, gedrungener blonder Mann, sucht in seinen Akten, dann führt er ihn auf einen Hof, auf dem die Fahrzeuge Stoßstange an Stoßstange stehen. Sie gehen reihauf, reihab.
      »Wo wurde es gefunden?« fragt er Esterhuyse.
      »Hier in New Brighton. Sie haben Glück gehabt.
      Meist zerlegen die Gangster die älteren Corollas, um Ersatzteile zu bekommen.«
      »Sie haben jemanden verhaftet, haben Sie gesagt.«
      »Zwei Kerle. Wir haben sie auf einen Hinweis hin verhaftet. Haben ein ganzes Haus voller Diebesgut entdeckt.
      Fernseher, Videogeräte, Kühlschränke, was Sie wollen.«
      »Wo sind die Männer jetzt?«
      »Gegen Kaution auf freiem Fuß.«
      »Wäre es nicht sinnvoller gewesen, wenn Sie mich einbestellt hätten, bevor sie freigelassen wurden, damit ich sie identifizieren kann? Wenn sie jetzt gegen Kaution auf freiem Fuß sind, werden sie einfach verschwinden. Das wissen Sie doch.«
      Der Kriminalbeamte schweigt kühl.
      Sie bleiben vor einem weißen Corolla stehen. »Das ist nicht mein Auto«, sagt er. »Mein Auto hat ein Nummernschild mit CA. Das steht auf der Fahndungsliste.« Er zeigt auf das Kennzeichen, das auf dem Blatt steht: CA 507644.
      »Sie spritzen die Karosserie um. Sie schrauben falsche Nummernschilder an. Sie tauschen Nummernschilder aus.«
      »Trotzdem ist das nicht mein Auto. Kann ich mal reinschauen?«
      Der Polizist öffnet das Auto. Drinnen riecht es nach feuchter Zeitung und Brathähnchen.
      »Ich habe keine HiFi-Anlage«, sagt er. »Es ist nicht mein Wagen. Sind Sie sicher, daß mein Auto nicht irgendwo anders hier auf dem Platz steht?«
      Sie beenden ihren Inspektionsgang. Sein Auto ist nicht da. Esterhuyse kratzt sich am Kopf. »Ich überprüfe das«, sagt er. »Es muß eine Verwechslung gegeben haben. Lassen Sie Ihre Telefonnummer da, dann rufe ich Sie an.«
      Lucy sitzt hinter dem Steuer des Kombi, ihre Augen sind geschlossen. Er pocht ans Fenster, und sie riegelt die Tür auf. »Es war ein Versehen«, sagt er beim Einsteigen.
      »Sie haben einen Corolla, aber es ist nicht meiner.«
      »Hast du die Männer gesehen?«
       
     
      »Die Männer?«
      »Du hast gesagt, daß man zwei Männer verhaftet hat.«
      »Man hat sie gegen Kaution wieder freigelassen. Es ist sowieso nicht mein Wagen, daher können die Verhafteten, wer sie auch sein mögen, nicht die Diebe meines Autos sein.«
      Ein langes Schweigen. »Ist diese Schlußfolgerung logisch?« fragt sie. Sie startet, reißt das Steuer heftig herum.
      »Ich habe gar nicht mitbekommen, daß dir was dran liegt, daß sie gefaßt werden«, sagt er. Er hört die Gereiztheit in seiner Stimme, aber er bemüht sich nicht, sie zu unterdrücken. »Wenn sie gefaßt werden, bedeutet das eine Gerichtsverhandlung und alles, was eine Verhandlung mit sich bringt. Du wirst als Zeugin aussagen müssen. Bist du dazu bereit?«
      Lucy schaltet den Motor aus. Ihr Gesicht ist verkrampft, als sie mit den Tränen kämpft.
      »Jedenfalls sind die Spuren kalt. Man wird unsere Freunde nicht ergreifen, bei dem Zustand, in dem sich die Polizei befindet. Vergessen wir es also.«
      Er nimmt sich zusammen. Er wird zum Quälgeist, zur Nervensäge, aber er kann’s nicht ändern. »Lucy, es wird höchste Zeit für dich, dir klarzumachen, welche Wahl du noch hast. Entweder bleibst du in einem Haus voller häßlicher Erinnerungen und brütest weiter darüber, was dir zugestoßen ist, oder du läßt die ganze Episode hinter dir und beginnst an einem anderen Ort ein neues Kapitel.
      Das ist die Alternative, soweit ich es sehe. Ich weiß, du würdest gern bleiben, aber solltest du die andere Möglichkeit nicht wenigstens in Betracht ziehen? Können wir beide denn nicht vernünftig darüber reden?«
      Sie schüttelt den Kopf. »Ich kann nicht mehr reden, David,

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